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Selena


„Da ist ja der Mann, der meine Tochter in die Ehe getrieben hat“, murrte Ruben und sah Keyden vernichtend an.

„Ruben, du bist nicht mein Vater!“, stellte ich klar und sah in verwirrt an. Das ging jetzt schon seit gestern so, aber da hatten wir noch nichts gesagt.

„Ja, dein Vater ist auch scheiße, deshalb bin ich so nett und übernehme diese Rolle“, sagte er schulterzuckend, woraufhin ich verzweifelt zu Keyden sah. Dieser schmunzelte über meine Mine, bevor er sich mit einem warnenden Blick zu meinem „Vater“ richtete. „Dann sei mal lieber ein Vater, der von seinem Schwiegersohn begeistert ist, denn ich bin immer noch dein Vorgesetzter.“ 

Wütend sah ich Keyden an. Hätte er Ruben nicht sagen können, nicht mehr so zu tun, als sei er mein Vater?! Als mein Ehemann seinen Blick auf mich richtete, schmunzelte er schadenfreudig.

Ruben schien kurz zu überlegen, bevor er kaum merklich nickte zu grinsend zu Keyden sah. „Da ist ja der Mann, der meine Tochter zu einer glücklichen Ehefrau macht“, korrigierte er sich nun und schloss Keyden in eine herzliche Umarmung. 

„Spinner“, murmelte ich kopfschüttelnd und durchquerte das Wohnzimmer, dass gleichzeitig auch als Flur fungierte.

Ich hörte Ruben mir beleidigt etwas hinterher schreien, während Keydens tiefen Lachen den Fahrstuhl ausfüllte, in den ich soeben gestiegen war.

„Wohin gehst du, Fräulein?!“, schrie Ruben empört und kam mit vor der Brust verschränkten Armen vor den Fahrstuhl gestampft. 

Augenverdrehen drückte ich den Kopf für die zehnte Etage, woraufhin die Fahrstuhltüren zu glitten.

„Jetzt sei mal ehrlich, Bro, hast du gekifft?“, was das letzte was ich mitbekam, bevor sie Türen sich endgültig schlossen.

Gelangweilt lehnte ich mich an die verspiegelte Wand, die direkt gegenüber der Türen lag und spielte an meinen Haaren herum. Ob ich sie schneiden sollte?

Einerseits war ich zu faul einen Friseurtermin zu machen und wusste das es schlecht für meine Haare ausgehen würde, wenn ich sie selbst schneide. Andererseits flogen sie mir schon jetzt bei jedem Windhauch ins Gesicht, hinderten mich beim Kämpfen und machten mir die Hitze noch unangenehmer, als sie ohnehin schon war.

Das Bing! der auf gleitenden Türen riss mich aus meinen Gedanken und ich trat auf den langen Flur hinaus. Bei der fünften Tür von links blieb ich stehen und steckte den Schlüssel, den ich vorher noch mitgehen lassen hatte, ins Schloss.

Nachdem ich in Rubens Zimmer getreten war, suchte ich nach seinem Computer und fand ich schlussendlich unter dem Kissen seines Betts. Musste ich diesem Aufbewahrungsort verstehen?

Kopfschüttelnd klemmte ich ihn unter mein Arm, lief aus dem Zimmer und schloss die Tür wieder hinter mir.

Als sich diesmal die Fahrstuhltüren öffneten, standen eine alte Frau mit ihrem Sohn – zumindest sahen sie verwandt aus – zusammen darin. Ich stieg ein und hatte keine anderen Wahl, als abzuwarten, dass die beiden ausstiegen.

Die Türen schlossen sich wieder und eine unangenehme Stille kehrte ein.

Nach einer gefühlten Ewigkeit öffneten sich die Türen wieder und die alte Frau und ihr Sohn, der vom Alter her schon drei eigene Kinder hätte haben können, stiegen aus. Ich wollte gerade die Taste für mein Stockwerk drücken, als der Sohn sich blitzschnell umdrehte und mit einer Waffe – keine Ahnung woher sie kam – auf mich schoss.

Ein plötzlicher Schmerz setzte in meiner rechten Schulter ein, doch ich hatte, als ich die Waffe gesehen hatte, sofort auf Alarmmodus geschaltete und mich schon auf das Ausblenden des Schmerzes vorbereitete. Zwar traf es mich immer noch mit Wucht und ich keuchte schmerzerfüllt auf, doch in Gedanken plante ich bereits was ich als nächstes tun könnte. 

Lying  LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt