𝕹𝖊𝖚𝖓𝖙𝖊𝖘 𝕶𝖆𝖕𝖎𝖙𝖊𝖑

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Meine Schritte hallten an den Steinwänden wieder. Das schwache Licht der Fackeln an den Wänden zeigten mir den Weg in den tiefen Keller, der als Gefängnis diente. Umso tiefer ich kam, umso kälter wurde es. Ich zitterte, aber nicht vor der Kälte.
Langsam gelangte ich zu den ersten Zellen. Ich wagte gar nicht, einen Blick hinein zuwerfen.
Mit schnellen Schritten rannte ich den Gang entlang. Hier unten waren Mörder, Attentäter, Kriegsgefangene und einfache Diebe. Und ich war für jeden der schlimmste Feind.
Dann gelangte ich zu einer Abzweigung, der ich nach Lilians Beschreibung folgen musste. Ich kam in einen langen Raum, an dessen Ende eine riesige Zelle war. Jetzt verlangsamten sich meine Schritte. Das war die letzte Chance, noch einmal umzudrehen.
Ich packte meinen gesamten Mut und schritt an das Zellengitter. Was sagte man wohl als Begrüßung, wenn man seine einzigen Freunde die ganze Zeit angelogen hatte, und sie deswegen im Gefängnis saßen?
,Hey ich bin es, Lilian. Nein, eigentlich Asena. Ja, ich dachte mir mal, ich besuch euch mal, nachdem ich euch das Leben noch mehr zur Hölle gemacht hab.'
Meine Hände umklammerten die kalten Stäbe.
Ich sah zwar in die Zelle, doch es war zu dunkel um zu erkennen, ob sie überhaupt hier waren.
„Seid...seid ihr wach?" fragte ich leise und meine Stimme bebte.
Erst geschah nichts. Dann nahm ich eine Bewegung aus der rechten hintersten Ecke der Zelle war.
„Asena?" fragte Brookes helle Stimme. Sie trat aus dem Schatten. Ihr wunderschönes Haar war grau vor Staub, ihr Gesicht war versehen von Narben. Ihre Brandwunde am Arm war schlimmer geworden.
„Es...tut mir so..."
Tränen stießen mir in die Augen.
„Was suchst du hier?" fragte T genervt. Auch er war nach vorne getreten.
„Ich...ich wollte euch nur sagen, dass ich alles tun werde, damit ihr wieder gehen könnt. Bis jetzt hab ich es nur geschafft, euch von der Todesstrafe zu befreien."
Brooke sah mich fragend an.
„Wieso tust du das? Du hast doch alles was du willst?!"
Ich starrte sie entgeistert an.
„Was? Ich habe nichts von dem was ich mir gewünscht hab!"
„Oh, unserer Miss Königin ist es nicht recht." kam es von T.
„Bitte, ich wollte das hier nicht!"
„Echt nicht? Du wolltest uns NICHT ausnützten, um deinem Vater zu schaden?" fragte Brooke und sah mich dabei finster an.
„Ich wollte meinem Vater schaden. Aber ich wollte euch nicht ausnutzen!"
„Du wolltest den Thron, die Krone und Macht! Das ist die Wahrheit, bestreite die nicht!" Brookes Stimme war lauter geworden und auch sie hatte Tränen in den Augen.
„Ich hasse den Thron und die Krone! Ich will das nicht, wirklich! Aber ich muss und ich werde mein bestes geben die Welt, die mein Vater zerstört hat, wieder aufzubauen. Auch wenn das bedeutet das ich mich dafür opfern müsste!"
Jetzt war Brooke still. Sie sah mich nur verabscheuend an.
„Noch nie", zischte sie unter Tränen, „hat sich ein König oder eine Königin für sein Volk geopfert. Immer war es anders herum. Und du weißt ganz genau, das du nicht anders bist!"
Ich sah zu Boden. Ich hatte durch aus Angst vor dem Tod. Ich hatte Angst davor zu sterben. Und vor ein paar Wochen hatte es niemanden gegeben, für den ich diese Angst überwinden würde.
„Für euch würde ich sterben." gab ich zurück und sie war still.
T sah mich auffordernd an.
„Dann beweise es." meinte er.
Meine Hände glitten von dem Gitter.
„Wo ist Jake?" wechselte ich das Thema.
„Bei Claire." antwortete T trocken und verzog sich damit zurück in den Schatten.
Ich sah Brooke fragend an.
„Seit ihr nicht in der selben Zelle?"
Sie schüttelte den Kopf.
„Claire ist die, die den König getötet hat. Sie hat eine eigene Zelle. Und Jake hat darum gebeten, zu ihr gehen zu dürfen, um sich um sie zu sorgen."
Das war also der Aufstand letzte Nacht gewesen.
„Geht...es Claire nicht gut?"
Brooke lachte trocken.
„Sie wurde von den Wachen fast tot geschlagen! Klar geht es ihr gut!"
Sie sah mich noch einmal verachtend an, dann drehte sie sich um und ging zu T.

