Kapitel 23

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Als ich einige Stunden später wieder in meinem Zimmer war, waren die anderen noch wach. Sie machten sich wohl so welche Sorgen, dass sie nicht in Ruhe schlafen konnten. Ich machte hinter mir die Tür zu und die drei fielen mir direkt in meine Arme.

Zu Beginn meines Aufenthalt hätte ich nicht gedacht, dass ich mich je mit Olivia, Beth und Fiona anfreunden werde. Für mich waren sie einfach viel zu anders. Ich hatte meinen Vater nicht belogen. Ich hatte mich geändert. Ich habe mich gebessert. Vielleicht hatte ich genauso wie meine Mom Freunde fürs Leben gefunden.

"Wenn Miss Kingston dich jetzt echt raus schmeißt, dann rebellieren wir dagegen. Das lassen wir uns nicht gefallen.", sagte Beth und schaute mich an. Fiona und Olivia nickten und warteten auf eine Aussage von mir. Wie konnte ich ihnen das am besten sagen?

"Miss Kingston schmeißt mich nicht heraus.", fing ich an und lächelte leicht. Ich wollte den dreien nicht zu viele Hoffnungen machen. Ich sollte direkt mit der Wahrheit heraus rücken.
"Ich gehe freiwillig wieder nach Hause.", sagte ich.

Olivia konnte das im ersten Moment nicht glauben und lachte etwas ungläubig. Als sie aber sah, dass ich nicht lachte hörte sie auf. Fiona schaute mich geschockt an und Beth war fast am weinen. Wie konnte ich denken, dass dieser Abschied für irgendjemanden von uns leicht wird?

"Ich will dich nicht beeinflussen. Wenn du das unbedingt willst, dann solltest du es machen. Denk aber garnicht daran, dass wir dich nicht vermissen werden.", sagte Beth und fing an zu weinen. Ich musste etwas lachen und nahm sie wieder in meinen Arm.

"Wie könnte ich euch nicht vermissen.", sagte ich und zog Olivia und Fiona genauso in die Umarnung.

*

Niemand konnte so wirklich in der Nacht schlafen. Vielleicht lag es auch daran, dass wir die Hälfte der Nacht damit verbrachten zu reden.

"Ich bin echt froh, dass du noch zum Viertelfinale hier bist. Ob wir das Halbfinale dann aber ohne dich schaffen weiß ich nicht.", sagte Beth und machte sich ihre Schuhe zu. Ich zog mir meine Jacke an und nahm mir mein Handy, bevor ich mein Koffer zu klappte. Gerade als wir zum Frühstück runter wollten, klopfte es an unserer Tür. Fiona war am nähersten an der Tür und machte sie auf. Mein Blick traf direkt den von Caleb. Was macht er hier?

"Wir gehen schonmal. Wir müssen sowieso nochmal zu Miss Reyna stimmt's?", sagte Olivia und schubste Fiona und Beth etwas nach vorne. Caleb und Olivia schenkten sich ein kurzes Lächeln, bevor Olivia hinter sich die Tür zu machte.

"Die Gerüchte stimmen also?", sagte er und zeigte mit seinem Kopf auf mein Koffer. Es wunderte mich nicht, dass es schon die Runde machte. Das Internat war manchmal echt schlimmer als eine normale High School. Ich nickte ihn zu und lief um mein Bett herum um näher auf ihn zu zu kommen.

Er machte nicht den Eindruck, dass er sauer auf mich ist. Hatte er überhaupt gelesen was in den Brief drin stand oder wollte er es gar nicht?

"Es gibt hier so einige Sachen die nicht nach Plan gelaufen sind.", sagte ich und schaute kurz auf mein Koffer, bevor ich Caleb wieder ansah. Er nickte mir zu und kam etwas von der Tür weg. Er kramte in seiner Jackentasche herum und holte meine Briefe heraus.

"Habe ich bemerkt.", sagte er und hielt sie mir hin. Ich nahm sie schweigend an mich und schmiss sie auf mein Bett. Ich wollte ihn so viel erklären, aber ich wusste nicht wie.
"Caleb-"

"Alles gut Louisa. Du brauchst nichts zu erklären.", unterbrach er mich und wollte meine Erklärungen nicht hören. Ich wollte aber, dass er es weiß. Ich wollte, dass er die Wahrheit weiß.

