Kapitel 3

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Ich nickte nur leicht. „Unser Stamm heißt  Feuerwölfe, wir sind halb Vogel halb Mensch. Wesen aus der Vergangenheit und Gegenwart. Wir sind gefährlich weil, weil wir den Menschen ihr Blut rauben wollen!"

„Warum machen wir soetwas? Und warum sind Mama und Papa keine Feuerwölfe, und ich und du schon?" Ich verstand es nicht. Ich wollte ein ganz normaler Mensch sein! Mehr wollte ich doch nicht, was das etwa schon zu viel verlangt?

„Tja! Dein Opa war ein normaler Mensch und dadurch dass deine Oma ein Feuerwolf war, war die Chance halb zu halb. Dein Vater ist zum Glück kein Feuerwolf gewesen. Aber irgendwie sind seine Gene an uns weitergesprungen. Man konnte es nicht genau wissen, deine Eltern haben gehofft, das es nicht geschieht. Deshalb haben sie mich weggegeben", erklärte sie mir. "Warum dann mich nicht?" "Mit dem Alter wird es unverscheinlicher, dass wir als Feuerwölfe auf die Welt kommen", entgegnete sie.

 Meine Lider wurden schwer und ich sank zurück in das Kissen. „Ruh dich aus", meinte Laura dann und stand auf. „Es wird eine lange Reise!"

                                                            *********

Die Straßenlaternen leuchteten mir den Weg. Ich senkte den Kopf und stierte auf den Asphalt. Drei Tage war es jetzt schon her, dass ich wusste dass ich anders war. Anders als all meine Freunde. Ich war ein Feuerwolf, das hieß ich hatte große schwarze Flügel und ich wollte Menschen ihr Blut aussaugen.

Das Menschenblut war nicht  wichtig für uns, hatte mir meine Schwester Laura erklärt. Warum wir es dann machen, hatte sie natürlich nicht gesagt. Ich schluckte und rannte weiter durch die finstere Nacht. Ein letzter Rundgang durch Kopenhagen, ich werde nie wieder zurückkehren! Nicht in diesem Leben und in keinem anderen Leben.

Ich umrundete die Schule, den Markplatz und den Wald. Sah bei den Gebäuden vorbei, die Erinnerungen in mir weckten. Schöne und Grässliche.

„Ich werde dich vermissen, Kopenhagen", flüsterte ich in den Wind. Die Dunkleheit verschluckte meine einsamen Worte und trug sie an verborgene Orte. Der laue Wind, der von der Nordsee kam, trug meine Tränen weit fort. Schon morgen würde ich mit Laura nach Norwegen zum Internat der Feuerwölfe aufbrechen. Wo immer das sein möge!

„Linda? Bist du es?" Ich fuhr herum und erkannte Jan, den Freund meiner Freundin. „Hey Jan!" Ich hob die Hand und rang mir ein kleines Lächeln ab. „Was machst du denn hier?" „Das Gleiche könnte ich dich auch fragen. Ich mache einen Spaziergang, und du?", lachte er mich an.

Der hatte ja gute Laune, echt! Ich antwortete nicht. Was sollte ich auch sagen? Dass ich ihm die Adern aufreißen musste?

Zum Glück waren meinen Flügel in der Nacht weg, ich war also ein ganz normaler Mensch. Doch in mir, tief in mir, sah es anders aus. Ich war ein Monster.

„Ist ja egal! Bist du schon aufgeregt auf morgen? Morgen schreiben wir 'ne Französischklausur und du warst ja krank", berichtete Jan mir. „Ja, bin ich", würgte ich hervor. Ich wollte viel lieber morgen in der bekloppten Schule sitzen, als mit Laura in die Pampa zu fahren.

„Dann bis morgen!" Er winkte mir zu und verschwand in der Dunkelheit. Ja, wir würden uns nie wiedersehen. Das machte mich so traurig, dass ich heulen musste.  Ich sah ihm noch lange nach.

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Bäume, Wiesen, Felder, Bäche und Wildblumen rauschten an mir vorbei. Ich lehnte meinen Kopf an die Fensterscheibe und schloss die Augen. Die Sonne küsste meine nackten Ohren und kitzelte mich an der Nase. Die Sonnenstrahlen fielen auf meine Haarpracht und ließ sie erglühen.

Bilder aus meinen Urlauben in Schweden tauchten in meinem Gedächtnis auf. Ob Norwegen auch so wunderschön, wild und geheimnisvoll war? Laura und ich waren nun auch schon über einen halben Tag mit dem Auto unterwegs. „Brauchst du 'ne Pause?" Ich blinzelte:" Nein, geht schon!" Ich umfasste meinen Tasche und sah wieder aus dem Fenster.

Wir kurvten über eine verlassene Landstraße, die nicht asphaltiert war. Super! Ob wir schon in der Nähe waren? Langsam müsste es doch so sein..

Wir waren mit der Fähre von Hamburg nach Stavanger gefahren und von dort aus in die Pampa aufgebrochen, wo man nicht mal Empfang hatte! Das Internat lag weit im Norden, richtig weit.„Bist du schon neugierig?!" „Ja! Wie heißt das Internat nochmal?", versuchte ich mich abzulenken. In meinem Kopf malten sich Horrorszenen aus. Ich mitten in der Einöde mit Wasser und Brot. Das war lächerlich.

„ Hjemme! Es wurde vor knapp 1000 Jahren von der Schamanin Ellen Drco erbaut. Ellen beschäftigte sich mit Wesen aus der Fantasie, oder viele glauben halt dass wir nicht in echt existieren. Genau wie Einhörner und Elfen.

Ja, jedenfalls hat sie herausgefunden, dass es die Feuerwölfe gibt und hat zu ihrem und auch zum Schutz der Menschen ein Internat weit im Norden erbaut. Dorthin kommt kein Mensch", klärte Laura mich auf.

„Aha!" Das klang ja sehr motivierend. „Keine Sorge, es gibt hier alles was es in einer normalen Schule auch gibt. Die Zimmer sind echt super!" „Wieso weißt du das?" Sie schwieg. „Ich war 16 Jahre, als ich herausgefunden habe, dass ich eine Feuerwölfin bin. Ich hab mich sofort im Internet schlau gemacht und bin dann hierher weggelaufen. Das war die schönste Zeit meines Lebens, aber..." Laura verstummte und konzentrierte sich wieder auf die Straße.

"Also hast du auch einen Bogen gehalten?!" Sie nickte. Zuvor hatte meine Schwester mir erklärt, dass man, wenn man einen Bogen hielt und schoss, die wilden Gene erwachten. Sozusagen ein Mittel, dass dich wieder klar im Kopf macht. Dann prägen sich auch deine Blutgier aus und die Flügel. Mit dem Bogenschießen verbindet ein Feuerwolf Frei- und Wildheit.

Die Sonne stand schon hoch am Himmel. Ich saß mich weiter auf und streckte meine Flügel:"Aber was?" Schweigen. Meine Schwester fuhr an den Straßenrand und drehte sich zu mir um: „Es gibt Feinde. Die Dämonen. Sie wollen uns ausrotten, um die Macht des Nordens an sich zu reißen. Es war der Sommer als ich 17 Jahre war.

Wir feierten gerade das Fest, als die Dämonen kamen. Sie töteten einen Haufen von uns. Auch meinen Verlobten!" Sie fing an zu schluchzen und ich nahm sie in den Arm. Wir waren beide gleich, ich hatte es mir so sehnlichst gewünscht eine Seelenverwandte zu haben. „Schon gut, sorry!" Sie lächelte mich an und wischte sich über die Augen.


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Firewolf - GetarntWhere stories live. Discover now