Mit schwerem Herzen entfernte ich mich von der Zelle. Ich hatte eine Idee, wo sie Claire und Jake gefangen hielten. Es gab, noch ein Stockwerk weiter unten, ein paar Zellen, in denen die größten Verbrechen ihre Strafe absaßen. Meist waren die Zellen nicht besetz, da diese Verbrecher fast jedes Mal mit ihrem Leben bezahlten.

Ich kannte mich hier unten so gut aus, da ich als Kind einmal von meinem Vater hier herumgeführt worden war. Er hatte mir damit Angst einjagen wollen, vor der Welt die außerhalb des Hofes lag. Doch er hatte das Gegenteil erreicht. Ich hatte mich seitdem dafür interessiert und ich war neugierig auf die Abenteuer und Gefahren geworden. Und das hatte ich jetzt davon.

Ich war in dem Gang angekommen. An den Seiten waren je fünf Käfige, alle leer. Außer einer. Vor ihm standen zwei Wachen mit schwerer Rüstung und großen Schwertern. Ich stellte mich vor Ihnen und gab ihnen ein Zeichen, das sie für eine Weile verschwinden sollten.
„Sie bekommen ein paar Minuten." meinte einer mit tiefer Stimme und verließ mit dem anderen den Gang. Die Zelle war um einiges kleiner als die von T und Brooke. Sie hatte keine Eisenstäbe, sondern nur eine schwere Tür.
Ich klopfte.
„Jake? Claire? Ich bin es. Darf ich... reinkommen?" Keine Antwort. Ich schloss die Tür auf. Dahinter war es, nicht wie im Gang, stockdunkel. Ich nahm mir zwei Fackeln von draußen und schob sie in die Ständer an der Wand. Als erstes erkannte ich Claire, die an den Händen mit zwei Eisenketten, die an der Decke aufgehängt waren, gefesselt war. Ihr Körper war überzogen von offenen und blutenden Wunden und ihr rechtes Bein sah gebrochen aus. Ihre Augen waren geschlossen. Sie war immer noch bewusstlos.
Neben ihr saß Jake. Sein dunkles Haar war nass und über sein Gesicht zog sich eine lange Narbe. So brachten sie Gefangene zum Schweigen. Einen Eimer eiskaltes Wasser über den Kopf und Verletzten mit dem Messer. Seine grünen Augen funkelten mich an. Ich ließ mich an der anderen Wand hinunter gleiten und setzte mich auf den kalten Boden.
„Hi" war das einzige was ich herausbekam. Meine Stimme war trocken und rau. Jake antwortete mich. Sein Blick ruhte weiter auf mir. Wieder stiegen Tränen in mir auf, doch ich drängte sie zurück.
„Wie geht es dir?" fragte ich leise.
Er antwortete nicht.
„Bitte, sag was! Es tut mir so leid und ich..."
„Das hilft uns auch nicht weiter." meinte er.
„Ich weiß."
Eine lange Zeit schwiegen wir beide.
Dann brach ich die Stille.
„Ich habe den anderen versprochen, euch hier rauszuholen. Und Ihnen zu beweisen, dass ich für euch mit meinem Leben zahlen würde."
Er sagte wieder nichts, aber sein Blick veränderte sich. Er schien überrascht.
Da wurde die Tür wieder geöffnet.
„Sie sollten wieder gehen, Königin Asena." meinte die Wache von vorhin. Ich stand auf und ging zu ihr. Bevor ich die Zelle verließ, drehte ich mich noch einmal zu Jake um.
„Bis morgen."

Throne of ArîsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt