Teil 13 - Michael

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"Maurice? Gott sei Dank, dir geht es gut!" Michael stand etwas betreten in der Einfahrt und sah zu, wie Maurice von seiner Mutter umarmt und abgeknutscht wurde.

Es war ihm irgendwie unangenehm, hier jetzt so zu stehen, er fühlte sich wie ein Außenseiter, er sollte das hier, dieses intime Wiedersehen gar nicht so beobachten. Stumm schlich er einige Schritte zurück, verschwand ganz und gar im Schatten und entfernte sich dann leise.

Er hatte versagt. Er hätte auf Maurice aufpassen müssen, doch tatsächlich hatte er den anderen einfach schlafen lassen und so dazu gezwungen, bei ihm zu bleiben. Klar, Maurice hatte gesagt, dass es nichts schlimm war und sie hatten ein paar wirklich schöne Stunden miteinander verbracht, doch Michael wurde das Gefühl nicht los, dass man sauer auf ihn war. Und genau deswegen verschwand er nun im Schutz der Dunkelheit.. Zumindest probierte er das.

Sein Vorhaben scheiterte an Maurice, der ihn von hinten fasste und Michael damit zu Tode erschreckte.

"Hey." murmelte der Blonde Michael ins Ohr und hielt ihn von hinten umarmt. "Wo willst du denn hin?"

"Lass mich los, Maurice." etwas gröber als nötig schob Michael den blonden von sich und trat aus seiner Reichweite. Ihn hätte man zuhause niemals so empfangen.

"Was ist denn los, Michi? Willst du nicht mit rein kommen? Meine Mama will sich noch bei dir bedanken..."

"Michi? Nenn mich nicht so. Lass mich in Ruhe, Maurice, ich will nach Hause!"

Michael wusste nicht, woher diese plötzliche Wut kam. Er war nicht wütend auf Maurice und uch nicht auf dessen Eltern, er war auch nicht auf seine Mutter oder Thorsten sauer.. Ja, er konnte nicht einmal sagen, dass er auf sich selbst sauer war.

Er war einfach irgendwie generell unzufrieden mit der Situation.

Ihn würde man Zuhause niemals so liebevoll empfangen. Wahrscheinlich hätte man ihn schon längst von der Polizei eingefangen lassen, Thorsten würde sich wie sein Vater aufführen und seine Mutter würde mit irgendwelchen Strafen drohen, die sie niemals durchsetzte... Und irgendwie hasste Michael gerade alles.

"M-Michi?" er sah, dass er Maurice Angst gemacht hatte und das machte ihn nur noch wütender. "Nichts Michi! Ich hab gesagt, dass du mich so nennen sollst! Lass mich in Ruhe!"

Dieses Mal kam Maurice ihm nicht nach, als Michael sich weg drehte um zu gehen.

Nur eine Sache rief Maurice ihm leise, hörbar verunsichert nach. "Kommst du mich heute Nachmittag trotzdem wieder besuchen?"

Michael antwortete ihm nicht, war viel zu beschäftigt damit, seine Tränen weg zu blinzeln.

~

Den Schultag hatte Michael mit den heftigsten Schuldgefühlen angefangen und schlussendlich nach einigen Gemeinheiten verfrüht abgebrochen, um Emily in der Pause nicht begegnen zu müssen.

Er wusste, dass das Mädchen kein Blatt vor den Mund nehmen würde und er wollte sich vor ihr nicht rechtfertigen. Dass er das trotzdem musste, fiel ihm erst ein, als er nun, am frühen Nachmittag bei Maurice vor der Tür stand und unsicher klingelte und leise vor sich hin summte.

"May you be in heaven before the devil knows you're dead
May these winds be always at your back
'Cause when we're all just ghosts
And the madness overtakes us
We will look at the ashes
And say, "people lived here""

Es brauchte einige Zeit, bis ihm jemand öffnete und widererwarten war es nicht Emily, sondern ein kleiner Junge, der dort mit einem Holzschwert stand, das er Michael entgegen streckte.

Midnight Tears ~ ZomdadoWhere stories live. Discover now