"Es gibt aber viel zu erklären. Ich werde nicht leugnen was dort drin stand, immerhin stimmt es. Es war aber schon lange nicht mehr so.", war das einzige was ich heraus bekam. Ich wusste nicht warum mir ausgerechnet jetzt die Worte fehlten. Sonst hatte ich auch keine Probleme meine Meinung zu äußern.

"Kannst du dich daran errinern?", fing Caleb an und zeigte auf sein Gips. Er wurde schon voller mit mehr Unterschriften und Bilder, aber er zeigte auf meine Worte.

Nicht jeder kann in irgendwas gut sein

Ich schaute auf die Worte und fing an zu nicken. Wie konnte ich das vergessen? Es war der Abend, an den die Stimmung plötzlich kippte.

"Ich habe den Brief schon seit Clarissa es meiner Mom mit uns erzählt hatte. Ich dachte, dass es einfach nur eine weitere Intrige von ihr ist, weil ihr Plan nicht funktionierte. Ich hätte dir vertrauen sollen, aber ich kenne dich besser als du denkst. Ich wollte es nicht, aber ich konnte mir genau vorstellen, dass du sowas machen würdest. Ich brauchte aber den endgültigen Beweis. Dass mit dem Gips kam wohl gut, denn dort konntest du was raufschreiben ohne misstrauisch zu werden. Du bist die einzige die ich kenne, die ihre R so schreibt.", sagte er und machte mich etwas sprachlos.

Hatte Caleb mich echt mit meinen eigenen Waffen geschlagen?

"Alles was ich nach der zweiten Party zu dir sagte meinte ich ernst. Ich wollte dich nie verletzten.", sagte ich, aber er schüttelte nur mit seinen Kopf.

"Du hast mich nicht verletzt Louisa. Ich sah es kommen. Die einzige Person, die du verletzt hast bist du selber. Deine ganzen Fortschritte die du gemacht hast, sind weg. Du wirst immer die gleiche sein. Du wirst deine manipulative Seite nie ablegen können."

*

Calebs Worte gingen mir nicht mehr aus dem Kopf. Du wirst immer die gleiche sein. Du wirst deine manipulative Seite nie ablegen können.

Vielleicht hatte er recht. Vielleicht hatte er unrecht. Nur ich konnte es einschätzen. Aber selbst das konnte ich in den Moment nicht. Währendessen Beth, Fiona und Olivia wieder mit ihrem Schachclub beschäftigt waren, lief ich etwas über den Schulhof. Es gab Ecken, die ich noch nicht kannte und ich bereute es etwas, dass ich nicht mehr Zeit hier draußen verbrachte. Jetzt ist es schon zu spät. Immer wieder liefen Menschen an mir vorbei, aber ich blendete alles um mich herum aus.

Am anderen Ende des Hofes stand eine alte Eiche. Unter ihr war eine Bank, die einmal rum ging. Wieso hatte ich sie noch nie bemerkt? Ich strich etwas über die Rinne des Baumes und erkannte einige eingeschnitzte Initialen mit einem Jahr darunter zu stehen. Der Baum muss echt sehr alt sein. Ich lief etwas herum und blieb bei mir bekannten Initialen stehen.

SH ~ 1988
LK ~ 1988

Nachdem Geständnis von meinem Vater und Miss Kingston war ich mir sicher, dass es Mom sein muss. Sofia Harrison. Miss Kingston musste genau daneben sein. Lydia Kingston.

Den Jahr zu Folge mussten sich beide mit 14 hier kennengelernt haben. Der Gedanke daran brachte mich zum lächeln. Sie musste wohl viel Spaß hier gehabt haben. Ich kramte etwas in meiner Jackentasche herum und fand mein kleines Taschenmesser. Ich hockte mich auf die kleine Bank und atmete einmal auf, bevor ich anfing etwas hinein zu schnitzen.

LH ~ 2021

The night we met ✓ Where stories live. Discover now