16. Kapitel

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Der Gemeinschaftsraum ist dunkel und kalt. Die schwache Glut in den großen Kaminen reicht nicht mehr aus, um für Licht oder Wärme zu sorgen.
Aber dafür war es hier angenehm ruhig. Keine Geräusche, kein Atmen, Nichts. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich mich das letzte Mal in einer so absoluten Stille befunden habe.

Seufzend lege ich den Kopf zurück auf die weiche Polsterung des Sessels und blinzle an die hohe Decke. Die Tage werden langsam wieder länger. So weit im Norden ist es zwar auch jetzt noch eisig kalt, besonders in der Nacht, aber zumindest ist ein kleiner Lichtblick. Wir haben ja sonst so wenige davon. Auf dem Couchtisch liegt die heutige Ausgabe des Tagespropheten. Der aufgeschlagene Artikel befasst sich mit den Maßnahmen des Ministeriums für eine strengere Überwachung von Transportwegen. Sie wollen den Schwarzmarkt so klein wie möglich halten. Oder eher den Markt für schwarzmagische Objekte. In der rechten Ecke befindet sich ganz klein eine weitere Todesanzeige. Als ob es die kleine Schrift besser machen würde.

Ich versuche meine Gedanken von der Zeitung weg zu lenken. Ich will nicht darüber nachdenken wie viele Familien schon zerstört sind, wie viele unschuldige Menschen tot. Langsam wird es schwer zu ignorieren, sogar hier in der Schule. Immer häufiger fehlen Leute im Unterricht weil sie für eine dringende Angelegenheit nach Hause geholt wurden. Dringende Angelegenheit. Noch so ein elender Versuch. Es ist fast immer ein Todesfall.

Die Decke ist ein Meer aus Schatten. Ich bin mir nicht einmal sicher ob ich sie wirklich sehe. In meinem Kopf fahren die Gedanken langsam Karussell. Mal ist es der Krieg, mal sind es meine Eltern, mal Luce, mal Jason, mal Alex. Dann fängt es wieder von vorne an. Worüber ich dabei genau nachdenke kann ich beim besten Willen nicht sagen. Wann ist eigentlich alles so kompliziert geworden? Kompliziert ist gar nicht das richtige Wort. Verrück trifft es eher. Aus dem Ruder gelaufen, völlig außer Kontrolle. Noch während ich darüber nachdenke fallen mir die Augen zu und es ist wirklich gänzlich dunkel.

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Am nächsten Morgen habe ich einen steifen Nacken. Nachdem Cassie mich geweckt hat sitze ich noch mindestens für eine halbe Stunde völlig erschlagen im selben Sessel und versuche irgendwie den Schmerz auf meiner rechten Seite auszudehnen. Ohne viel Erfolg. Und es kostet mich mein Frühstück.

Die erste Stunde Arithmetik läuft dementsprechend besonders gut. Luce versucht die Hälfte der Zeit mich in Fahrt zu bringen, beschließt dann aber mir einfach am Ende ihre Notizen zu leihen. Meine Dankbarkeit fällt zwar nicht sehr überschwänglich aus, aber im Grunde rettet sie mir damit das Leben.

In der darauffolgenden Freistunde kann ich mir glücklicherweise ein verspätetes Frühstück in der Küche abstauben, was meine Laune zumindest minimal hebt. Als es auf dem Weg zu Kräuterkunde anfängt zu regnen entscheidet sich der heutige Tag allerdings vollends gegen mich und ich beschließe meine Zeit nur noch abzusitzen. 

Merlin hat scheinbar andere Pläne für mich. Oder vielleicht eher Salazar - schließlich versaut ein gewisser Slytherin mir meinen sowieso schon schlechten Tag. Auf dem Weg zurück zum Schloss, wir versinken bei jedem Schritt etwa zehn Zentimeter im Schlamm und kommen deshalb nur langsam voran, fängt Jason mich ab. 

"Hey Malea!", er ruft mir aus einiger Entfernung zu und ich bin gewillt ihn einfach zu ignorieren, allerdings kreuzen sich unsere Wege noch bevor ich die Treppen erklommen habe. Wie er uns überhaupt einholen konnte ist mir ein Rätsel, schließlich versinkt er ebenfalls im Morast des Geländes. 

"Sollen wir mit dir warten?", fragt Cassia, aber ich schüttle sofort den Kopf. Das hier wird so schon schlimm genug, auf Zuschauer kann ich dabei gern verzichten. Oder auf Bodyguards. Cas sieht aus als könnte sie sich jeden Moment in unser Wappentier verwandeln und den dunkelhaarigen Jungen anspringen. Zum Glück fängt sie nicht an mit mir zu diskutieren sondern dreht sich mit den anderen um und verschwindet im Schloss. Ich bleibe allein zurück und blicke Jason fragend an, während der Wind an meiner Robe zerrt und mir die Haare vors Gesicht fegt. 

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⏰ Letzte Aktualisierung: Apr 02 ⏰

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