Entscheidung

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Immer noch unsicher auf den Beinen zog ich mich an der Wand entlang, bis ich plötzlich stehen blieb und mich gegen die Mauer lehnte. Was wenn aber auch das ein Teil von Marcus Plan war? Ich spürte wie mir heiß und mein Verstand überfordert wurde.
Mein Puls erhöhte sich und die Unsicherheit nahm mich ein.
Was war richtig was war falsch?
Ich ließ meinen viel zu schweren Kopf nach unten hängen und ging die verschiedenen Möglichkeiten durch. Keine war für mich die sicherste. Doch in einem meiner Gedankengänge konnte ich zumindest jemand anderes hier retten. Keiner konnte ahnen, was Marcus mit Nicholas anstellte, wenn ich ihn aufsuchte! Er hasste ihn, vielleicht würde ich den Mann, den ich im Moment am meisten vermisste, in Gefahr bringen. Ich schluckte die Tränen runter und stütze mich von der Wand ab. Ich brauchte noch ein wenig Kraft. Nur noch heute, danach würde sich eh alles ändern. Wie? Das wusste ich nicht. Ich wusste nur, dass danach nichts mehr so sein würde wie es die letzten Tage war. Mit neuer Motivation schleppte ich mich weiter. Als erstes würde ich Leah finden. Ich musste sichergehen, dass sie lebte und würde sie mitnehmen. Es durfte nicht noch jemand in Marcus Todeswahn sterben. Ich fixierte mein Ziel, dem ich ganz unbewusst entgegengelaufen war.
Ich würde diese Situation nicht noch schlimmer eskalieren lassen. Ich biss die Zähne zusammen und ging weiter bis ich das Wohnzimmer unserer Mädchenclique erreichte. Es lag im Dunkeln und fühlte sich düster und leer an. Ich hatte keine Zeit darüber nachzudenken und doch spürte ich die Kälte, die meinen Körper einnahm. Ich stolperte durch die Dunkelheit und wollte kein Licht anmachen um niemanden auf mich aufmerksam zu machen. Ich kämpfte mich zu Leahs Zimmer vor.
„Leah?" fragte ich ehrfürchtig und hatte Angst die Dunkelheit durch das Licht zu vertreiben. Das brauchte ich jedoch gar nicht. Ein plötzlicher Lichtstrahl, der meine Person traf ließ mich zusammenzucken. Reflexartig schloss ich die Augen und hob die Arme vors Gesicht. Es dauerte einige Sekunden bis ich mit der Helligkeit klar kam. Marie saß auf der Bettkante und hielt die Nachttischlampe auf mich gerichtet.
„Ich hatte nicht damit gerechnet, dich noch einmal zu sehen..." sagte die Rothaarige nüchtern.
„Wo ist Leah?" wollte ich wissen und hatte nicht mal ansatzweise Interesse daran mich mit meinem Gegenüber über etwas Anderes zu unterhalten. Mich hätte es nicht gewundert, wenn sie mit Marcus unter einer Decke steckte.
„Sie ist nicht hier..." antwortete die junge Frau unterkühlt. Ich bekam eine Gänsehaut und eine unangenehme Übelkeit überkam mich.
„Ist sie...ist sie..." stotterte ich ungewollt und hielt mich an dem Türrahmen fest.
„Nein sie ist nicht tot!" meinte Marie und senkte den Schirm etwas ab.
„Wo ist sie dann?" fragte ich weiter und wurde einfach nicht schlau aus dem was hier passierte.
„Marie du musst uns helfen!" fing ich nun an und ging auf sie zu. Sie hielt die Hand hoch und brachte mich zum Stehen. „Du musst mir sagen wo Leah ist wir müssen hier abhauen!" versuchte ich ihr klar zu machen. Aber ihr Blick sagte mehr als tausend Worte, sie war Marcus komplett verfallen.
„Ok... vergiss es! Ich finde Leah auch ohne dich!" schrie ich nun und spürte eine Wut, die mir gut in den Kram passte.
„Wenn du meinst!" sagte Marie nur und stand auf. Sie ging auf mich zu und an mir vorbei.
„Ich gehe jetzt zu Marcus..." berichtete sie und verließ das Zimmer. Ich reagierte automatisch, drehte mich zu ihr um und folgte ihr. Bevor sie das Wohnzimmer durchqueren konnte um auf den Flur zu gelangen, ergriff ich ihren Arm und drehte sie zu mir.
„Marie! Reiß dich zusammen!" schrie ich sie an und schüttelte sie. Die Schülerin wirkte apathisch und nicht wirklich im Hier und Jetzt. Hatte er ihr Drogen gegeben? Ich erkannte nichts in ihren Augen. Sie war wie ein Zombie, der mich verraten würde. Das konnte ich nicht zulassen.
„Marie... wo ist Leah?" brüllte ich nun und schüttelte sie weiter. Ihr Kopf bewegte sich ohne Gegenwehr und ich wusste hier war wirklich nichts zu holen. Ich schupste sie aus Verzweiflung auf das Sofa, auf das sie kurz auf wippte und schließlich sitzen blieb. Sie wirkte wie eine Puppe in einem absurden Puppenhaus. Ich würde keine weitere Sekunde mit ihr vergeuden.
„Du warst noch nie sonderlich gut, deine Umgebung richtig wahrzunehmen..." hörte ich die Stimme meiner Mitbewohnerin hinter mir. Ich blieb stehen und sah über meine Schulter zu ihr herüber.
„Was meinst du?"
„Sieh dich genauer um. Öffne deine Augen endlich! Du dumme Bitch!" schrie sie plötzlich und ich zuckte zusammen. Ihre Worte spielten in meinem Kopf Ping Pong.
„Es geht nicht nur um dich!" fügte Marie wesentlich ruhiger hinzu. Erst jetzt viel es mir ein. Ich wandte der Rothaarigen den Rücken zu und setzte mich so schnell ich konnte in Bewegung. Schnell war anders aber ich musste zurück ins Schlafzimmer. Die Hoffnung, dass es Leah gut ging hatte sich in mir gefestigt. Vielleicht ging es wirklich nicht um mich. Vielleicht war ich nur ein Nebendarsteller, der im Weg stand.

Sein Wort - Mein Gesetz (slow update / In der Überarbeitung)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt