Kapitel 6

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„Wie lang bist du schon hier?" Roy und ich hatten uns nach unserer ersten Bekanntschaft in den Schatten einer Buche gesetzt und tauschten uns aus.

" Zwei Jahre schon", sagte er und sah mich an. Oh man, der konnte ja gucken..Nein, Linda! Aus Schluss!

„Okay, also schon 'ne Weile. Ich bin est vor ein paar Tagen draufgekommen, dass ich eine Feuerwölfin bin", staunte ich. „Echt. Wie hast du es rausgefunden?", fragte Roy mich. „Naja.. es war so. Meine Klasse hatte an einen Bogenschießkurs teilgenommen und als ich einen Bogen in der Hand hatte, sind mir kurz danach aufeinmal die aus dem Rücken gewachsen!" Ich zupfte an den Federn herum.

Mit meinen Gedanken war ich wieder bei meiner alten Schule. Sah Beinta und Jônes. Dieses Arschloch. Ich seufzte.

„Krasse Geschichte, wussten deine Eltern von nichts?" „Doch, aber meine Schwester, es ist alles...", setzte ich an, brach jedoch ab. Zum Glück ließ er mich in Ruhe, was ich sehr an ihm schätzte.

„Warum hast du mich eigentlich aufgehalten, als ich das Tor aufmachen wollte?", wagte ich zu fragen. Das kam mir immernoch spanisch vor. Roy sah mich lange an:" Du musst hier eines wissen. Das Tor ist immer zu und wenn du es öffnen willst, dann stirbst du. Das Tor ist elektrisch geladen, 120 Volt. Das bringt dich sofort um, selbst uns Feuerwölfe." Ich war geschockt. Warum macht man soetwas, wollte man die neuen Schüler alle umbringen?

Roy hatte meine Gedanken wohl erahnen können, denn er sagte: "Feuerwölfe bringen Menschen um, da sie ihr Blut jünger macht. Um die Menschen davor zu schützen, sperren sie uns hier ein. Siehst du? Über dem Schloss ist ein Netz gespannt, da können wir unmöglich durch". Ich sah kurz nach oben. Es war keines zu sehen, komisch. Hier war alles sehr, sehr komisch..

„Achso, ja stimmt. Hat Laura mir erzählt, warum machen wir soetwas?", wollte ich es nicht glauben. „Laura van Linde?" „Ja, sie ist meine Schwester, warum?" Irgendwie waren hier alle so seltsam, wenn es um Laura ging. Als ob sie eine Königin oder soetwas in der Art wäre.

" Ach, sie ist..war die beste Schülerin hier. Steht in der Geschichte, die wir hier lernen", entgegnete er und stand auf. "Ich muss noch meine Sachen erledigen. War schön, dich kennenzulernen." „Was genau machst du?" „Das wist du noch erfahren", meinte er, erhob sich in die Lüfte und flog in den ersten Turm. Seltsam dieser Ort!

Ich schlurfte zurück in das Internat, mein Kopf platzte vor Fragen. Wenn hier alles Feuerwölfe waren, gab es ja wenige von uns."Linda!" Ich drehte mich um und erblickte Zoe. „Zoe!"

Ich flog ihr um den Hals und wir drückten uns kurz. "Alles gut?", wollte sie wissen. Ich nickte und wir  gingen los. „Ich bin hier nur etwas verloren, denke ich mal..Warum werden wir eigentlich hier eingesperrt?" Sie antwortete nicht. „Du solltest dich gedulden! Und hier, Mr. Phantom hat gesagt ich sollte dir das geben!"

Zoe überreichte mir schwarze Stiefel. Sie glänzeten im Licht wie flüssiges Metall. Ich fand sie wunderschön. „Danke! Wo soll ich dann hinkommen?", fragte ich. „Du hast heute keinen Unterricht, trotzdem solltest du dich beim Leiter der Schule melden. Er gibt dir den Bogen und überprüft dein Potenzial. Bis dann". Sie winkte mir flüchtig und hielt dann inne. "Wie war dein Rundgang so?" "Hast du mich gesehen?", fragte ich vorsichtig.

"Nee, sollt ich denn?" Zoe zog eine Augenbraue hoch. "Ach, ich war nur kurz Luft schnappen", erwiderte ich knapp. Sie nickte sich selbst zu und eilte dann den Gang zu den Klassenräumen entlang. Ich schloss die Augen. Ja, ich war hier nun wirklich angekommen! In meinem Buach kribbelte es vor Aufregung.

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"Schieß mit meinem Bogen, ich werde dann beurteilen, welcher Bogen zu dir passt!" Ich griff nach Mrs. Katrs Bogen und legte einen Peif an. Vor mir schwang ein Sack herum, den ich treffen musste.

Ich stand mit einer Lehrerin schon seit Stunden hier auf einer Wiese, doch ich hatte noch nie geschossen. Zuerst hatten wir einen Fragebogen abklären müssen und sie hatte den richtigen Bogen von ihrer "kleinen" Bogensammlung gesucht. Tja, wie schnell drei Stunden doch um waren.

"Und-los", deutete sie und stoppte die Zeit. Ich ließ die Sehne los und traf den Sack.  Er erbebte unter der Wucht des Aufpralls, doch ich hielt nicht inne. Ich griff nach hinten über meine Schulter in den Köcher und schoss weiter.

 Alles fünf Pfeile spalteten einander auf den Zentimeter genau. "Sehr gut", lobte Mrs. Katr mich. Ich grinste breit und zog meine Stiefel nach. Sie hatten sich etwas gelockert und wenn ich ganz ehrlich war, sie waren mir auch etwas zu groß. Aber das sagte ich natürlich nicht.

Sie nahm mir den Bogen ab:" Aber ich glaube du hast nicht das Zeug dazu, einen normalen Bogen zu haben", fuhr sie nachdenklich fort. Mein Stolz verflog: "Warum denn nicht?" Was hatte ich falsch gemacht? War ich nicht gut genug gewesen?

"Woher soll ich das wissen. Wer war deine Mutter?" Ich antwortete nicht. Meine Mutter war keine Feuerwölfin. "Laura van Linde ist meine Schwester!", gab ich bekannt.  Wie auch schon alle hier, weiteten sich ihre Augen erstaunt: "Ist das wahr?" Ich nickte nur.

"Gut, folge dem Fluss, dort wirst du deinen Bogen finden", wies sie mich an und verließ die Wiese. Okay, was ging hier ab? Verständnislos blickte ich ihr hinterher.

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Das Gras raschelte unter meinen Füßen, als ich neben dem Bach herlief, so wie es mir Mrs. Katr gesagt hatte. Das Wasser war eisig kalt, meine Finger waren noch ganz taub. Ich dummes Kind musste es ja natürlich angreifen und dann fiel meine Halskette hinein.

Die Kette war verloren, aber hauptsächlich war es wichtig, dass meine Finger nicht abgestorben waren.

Ich befand mich immernoch am Schulgelände und staunte über dessen Größe. Es war viel größer, als ich einst vermutete hatte.

Da hörte ich Menschen und mein Blick glitt atomatisch hinauf in den Himmel. Dort sah ich das riesige Netz und dachte an das Gespräch mit Roy zurück. Über mir flogen tatsächlich Schüler umher, ihre Umhänge flatterten im Wind.

Nachdenklich zog ich meinen Umhang beiseite und betrachtete meine Flügel. Ob ich auch schon bald mit ihnen um die Wette fliegen konnte? Und, ob ich auch einen Menschen töten würde, wenn ich die Gelegenheit dazu bekam?

Der Bach mündete in einem See, der von der Schule aus gar nicht zu sehen war. Das Wasser war kristallklar, Fische schwammen darin und ein paar Frösche quakten. Die Sonne fiel auf die Wasseroberfläche und ich sah mein Spiegelbild. Es lächelte mir zu.

Ein paar Schüler saßen am Ufer und quatschten miteinander. "Hi!" Ich ging zu ihnen. Sie unterbrachen ihr Gespräch, ihre Blicke gingen zu meiner Wange.  Ein Mädchen sah mich an. Es hatte sein Tuch um den Hals und ich konnte einen Wassertropfen unterhalb des Wangenknochens erkennen.

"Hi, was machst du hier? Du bist keine Wassergöttin, nicht?" Ich verneinte: "Nein, ich komme gerade von Mrs. Katr und die hat gesagt, dass ich dem Fluss hier folgen soll. Für meinen Bogen", fügte ich noch schnell hinzu. Da erhob sich ein zweites Mädchen. Es hatte langes Haar und sah freundlich aus, doch unter ihren Augen lagen tiefe Schatten, so, als ob sie ewig nicht geschlafen hätte.

"Ja, richtig! Komm, ich zeige es dir!" Sie warf ihren Freunden einen betauernden Blick zu und ging voraus. Ich hatte das Gefühl, sie hassten mich jetzt schon.


Warum sind alle so erführchtig, wenn es um Laura geht?

Was denkt ihr?

Wie hat euch das Kapiel gefallen?

Firewolf - GetarntWhere stories live. Discover now