Teulfskreis

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"Ja so möchte ich das sehen, sehr schön!", rief Sarah mir zu, nachdem ich ihr eine Kombination vorgeführt hatte. Wenigstens konnte ich hier richtig lächeln... Aber auch nur, wenn er nicht gerade in der Nähe war. Ich ertappte mich immer wieder dabei, wie ich zu ihm hinüber sah und immer mit dem Gedanken spielte zu ihm zu gehen und mit ihm zu reden. Doch ich hatte gleichzeitig Angst vor seiner Reaktion und war immer noch sauer... Ich hatte Angst von seinen Blicken getäuscht zu werden. Den auch er sah immer zu bedrückt drein. "So jetzt noch mal die andere", verlangte sie und ich fuhr erneut an. Ich ging sauber in die Pirouette über und drehte mich nach ein paar Sekunden wieder aus. "Ein Traum von einer Kombination", schwärmte sie beinahe. Mir entwich ein leichtes Grinsen. So ich würde sagen, das reicht für heute. Und bitte mach dir mal Gedanken, wie deine Kür für den nächsten Wettkampf aussehen soll ", erinnerte sie mich, während ich vom Eis kam.
"Klar mache ich", versprach ich ihr.
"Gut, dann wünsche ich dir noch einen schönen Abend. Und mach mir ja nicht zu lange", mahnte sie mich.
"Ich pass schon auf versprochen", schwor ich und sie winkte mir noch einmal zum Abschied. Ich atmete erleichtert auf. Endlich war ich allein... Ich ging zu meiner Tasche, um zu nächst etwas zu trinken und dann mein Handy hervor zu holen. Ich suchte meine Playlist durch und fand dann auch gleich das was ich gesucht hatte... Ich drückte auf Play und Wiederholung und begab mich dann gleich wieder auf das Eis. Ich schloss die Augen und glitt mit sanften Bewegungen dahin. Ich gab mich der Musik vollkommen hin, doch merkte ich wie Augen auf mir ruhten. Ich wusste instinktiv welche es waren und hielt ungewollt inne. Ich lief zur Tür, wo er stand begegnete eine Sekunde lang, seinen Blick und ließ sie anschließend schweren Herzens ins Schloss fallen. Nun konnte er sie nicht mehr öffnen, da nur Sarah und ich einen Schlüssel für diese Halle hatten. Ich sank an der Tür hinab und begann wieder zu schluchzen. Warum? Er ist doch mein Freund gewesen.... Und nicht nur das... Ich hatte mich in ihn verliebt... Er war für mich da, hatte mir bei jedem Scheiß geholfen, hatte mich motiviert, etwas aus meinem Talent zu machen.... Aber wieso? Hatte er es wirklich ernst gemeint? Er fehlte mir überall. Und dann war da noch die Schule.... Es wurde einfach immer schlimmer! Ich schob den Ärmel meines Kleides hoch und starrte auch die frischen Flecken.... Es wurde immer schwerer sie zu verbergen und auch das glückliche Mädchen vorzutäuschen.... Ich fühlte mich nutzlos, so als ob ich alles in meinem Leben falsch gemacht hätte... Man Matthew, warum bist du nicht hier? Er hätte jetzt bestimmt die richtigen Worte für mich.... Nur leider wartete ich immer noch auf ihn und ich fürchtete, das ich auch noch eine ganze Weile hoffen und warten musste.... Ich war einfach am Verzweifeln.... Und das schon seit zwei verdammten Wochen. Und mit jedem Tag, wuchsen der Schmerz, die Qual und die Sehnsucht nach seiner Nähe... Doch irgendetwas blockierte mich, ihn an mich ran zu lassen oder auf ihn zuzugehen...

Es war bereits schon halb neun Abends, als ich die Halle verließ und in Gedanken verloren nach Hause wandelte, wie die letzten Tage auch.
"Hey, Süße. Da bist du ja endlich, Jake ist schon halb am Verhungern", lachte Mum.
"Tut mir leid, ich hab mit Lyrkan die Zeit vergessen. Aber ich hatte doch gesagt, dass ihr nicht auf mich warten müsst, wenn ich bis halbsieben nicht da bin", antworte ich so fröhlich ich konnte.
"Sag das mal den Sturköpfen hier", meinte Mum wieder, während ich mich aus den Schuhen befreite und die Tasche auf den Treppen abstellte.
"Und Erfolg gehabt heute?", erkundigte sich Jake.
"Jep, ich muss mir nur wieder eine neue Kür für den kommenden Wettkampf überlegen. Und ich muss das auch noch mit der Schulbefreiung klären", antwortete ich und schöpfte die Soße über die Nuddeln. Ich hatte zwar nicht wirklich Hunger, aber ich musste essen um nicht aufzufallen und die Leistung zu bringen, die ich brauchte. Also schon ich es mit Mühe in mich hinein und hoffte, das meine gedankliche Abwesenheit nicht auffiel. Ich versuchte mich so gut es ging an den Gesprächen am Tisch zu beteiligen doch das war gar nicht so einfach, wenn der Kopf voll und ganz wo anders war...
"Na dann Leute, ich schau das ich jetzt dann mal ins Bett komme. Wir schreiben morgen noch einen Test", verabschiedete ich mich.
"Gute Nacht", kam es gleichermaßen von den Dreien , während ich mich bereits mit schweren Füßen, die Treppen hoch kämpfte. Während dessen sang ich aus dem nichts das Lied, was mir Matthew immer abends vorgesungen hatte, oder dann wenn es mir nicht gut ging.... Diese Worte hatten mich bis jetzt immer wieder aufgebaut und ich betete das es auch dieses Mal helfen würde. Er hatte immer so schön gesungen und er hatte immer gemeint ich sei ein Engel, wenn ich mit eingestimmt hatte. Aber ich fand es eigentlich gar nicht so gut. Es gab definitiv bessere Sänger.... Doch egal wie oft ich es zu ihm gesagt hatte, er hatte es immer wieder zu mir gesagt, bis zu dem Tag, als er in den Krieg zog... Ich sah mich in meinem Zimmer um. Eigentlich müsste ich jetzt noch ein Workout machen, aber heute hatte ich einfach nicht die Kraft dazu... Stattdessen ließ ich mich auf mein Bett fallen und starrte mal wieder an die Decke.... Das war in den letzten Tagen zu meiner Lieblingsbeschäftigung geworden. Einfach nur daliegen und starren... Doch die Stille um mich herum, wurde kurz darauf von einem Klopfen unterbrochen.
"Ja bitte?", murmelte ich, als kurz drauf die Tür auf ging. Es war Charlotte.
"Darf ich reinkommen?", fragte sie mich.
"Klar", sagte ich und sie humpelte ins Zimmer. Sie machte es dennoch schon ziemlich gut. Mittlerweile kam sie auch schon alleine die ganzen Treppen runter. Nur mit den nach oben haperte es noch ein wenig. Aber das würde auch noch mit der Zeit werden. Sie schloss die Tür und kam seufzend auf mich zu.
"Also was ist los?", fragte sie besorgt und ich sah sie verwirrt an.
"Na nichts ist los, warum fragst du?", entgegnete ich unsicher.
"Komm. Die "Gute Laune" unten am Tisch kaufe ich dir nicht länger ab. Irgendetwas bedrückt dich und frisst dich von innen auf... Außerdem habe ich dich immer wieder in der Nacht und auch morgens im Bad weinen hören", sagte sie stur und gleichzeitig schwang auch große Sorge in ihrer Stimme mit... Ich sah sie erschrocken an. Wie lange wusste sie...? Ich brauchte wohl nichts weiter mehr zu sagen. Mein Gesicht schien ihr gegenüber wohl Bände zu sprechen, da sie mich einfach nur in ihre Arme schloss. "Hey, es ist okay. Du warst jetzt die ganze Zeit über für mich da. Jetzt bin ich mal dran", sagte sie sie tröstend, während ich mal wieder in Tränen ausbrach. "Willst du darüber reden?", fragte sie ruhig. Und ehe ich wirklich darüber nachdenken konnte sprudelte ich wie eine Supernova los.
"Es ist einfach wegen allem.... Steven macht mir in der Schule und privat das Leben zur Hölle und Lyrcan, er... Er hat sich irgendwie verändert.... Ich weiß einfach nicht was ich tun soll, bei beiden Dingen", schluchzte ich, während sie mir ein Taschentuch reichte.
"Was macht er denn?", fragte sie weiter. Ich seufzte und sah beschämt zu Boden.
"Wenn ich es dir zeige, dann versprich mir bitte das du es keinem erzählst", murmelte ich.
"Versprochen", schwor sie mir und ich sagte ihr, dass ich gleich wieder da wäre. Ich nahm mein Nachthemd und verschwand damit im Badezimmer, wo ich mit einem Haufen Abschminktüchern das ganze Make-Up von meinem Körper entfernte. Nun waren die Folgen klar und deutlich zu sehen und ich haste mein Spiegelbild. Mit neuen Tränen in den Augen, betrat ich das Zimmer und stand nun grün und blau geschlagen vor meiner Freundin.
"Das tut er... jeden gottverdammten, elendigen Tag, seid die Schule wieder angefangen hat... Und nicht nur er manchmal sind es drei, dann wieder fünf und letztendlich wurde ich genauso schon von acht verprügelt.... Weißt du wie sich das anfühlt? Sport treiben bis zum Abwinken und dann sich noch nicht einmal gegen solche Wixer verteidigen können", schluchzte ich und fühlte mich wie ein kleines hilfloses Kind, was verzweifelt nach seiner Mama rief. Sie sah mich entgeistert an und schien jeden der Flecken einzeln zu betrachten.
"Ich kenne es... nur in einer anderen Form, weshalb ich auch für dich da sein will", antwortete sie mir ruhig. Natürlich, warum hatte ich sie überhaupt danach gefragt? Sie hatte ein Monster von einer Mutter, wenn man sie überhaupt noch so bezeichnen konnte. "Und ich werde keinem davon erzählen, bis du es selbst getan hast. Ich weiß das es verdammt schwer ist, dass zu tun, aber glaub mir du wirst dich leichter fühlen", sagte sie und lächelte leicht. Sie hatte schon wieder recht... Ich erwiderte das schwache Lächeln und kam zu ihr aufs Bett. "Und das mit Lyrkan wird auch wieder werden. Ich meine ihr beide ward euch so nahe und ich hatte glatt den Eindruck, das er auf dich steht", meinte sie, was mir ein leichten Stich ins Herz versetzte. Trotzdem begrüßte ich es mit einem weiteren leichten Lächeln und sie nahm mich noch einmal in den Arm. "Aber ich würde sagen, dass du jetzt noch etwas schlafen solltest. Wenn was ist komm einfach zu mir und rede darüber okay?", schlug sie vor und ich sah es als vernünftige Entscheidung.
"Okay... Und danke", sagte ich, bevor sie zur Tür ging.
"Gern geschehen", verabschiedete sie sich nun und schloss die Tür hinter sich.

Daemons On Ice Where stories live. Discover now