Kapitel 14 - Denn Ravenclaws die handeln stets nach dem, was ihnen im Kopfe geht

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[Zoe]


Als die drei Freunde durch die Türen des Krankenflügels stürmten, waren sie kreidebleich und außer Atem, nachdem sie den ganzen Weg von der Bibliothek hierher gerannt waren. Marlin Cattermole, der immer noch klatschnass war und schlammige Fußabdrücke in den steinernen Gängen hinterließ, brach hinter ihnen in den langgestreckten Raum, in dem sich weitere, kanariengelbe Umrisse um ein einzelnes Bett drängten. Die Heilerin Madam Pomfrey wuselte um sie herum, murmelte ärgerlich etwas von »jugendlichem Leichtsinn« und schob die Quidditchmannschaft der Hufflepuffs beiseite, um zu der kleinen, rothaarigen Gestalt zu gelangen, die halb sitzend, halb liegend im Bett hockte und vor sich hin schimpfte.

Avas Umhang war blutüberströmt. Und nicht nur das: Ihr ganzer, schmaler Körper war von Schlamm, Schmutz und Blut verkrustet, in ihren langen Haaren klebte Gras und Dreck. Sie sah aus, als hätte sie jemand im Verbotenen Wald ausgesetzt und sie hätte sich mühsam den Weg zurück zur Schule erkämpfen müssen.

Dann fiel Zoes Blick auf Avas Hand und ihr wurde schlagartig schlecht. Avas rechter Arm lag in ihrem Schoß auf der Bettdecke, merkwürdig verdreht und die Finger in einem ungesunden Winkel abstehend. Etwas blutig Blasses ragte an einigen Stellen aus der zerfetzten Haut und mit einer übelerregenden Erkenntnis wurde Zoe klar, dass das Avas Fingerknochen sein mussten. Und obwohl ihr schon allein von dem Anblick ein Schmerzensstich durch den Körper jagte, schien Ava nichts zu spüren. Stattdessen fluchte sie wie ein Rohrspatz und schien ihre Freunde erst zu bemerken, als die drei direkt vor ihrem Bett standen.

»Das haben sie genau gewusst!«, fluchte Ava. »Natürlich haben sie gewusst, dass morgen das Spiel ist, warum hätten sie es sonst machen sollen? Bei Merlins stinkender Unterhose, wenn ich die nochmal in die Finger kriege... Zoe!« Sie sah auf, als sie die Hand ihrer Freundin bemerkte, die sich sanft auf ihr Knie gelegt hatte. »Fred, Nathanael!« Ava zwang sich zu einem Lächeln und sie schien auch ernsthaft glücklich zu sein, ihre Freunde zu sehen, doch gleich darauf zog sich ihre Stirn wieder in Falten und sie atmete tief und zitternd ein.

»Was ist passiert?«, fragte Zoe besorgt und zwang sich, ihren Blick von Avas verdrehten und blutigen Fingern abzuwenden.

»Travers ist passiert«, fauchte Ava mit solch einer Abscheu in der Stimme, wie man sie selten von ihr hörte. »Und es würde mich nicht wundern, wenn Selwyn und die Bottellis auch dabei waren.«

»Nun mal langsam«, meinte Marlin beschwichtigend, als auch die anderen Mannschaftsmitglieder begannen, sich aufzuregen. »Wir wissen überhaupt nicht, ob es Travers war. Keiner von uns hat ihn genau erkannt.«

»Den erkenn ich auf einen Kilometer Entfernung«, fauchte Ava wütend. »Leider.«

»Was ist denn nun passiert?«, wiederholte Fred Zoes Frage ungeduldig und trat von einem Bein aufs andere.

»Jugendlicher Leichtsinn war das«, schaltete sich Madam Pomfrey wieder ein, während sie einen trübdunklen Zaubertrank aus einer Karaffe in ein danebenstehendes Glas auf Avas Nachttisch goss. »Ich sage es immer wieder: Quidditch ist gefährlich! Als würden an dieser Schule nicht schon genug riskante Dinge veranstaltet werden. Hier.« Sie reichte Ava das Glas mit dem dickflüssigen Trank und gab ihr mit einer Kopfbewegung zu verstehen, dass sie diesen leeren sollte.

Ava verzog angewidert das Gesicht, kniff dann die Augen zusammen und stürzte den Trank tapfer hinunter. Der übelriechende Geruch verteilte sich um das gesamte Krankenbett herum. Sie schüttelte sich und stellte das Glas wieder ab. Madam Pomfrey holte nun ihren Zauberstab hervor und machte sich behutsam daran, Avas Finger wieder zu richten. Und während sie sich jedem Knöchel einzeln zuwandte, wandte Marlin sich wieder an die drei Freunde.

Haus und VorurteilWhere stories live. Discover now