Kapitel 10 - Quidditch

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[Zoe]


Mit dem November kam auch die erste Kälte nach Hogwarts. Der Wind fegte über die Berge, sammelte sich zwischen den hohen Schlossmauern und ließ sie ihre Mäntel eng um sich wickeln, wenn sie in den Pausen im Hof standen. Langsam war es für die vier Freunde eindeutig zu kalt, um ihre freie Zeit gemeinsam auf dem Schlossgelände zu verbringen.

Und da war noch eine andere Kälte, etwas, von dem Zoe zunächst glaubte, es sich nur einzubilden. Doch seit dem Halloweenfest schien sich etwas in ihrem Quartett geändert zu haben, etwas zwischen Fred und Nathanael. Es war schwierig zu sagen, was genau es war, denn es war nichts Greifbares, nichts, was einem Außenstehenden direkt aufgefallen wäre. Die beiden Jungen sprachen ganz normal miteinander, machten Scherze, teilten Süßigkeiten. Und doch lag etwas zwischen ihnen, das spannte und zog, wie die Frischhaltefolie, die Zoes Vater immer über die Salatschüssel spannte, wenn beim Essen etwas übriggeblieben war. Zoe sah es daran, wie Fred gelegentlich schnell den Blick senkte, wenn Nathanael ihn anschaute, sie merkte es am seltsam traurigen Lächeln, das Nathanael ihm dann entgegenbrachte und an der beinahe übertriebenen Höflichkeit, mit der die beiden manchmal miteinander sprachen.

Als sie mit Ava darüber redete, meinte diese zunächst, ihr sei nichts aufgefallen, gab ihr einige Tage später allerdings doch recht. (»Jetzt, wo ich darauf geachtet habe.«)

Einmal versuchte Zoe Nathanael darauf anzusprechen, als sie gemeinsam in der Bibliothek saßen, um einen Aufsatz für Verwandlung zu schreiben. Doch der Junge tat, als würde er ihre vorsichtigen Andeutungen nicht verstehen, und die strenge Bibliothekarin Madam Pince warf ihnen einen wütenden Blick zu, sodass Zoe es darauf beruhen ließ.

Abgesehen davon hatte sie auch nicht wirklich Zeit, sich weiter darüber Gedanken zu machen. Die Quidditchsaison hatte begonnen und am zweiten Novemberwochenende würde das erste Spiel stattfinden – Gryffindor gegen Slytherin. Obwohl Hufflepuff nicht spielte, war Ava so aufgeregt, dass sie ihre Freunde die ganze Woche über mit Ausschweifungen von Spielzügen und den Beschreibungen von Fouls vollplapperte, von denen es anscheinend siebenhundert verschiedene Arten gab.

»Der Slytherin-Sucher ist Travers' großer Bruder, und er soll es faustdick hinter den Ohren haben«, erzählte sie Zoe am Freitag in der letzten Stunde. Sie hatten Geschichte der Zauberei und Zoe gab ihr Bestes, um Professor Binns zu folgen, wie er über die Hexenverfolgung im sechzehnten Jahrhundert sprach. Das war allerdings gar nicht so leicht, denn Ava neben ihr zischte unentwegt, was sie über die Quidditchspieler der anderen Häuser gehört hatte und dass sie sich alles genau merken wollte, wenn sie im neuen Jahr selbst gegen Slytherin und Gryffindor spielen würde. Besonders aufgeregt war sie wegen des Spiels gegen Gryffindor im Februar, schließlich spielte ihr Bruder Adam in der gegnerischen Mannschaft.

»Er ist zwar kein Sucher, aber auch mit den Treibern werde ich bestimmt zu tun haben«, flüsterte sie. »Und Adam wird mich mit Sicherheit nicht schonen. Vielleicht schlägt er sogar extra viele Klatscher in meine Richtung.«

»Hmh«, machte Zoe und notierte die Jahreszahlen, die Professor Binns vortrug.


Am Samstagmorgen machten sich die vier Freunde bereits früh auf den Weg hinunter zum Quidditchfeld, um die besten Plätze zu ergattern. Ava und Fred hatten Ferngläser dabei, denn obwohl die Sitze hoch oben auf den Tribünen angebracht waren, konnte es dennoch schwer sein, das Spielgeschehen zu beobachten. Und trotz dass Zoe kein besonders großer Fan vom Fliegen war, so war auch sie inzwischen gespannt und neugierig auf das Spiel. Bereits beim Frühstück hatte in der gesamten Großen Halle eine aufgeregte Stimmung voll spannungsgeladener Erwartung geherrscht. Die älteren Schüler freuten sich, die altbekannten und auch neuen Mannschaftsmitglieder spielen zu sehen und fieberten auf den Gewinn ihres Hauses hin, die jüngeren Schüler hatten zu großen Teilen noch nie ein Quidditchspiel gesehen und waren voll Neugier.

Haus und VorurteilWhere stories live. Discover now