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AURORA

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AURORA

Ich sitze mit meinen beiden Eltern stumm am Esstisch und versuche das ungewürzte Essen zu essen. Es ist totenstill in diesem Haus, so wie es schon immer war. Kein lachen ging jemals durch dieses Haus indem ich aufwuchs. Kein einziges.

Mein Vater isst seinen Teller brav und wahrscheinlich ist er mit seinen Gedanken gar nicht erst bei uns. Bei seiner Familie. Meine Mutter hat sich daran gewöhnt, aber auch nie gegen ihn angekämpft. Elegant und nahezu perfekt isst sie ihr Essen. Ich habe meine Mutter noch nie mit Jogginghose oder sowas jemals gesehen. Die beiden waren schon immer so. Es gab keine warme Zeit in meiner Kindheit, außer wenn ich zu meiner Tante Enisa und meinen Cousinen durfte, die das komplette Gegenteil meiner Mutter ist. Zia Enisa hat mir immer Geschenke gekauft oder mich so sehr zum lachen gebracht, bis mein Bauch weh tat. Meiner Mutter gefiel das immer nie, aber sie ließ es zu. Meine Eltern gingen sich schon immer aus dem Weg. Sie stritten nicht einmal. Sie ignorierten sich und das schon seit ich denken kann.

Ich trinke gerade mein Wasser, als die tiefe Stimme meines Vaters mich unterbricht.

„Ich habe mit Santos Bianchi gesprochen-„

Oh nein. Der Vater von Luciano Bianchi. Oh nein. Oh nein. Oh nein. Ich erstarre am ganzen Körper, als mein Vater zu mir sieht und seine dunkel blauen Augen auf mich treffen. Sie treffen mich so tief, das ich einen vergessenen Schmerz aufkommen spüre.

„Du wirst ihn heiraten." spricht er mit einem Mal und alles in mir fällt ins eiskalte Wasser. Selbst meine Mutter hält mit dem essen inne und sieht meinen Vater geschockt an.

Der Moment ist gekommen, andem ich die totale Kontrolle auf mein eigenes Leben verliere. Es wurde schon immer über meinen Kopf entschieden. Alles. Ich hatte niemals eine eigene Wahl.

Mein Vater erwidert den Blick meiner Mutter gereizt. Denn sowas tut meine Mutter nie, deshalb muss das schon etwas heißen.

Gott im Himmel lass das nicht wahr sein. Ich beiße mir so fest auf die Zunge, um nicht zu sprechen.

Reiß dich zusammen Aurora!

„Ist er den gut genug für deine Tochter?." platzt es wütend aus meiner Mutter. Klar habe ich sie so oft sprechen gehört, aber niemals vor meinem Vater. Niemals.

Seine Augen weiten sich geschockt und er sieht sie entsetzt an. So habe ich meinen Vater auch noch nie gesehen. Ich sitze dennoch wie angewurzelt da und kann kurz nicht einmal mehr atmen.

Ich soll Luciano heiraten?

„Das spielt keine Rolle Anitta." zischt mein Vater genervt und mein Herz bricht in so viel Teile. In mir drinnen geht etwas kaputt, was ich meinem Vater niemals verzeihen werde.

Ihm ist es Egal wer gut genug für seine Tochter ist, deswegen verkauft er mich an so einen Bastard wie Luciano. Es ist ihm schlichtweg Egal. Meine Mutter sieht fassungslos auf ihren Teller und meidet meinen Blick. Mein Vater findet es nicht einmal nötig es mir zu erklären, wieso oder weshalb. Am liebsten würde ich ihm sagen, er solle selbst heiraten, wenn er das Geld braucht, doch ich halte meine Klappe. Wie immer.

Ungewollt räuspere ich mich und spüre wie meine Wange glühen.

„Ich bin fertig." spreche ich und versuche meine Tränen zu unterdrücken.

Nicht weinen Aurora! Niemals weinen!

Mein Vater sieht mich nicht an, aber nickt, weshalb ich sofort aufspringe und so leise wie möglich die glänzenden Treppen auf mein Zimmer schleiche. Mein Herz fühlt sich so schwer an. So als wäre ich ein schwebender Geist und garnicht erst hier, schließe ich möglichst leise meine Tür, denn ich will nicht das jemand hört wie ich jetzt gerne brüllen würde. Ich will das keiner der Hausmädchen mich tröstet oder einer der Bodyguards mich fragend ansieht.

Mein Herz steht unter flammen und es gibt nichts was ich dagegen tun kann.
Und dann passiert es. Ich beginne zu weinen und halte mir meinen Mund so fest zu, das mir die Luft zum atmen fehlt. Mein Vater weiß in welche Höllen Familie er mich damit steckt. Er weiß wie sie mit Frauen umgehen, doch ich bin in seinen Augen nichts Wert. Seine einzige Tochter ist ihm nichts Wert.

Mein Herz bricht und zu ersten Mal lasse ich den Schmerz zu, denn sowas hatte ich nicht verdient. Sowas hatte niemand verdient.

So machtlos habe ich mich in meinem erbärmlichen Leben noch nie gefühlt.

Das ist unfair! Meine Mutter hatte die Wahl. Sie hat meinen Vater geheiratet, weil sie es wollte. Mir wird eiskalt die Chance genommen, einen Mann auszusuchen, mit dem ich mein ganzes Leben verbringen muss. Vor allem dieser Luciano, der das pure Böse ausstrahlt.

Sowas hab ich doch nicht verdient. Aber wenn juckt das schon. Im Zimmer ist es toten Still. Nur mein leises schluchzen ist zu hören, obwohl es in meinem Kopf so laut ist.

Mein Herz schreit. Es schreit so sehr nach Freiheit. Mein Vater zerstört das gute in mir. Ich verstand nie wieso ich so bin wie ich bin. Die beiden sind so kaltherzig und ich war immer so liebenswert. Wieso war ich so? Wieso fühlte ich mehr den Schmerz von anderen als meinen eigenen? Wieso gab ich mehr als ich hatte und wieso liebte ich meine Eltern trotz ihrer kalten Dunkelheit?

Mir laufen heiße Tränen über meine Wange und ich schüttle nur enttäuscht meine Kopf. Das war zu erwarten. Ich hatte gewusst, das es Zeit wird, aber ich hatte nicht gedacht dass mein Vater so ehrenlos ist.

Ich weinte mir mein Herz aus und meine eiskalte Maske brach in so viele Teile, denn ich war machtlos gegenüber meinem Körper, aber nicht meinem Kopf. Nicht meinem reinem und purem Herzen. Ein Herz, das mein Vater mit einem Mal in so viele Teile riss.

AcquaintedWhere stories live. Discover now