Ein Wort

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Die Wut hielt den ganzen Weg über, bis ich "Ivan's Reich" erreicht hatte, an. Warum war alles was diesen Mann umgab,  so düster? Warum war er so düster? Von Anfang an wusste ich, dieser Grobian war durch und durch schlecht. Er war vielleicht nicht so gefährlich und launisch wie Nicholas aber er schaffte es durch seine offensive brutale Art und Weise, Unbehagen in mir auszulösen.

Vor einem Backsteinhaus blieb ich letztlich stehen. Hier lebte er mit anderen aus der Belegschaft, tatsächlich wirkte diese Ecke des Geländes eher unspektakulär. Ich blieb vor den vier Stufen stehen, die mich von der Haustüre trennten und hielt inne. Ich kannte hier mittlerweile schone eine menge, charakterlose und unnahbare Frauen und Männer, die für Mister Norton arbeiteten. Keiner bis auf Kelly und Valentin hatte sich Mühe gegeben mehr als die üblichen Floskeln. "Wie geht es Ihnen heute?" "Guten Morgen." "Gute Nacht" und so weiter an mich gerichtet auszusprechen. Die Interesse war einfach nicht vorhanden. Annäherungen meinerseits wurden konsequent abgeblockt.

Hatten sie die Hoffnung nach fünf Mädchen letztlich aufgegeben? Rechnete keiner mehr damit, dass ich länger blieb als die anderen? Naja Unrecht hatten sie damit nicht. Bald würde ich das ganze hier verlassen. Doch bevor ich das tat, würde ich den emotionslosen Gorilla noch zu Rechenschaft ziehen. Irgendwie passten die Fragmente, die ich bereits erkennen durfte nicht zusammen. In einen Moment hatte Valentin es geschafft ihn in die Flucht zu schlagen und im nächsten Moment wurde der Blondschopf das Opfer des Russen.

Ich stellte den linken Fuß auf die verschneite Stufe und sah herab. Warum passte rein gar nichts zusammen? Warum wirkten alle Puzzleteile, so als würden sie kein Puzzle ergeben? Ich atmete die kalte Luft tief ein und zog den Mantel zu, dann stemmte ich mich vom Erdboden ab und erklomm auch die restlichen Stufen, ging über die kleine Veranda und blieb vor der Türe stehen. Ob er überhaupt da war? Es war mittags, sicherlich gab es genügend Arbeiten für den breitschultrigen Mann. War da etwa Zweifel, der mich heimsuchte? Versuchte ich eine Ausrede für das Beenden dieses Vorhabens zu suchen? Ich stampfte kurz auf um mich selber zu ermahnen. Er mochte größer, stärker und kühler sein aber ich hatte nichts zu verlieren. Ich streckte meine Hand nach der Klingel aus als ich durch einen kräftigen Zug am Ellbogen davon abgehalten wurde. Ich stolperte rückwärts die Stufen herab und fiel beinahe hin. Erst als ich unsanft um die Ecke des Hauses gezogen wurde, erkannte ich die Person, die mich energisch davon abgehalten hatte zu klingeln.

"Valentin!?" Ich sah ihn fassungslos an. Er hingegen sah mich ungewohnt ernst an.
"Was hast du vor?" fragte er und ich sah auf seine verbundene Hand.
"Ich werde Ivan das passende dazu sagen!"
"Und dann, wenn du ihm deine Meinung gegeigt hast? Was dann?" wollte er weiter wissen. Ich zog meinen Arm zurück und drehte mich ganz zu ihm.

Die Frage überforderte mich. Darüber hatte ich nicht nachgedacht. Ich schüttelte den Kopf.

"Was wohl, er wird sich von dir fern halten." Das Hochziehen der Augenbraue meines Gegenübers zeigte mir ganz deutlich, was er von meiner Aussage hielt. Nicht viel!

Ich ging an Valentin vorbei und wollte ihn stehen lassen um mein Aufgabe zu beenden, doch daraus wurde erneut nichts. Er ergriff mein Handgelenk und zog mich zu sich. Ich beugte mich dem Sog und ließ mich gegen die kalte Steinmauer drücken. Er ließ von meiner Hand ab und packte mit beiden Hände meine Schultern. 

"Du wirst in den letzten Tagen, die du hier bist sicherlich keinen solchen Fehler begehen!"
"Wir können ihn doch nicht einfach so damit durchkommen lassen!" meinte ich und versuchte Zustimmung in den Augen meines Verbündeten zu erkennen. Doch die erkannte ich nicht. Sein Blick war nicht zu deuten. Er seufzte und rüttelte mich. Ich hatte Mühe meinen Kopf aufrecht zu halten.
"Warum bist du so töricht so naiv?" fragte er verzweifelt und ich war nicht sicher, ob er mir oder sich diese Frage stellte.
"Emily... es ist ok!" sagte der Blondschopf und hörte auf meinen Körper durch seine Bewegungen durchzurütteln.
"Ist es nicht!" beharrte ich und verengte die Augen.
"Ok Emily... wenn ich dir den Grund nenne warum du es besser sei lassen solltest wird diese Dummheit dann aus dem Kopf schlagen?" Nun versuchte er Zustimmung in meinem Blick zu finden und die gab ich ihm.
"Das wäre ein Deal auf den ich mich einlassen könnte!"
"Gut doch bevor ich dir das erzähle musst du zu Mister Norton... er verlangt nach dir... er ist ... naja heute nicht sonderlich gut gelaunt!"

Sein Wort - Mein Gesetz (slow update / In der Überarbeitung)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt