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Selena

Ich lief über den Campus und starrte unentwegt auf den Display meines Smartphones, als ob ich allein durch meinen durchdringenden Keydens Antwort heraufbeschwören könnte.

„Hallo Gina!“, begrüßte mich eine Stimme von hinten. Ohne groß zu überlegen – obwohl ich durch Überlegungen wohl auf das selbe Ergebnis gekommen wäre – ballte ich meine Hand zu einer Faust, drehte mich mit Schwung auf meiner Ferse herum und verpasste Keyden einen rechten Haken, auf den jeder Boxer neidisch gewesen wäre.

Anscheinend hatte Keyden doch noch so etwas wie Reflexe, was ich bei unseren Date ein wenig angezweifelt hatte, sodass er durch eine schnelle Bewegung meinen Angriff so weit unschädlich machen konnte, dass nur ein wenig Blut aus seiner Nase lief.

Glück gehabt.

Sonst läge er jetzt bewusstlos am Boden. 

„Du reagierst eigenartig, wenn man dich von hinten begrüßt“, meinte er schließlich und versuchte die Blutung zu stoppen.

„Es ist eigenartig, dass du mich trotz Risiko von hinten begrüßt“, konterte ich und er grinste mich schief an.

Seine schwarzen Haare standen wirr in alle Richtungen ab, als ob er gerade erst wach geworden wäre und sah damit verdammt süß aus. Seine Wangen waren glatt rasiert, was ich wirklich begrüßte, da Bärte für mich nicht in die Kategorie „attraktiv“ fielen. Seine hellen, eisblauen Augen stachen besonders durch seine dunklen Haare und Klamotten hervor.

Keyden seufzte und strich sich mit der Hand fahrig durch die Haare, was erklärte weshalb sie so verstrubbelt waren. „Hör zu: Wenn ich dir das neulich zu schnell ging, habe ich vollstes Verständnis dafür. Ich will dich zu nichts drängen, zu dem du nicht bereit bist und-“

„Ich bin nicht wegen dir gegangen. Das Date war wundervoll. Du warst wundervoll“, beschwichtigte ich ihn und musste mit eingestehen, dass jeder einzelne dieser Sätze der Wahrheit entsprach. Na ja, zumindest die letzten zwei Sätze...

„N-Nicht? War es...wegen dem Anruf?“, hackte er vorsichtig nach, doch er überschritt bereits die Grenze.

Die Grenze, die dafür sorgte, dass er nicht herausfand, dass ich eine Remorse war – sein wohl größter Feind.

Keyden würde mich auf der Stelle töten, wenn er wüsste, wer ich war – und irgendwie hatte ich etwas dagegen. Okay, wer sprang bei dieser Vorstellung auch schon in die Luft?

Um ihn abzulenken und auch ein bisschen, weil ich es wollte legte ich meine Hände in seinen Nacken, zog ihn zu mir und küsste ihn.

Ob das überhaupt ging wusste ich nicht, aber dieser Kuss war noch besser als der erste. Allerdings konnte ich in solchen Themen nicht wirklich aus Erfahrung sprechen...

Irgendwann löste er sich von mir, packte mich an der Hand und zog mich mit sich. Ich fragte nicht, wohin er wollte oder sonst irgendwas.

Ich schwieg und versuchte meine Gedanken zu sortieren, doch das einzige war dabei rauskam war, dass Keyden seine Finger mit meinen verschränkt hatte und wie toll das war. 

Mein Gott, zwei herzzerreißende Küsse und schon mutierte ich zum verliebten Trottel.

Schließlich erkannte ich, dass er mich zu einem großen, schwarzen SUV schleppte. In meinem Kopf läutete die Alarmglocken.

Lying  LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt