11 - Tod oder Leben?

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Ich hatte mir unter Dusche mein Auftreten dem Mann gegenüber, der mich entführt hatte, genauestens überlegt. Ich würde mir meine provokante und verachtende Art und Weise verkneifen. Ich musste sein Vertrauen gewinnen ihm vorspielen mit der Situation zurecht zu kommen, nur so würde er Fehler begehen und ich einen Weg nach draußen finden.

Valentin führte mich zum Speisesaal. Immer wieder linste er zu mir rüber.

„Gefällt es dir?" fragte ich und er wirkte ertappt. Ich hingegen sah ihn nicht an sondern ging mit einem Schmunzeln auf meinen Lippen weiter neben ihm her. „Darf ich dich noch etwas fragen?" konnte ich nicht locker lassen. Valentin nickte ohne mich anzusehen. „Warum machst du das hier mit? Du weißt schon, er hält mich gegen meinen Willen hier fest!" Wieder nickte er. „Das ist mir sehr wohl bewusst." mehr kam nicht. Auch auf weitere Fragen ging er nicht ein. Ich wollte zur Abwechslung, von einem Kerl wissen, wie Mister Norton so war doch er blieb stumm. Erst vor der Türe fand er seine freundliche Stimme wieder. „Frage mich solche Sachen nicht in der Öffentlichkeit, das können wir unter vier Augen besprechen. Die Wände haben Ohren." flüsterte er leise bevor er die Türklinke umpackte und die Tür aufmachte.

„Mister Norton, Miss Miller!" kündigte er mich an. Ich ging zu der großen Tafel und ließ mich auf einen Stuhl nieder, der mir von einem weiteren mir fremder Mann zurückgezogen wurde. Ich ließ mich nieder und fing den Blick meines Gegenübers auf.
„Wie hast du geschlafen?" fragte er überrascht sanftmütig.
„Gut danke und Sie?" fragte ich im Gegenzug. So gehörte sich das nun einmal. Ich ließ meinen Blick über den Tisch schweifen. Hier gab es alles was die moderne Küche von heute zu bieten hatte. „Du trägst ein anderes Kleid." Mir war im vornherein klar, dass er meine Wahl kommentieren würde hatte aber eher damit gerechnet, dass es sein erster Satz sein würde. Ich nickte nur. „Das ist auch gut." stellt er fest und nahm eine Tasse Tee.
Ich konnte nicht anders, entgegengesetzt meiner Überzeugung musste ich diesen Mann einfach genauer ansehen. Er hatte ausgeprägte Kieferknochen, die in einem markanten Kinn zusammenliefen. Wenn es ein Wort für den Mann gab war es sicherlich atemberaubend. Dieses Mannsbild konnte jede Frau haben, da war ich mir sicher. Jede Barbiepuppe oder Model, alles was ich nicht war. Warum hatte er mich ausgewählt? Ein Durchschnittsmädchen von nebenan!
Als hätte mein Gegenüber genau diese Gedanken gehört stand er auf und kam um den Tisch herum zu mir rüber. Ich wachte aus meiner Abwesenheit auf und sah auf die Hand, die er mir reichte. Gepflegte Hände, die er mir dort entgegenstreckte. Er trug an dem rechten Ringfinger einen Ring. Wie alles an ihm wirkte selbst seine einfache Hand anmutiger als alle anderen Hände, die ich je gesehen hatte.
„Ich möchte dir etwas zeigen." sagte er in einen warmen Ton. Ich folgte der Aufforderung zögerlich und legte meine Hand in seine. Sie war angenehm warm, meine hingegen war eiskalt. Ich ließ mich führen. Ich hatte ja schließlich den Entschluss gefasst mir erst mal einen Überblick über die ganze Situation zu verschaffen, bis ich erneut versuchen würde abzuhauen.

Wie betraten den Flur und gingen zu einem Aufzug in dem wir schließlich stiegen. Er stand neben mir und starrte gegen die schwere Eisentür. Ich bekam eine Gänsehaut er ließ meine Hand nicht los, die mittlerweile anfing zu schwitzen. Mir wurde heiß und kalt zugleich. Ich hatte keine Ahnung was er vor hatte und wohin er mich bringen würde. Selbst als wir ganz oben angekommen waren hielt er mich weiterhin fest in seinem Griff. Hier stiegen wir aus und er führte mich durch eine recht mickrig wirkende Tür ins Freie. Nur für den Augenblick, indem er sein Jacket auszog löste er sich von mir um mir dann die Jacke über die Schulter zu legen und meine Hand wieder in seine zu nehmen. Ich hatte die kurze Pause genutzt und die Handfläche an meinem Kleid abgewischt.
Ich folgte ihm zur Brüstung. Wir standen ziemlich weit oben. Wahrscheinlich sogar am höchsten Punkt seines pompösen Reiches. Im Anbetracht der Tatsachen war er nicht nur reich sondern steinreich. Jetzt musste ich mit Ernüchterung feststellen, dass meine Flucht nur ins Leer laufen konnte. Um das Anwesen erstreckte sich meilenweit nur Wald. Keine Stadt, nicht mal ein Dorf, nur Bäume. Die Aussicht war wunderschön, der Schnee der alles bedeckte und in dem Sonnenlicht wie Millionen von kleinen Diamanten glitzerte. Der Wind wehte durch mein braunes Haar, dass ich mit der freien Hand zu bändigen versuchte, dabei ließ ich mein Blick über das Eigentum des Mannes gleiten. Ich ließ schließlich von meinen Haaren ab und hielt mich an der Brüstung fest um mich leicht darüber zu beugen.

Sein Wort - Mein Gesetz (slow update / In der Überarbeitung)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt