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Selena

Mit einem mulmigen Gefühl im Magen und genug Wut im Gepäck betrat ich das moderne Hochhaus, dass von Außen komplett verglast war.

Das große Gebäude war auf jeden Fall ein Bürogebäude. Welchen Beruft die Leute hier genau tätigten wusste ich nicht, und es war mir auch egal, aber ich wusste, dass die oberen sechs Etagen einzig und allein Jace gehörten. Das Treffen selbst fand in der obersten statt. Technisch gesehen würde also keiner der Arbeiter hier es mitbekommen, wenn ein Schuss abgefeuert werden würde, da ich zu dem sechs-Etagen-Abstand noch schalldichte Wände vermutete – ein klassischer Fall von Übervorsichtigkeit. Ob das nun gut oder schlecht war, musste ich wohl selbst herausfinden.

Während Keyden und ich, gefolgt von Nick und Henry, durch den Eingangsbereich schritten, erregten wir viel Aufmerksamkeit. 

Während die meisten Frauen unauffällige Blicke auf meine Begleiter warfen, hielt mein Ausschnitt den Blick einiger Männer gefangen.

„Kommt es mir nur so vor, oder ist dein Ausschnitt seit dem Flugzeit tatsächlich größer geworden?“, knurrte Keyden und schlang demonstrativ seinen Arm um meine Taille.

Lächelnd sah ich zu ihm hoch und erkannte, dass er gerade dabei war, mit seinem Blick zu töten.

„Kommt dir nur so vor“, erwiderte ich frech, als wir gerade den Fahrstuhl erreichten. Nachdem ich auf den Knopf mit dem Pfeil nach oben gedrückt hatte, gingen die Türen auch schon sofort auf, da der Fahrstuhl schon im Erdgeschoss zu sein schien.

Kopfschüttelnd zog ich meinen Mann hinter mir herein und betätigte den Knopf für die oberste Etage, noch während Nick und Henry einstiegen.

Als sich die Türen geschlossen hatten, positionierte sich Nick vor Keyden und Henry nahm die selbe Haltung vor mir ein.

Mit erhobenen Augenbrauen sah ich zu meinem Mann und bemerkte, dass er seine Ich-bin-der-Boss-Maske aufgesetzt hatte. Mit einem Grinsen im Gesicht, schlängelte ich mich zwischen Nick und Henry hindurch und stellte mir vor sie, sodass mein Rücken zu den Türen zeigte. Dabei ignorierte ich das unangenehme Achterbahngefühl, dass sich in meinem Magen ausbreitete, seit der Fahrstuhl nach oben fuhr.

Als ich die beiden Kerle musterte, vor denen ich mich soeben gestellt hatte, bemerkte ich, dass sie ähnlich wie Keyden ihre ausdruckslose Beschützerminen zur Schau trugen, was mich tatsächlich entfernt an Bryn erinnerte und ich beschloss mit Keyden mal über meinen Ex-Bodyguard zu reden, da ich ihn ja eigentlich irgendwie mochte. Ich war mir außerdem sicher, dass er zu mir halten würde, wenn ich ihm davon erzählen würde, was mein Vater getan hatte.

Gerade als ich eine spöttische Bemerkung gegenüber Henry machen wollte, erhob dieser seine Stimme. „Bitte treten Sie hinter mich, Mrs. Remorse.“

Verdutzt sah ich ihn an und erkannte, dass in seinen Augen kurz Belustigung wegen meinem Gesichtsausdruck aufblitze, doch diese verschwand so schnell, wie sie gekommen war. „Seit wann denn so förmlich? Und hast du wirklich bitte zu mir gesagt?“, fragte ich ihn fassungslos, da Henry für gewöhnlich der der netteste mir gegenüber war.

„Sie sind die Frau meines zukünftigen Bosses“, erklärte er nüchtern und sah mich ausdruckslos, aber dennoch wachsam an. „Außerdem hat mich Ruben gebeten dir schöne Grüße aus der Schweiz zu bestellen und gesagt, dass er erst wieder auf dem selben Kontinent wie Sie verweilen wird, wenn Sie ihm nicht mehr böse sind, dass er mir von der Situation mit Ihrem Vater und Ihrer Mutter erzählt hat.“

Wütend sah ich Henry an. Er war also netter zu mir, weil er Mitleid hatte?! Ruben konnte schon mal anfangen sich sein Grab auf einem schweizer Friedhof zu graben.

Lying  LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt