Du hast die Wahl

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Ich wandte mich ab und kämpfte mich weiter vor zu Marcus, der nun zufrieden grinste. Marie war kaum bei Bewusstsein. Er hatte sie übel zugerichtet. Ihr rechtes Auge war angeschwollen und ihr Lippe aufgeplatzt. Ich schluckte wieder und versuchte die aufkommende Übelkeit zu unterdrücken.

„Komm mit uns!" wies er mich beinahe lautlos an.

„Lass sie gehen!" forderte ich ihn mit Nachdruck auf.

„Oh nein, sie ist doch mein Mittel um dich zu erpressen!" erklärte er verheißungsvoll und schüttelte sie kurz um mir zu demonstrieren, sie würde sich nicht wehren können und wäre verloren ohne mich. Was sollte ich tun?
„Dann ist das hier mein Mittel..." sagte ich laut genug damit er mich vernahm. Er sah mich fragend an. Ich hielt den Brieföffner, den ich aus dem Zimmer hatte mitgehen lassen, an meinen Hals. Mit etwas Druck ließ ich die Spitze in meiner Haut verschwinden. Ich verzog keine Miene. Der Lärm ums uns herum wurde urplötzlich leiser. Der Flur leerte sich langsam und die Nachzügler hatten weder Interesse an meiner Person noch an der von Marie. Marcus hatte sie alle unter Kontrolle, niemand würde uns stören.

„Ich bin vielleicht nicht in der Lage jemand anderen umzubringen..." ich hielt inne und verengte meine Augen. Er sollte sehen, dass ich es ernst meinte. ".. aber mich mittlerweile schon... glaub mir!" ich stockte und konnte erkennen, er nahm mich ernst. "Was bedeutet das Leben noch für mich?" fragte ich nun leiser, eher an mich gerichtet als an ihn. Doch mein Blick überzeugte ihn mehr als meine Worte. Er hielt inne und ließ Marie los, die zusammenbrach und auf dem Boden Hocken blieb. Ein Nachzügler, auf dem Weg zum Ausgang stolperte über sie und fiel zu Boden. Kurz darauf stolperte Gaby beinahe über das hockende Mädchen.

„Nimm sie bitte mit!" wies er die Pflegerin an, die mir einen fragenden Blick zuwarf und stumm der Aufforderung nachging. Ich erwiderte nichts. Erst als sie verschwunden waren und wir alleine auf dem endlos lagen Flur standen ließ ich den Brieföffner fallen. Das warme Blut glitt an meinem Hals entlang. Mein Gegenüber streckte mir die Hand entgegen.
„Was hast du vor?" fragte ich und kam der Geste nach. Seine warme Hand umfasste meine und ich wusste es war zu spät.
„Das wirst du schon noch sehen."
Wenig später fanden wir uns abseits von dem Getümmel wieder. Draußen hatte es bereits wieder angefangen zu schneien. Er hatte mich durch den Hinterausgang zu den parkenden Wagen gebracht. Alles in mir war betäubt nicht nur mein Körper auch meine Gefühle. Ich hatte das Richtige getan aber warum fühlte es sich so falsch an? Marcus hielt mich an der Hand und öffnete mir die Hintertür von einen der Wagen. Ich wollte gerade ohne Gegenwehr einsteigen, als er meine Schultern packte und mich mit einem Blick beschenkte, der mir signalisierte ich war verloren.
„Emily, das wird fabelhaft... du und ich." Flüsterte er und gab mir einen Kuss auf die Stirn. Ich schloss meine Augen und ließ es zu. Ich fühlte mich betäubt und nachdem er mich losgelassen hatte stieg ich letztlich ein. Ich durfte nicht aufgeben! Nicht jetzt!
„Bitte Marcus..." fing ich leise an und sah zu dem Mann, der gerade die Türe schließen wollte. "Hör auf damit. Das macht doch alles keinen Sinn!"
„Weißt du Emily, es macht mittlerweile einen ganz anderen Sinn... als du geflohen bist hatte ich das Gefühl, das ich deinen Verlust nicht ertrage. Der Gedanke, dass du Nicholas vielleicht erreicht hattest, erfüllte mich mit einem Gefühl, das ich seit Jahren nicht mehr kannte. Es hat mich erfüllt von Kopf bis zum Fuß... es tat gut..." Er erwiderte meinen Blick und ging vor mir in die Hocke. "Verlustangst Emily... die Angst etwas zu verlieren, das mir so wichtig geworden ist, dass es mich zerreißen würde."
„Er wird dich sicherlich suchen!" machte ich unbeirrt weiter und versuchte nicht auf seine wahnsinnigen Äußerungen einzugehen.
„Meinst du?" Ein Grinsen huschte über seine Lippen während er sich erhob. "Warst du nicht diejenige, mir die vor einigen Stunden weiß machen wollte, dass du die Falsche für ihn bist?" Jetzt glaubst aber ausgerechnet du, dass er mich suchen würde?"
„Mist..." schrie ich mich selber an blieb dabei für die Außenwelt stumm. Ihm war klar ich hatte nichts mehr zu kontern. Er ließ zufrieden die Tür zufallen und stieg auf der Fahrerseite ein. Ich versuchte die Hintertür aufzumachen als er den Wagen startete aber ohne Erfolg. "Liebe kleine Emily..." kam es nur amüsiert vom Fahrer. "Was hast du jetzt vor?" konnte ich nicht locker lassen.
„Wir beide hauen nun ab.." sagte er knapp und holte ein Handy hervor. Ich erkannte schemenhaft eine Karte mit einer Markierung. "Aber bevor wir unsere gemeinsame Zukunft antreten werden möchte ich dir noch etwas zeigen."
"Ich will nichts sehen!" flüsterte ich und lehnte mich nach hinten.
"Das willst du sehen... Nicholas ist noch hier." Brachte er mich auf den neusten Kenntnisstand. Mein Herz wurde unweigerlich mit der Aussprache des Namens schneller. Ich richtete mich wieder auf.
„Ich will dir eine letzte Wahl lassen!" Er blickte durch den Rückspiegel zu mir und ich fing seinen Blick auf. "Das ist nur fair." Ich verstand gar nichts und konnte es kaum aushalten. Ich würde alles tun, schreien gegen die Scheibe schlagen. Alles nur damit er mich sah auf mich aufmerksam wurde. Marcus fuhr auf den Parkplatz, auf dem ein buntes Treiben herrschte. Die Feuerwehr war bereits vor Ort und versuchte den Großbrand zu löschen.

Sein Wort - Mein Gesetz (slow update / In der Überarbeitung)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt