Nenn mich Sam

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Ich schlief, ich schlief sogar sehr lange ohne Träume und Bilder. Als ich wach wurde lag ich in meinem Bett und wurde von warm wirkenden Sonnenstrahlen begrüßt. Wie lange ich weggetreten war wusste ich nicht. Ich roch Jod und griff mir wie aus Reflex an den Hals. Man hatte mich behandelt und die Wunde desinfiziert. Meine Fingerspitzen tasteten die Unebenheit ab und zeigten mir, dass der Schnitt keineswegs tief gewesen war. Wütend schlug ich mit der Faust gegen die Wand neben mir, dabei die Augen fest verschlossen. Langsam rutschte meine Hand von der Mauer und blieb regungslos neben meinem Körper liegen, der sich wie aus Blei anfühlte. Das Vorhaben, das ich bereits zuvor durchziehen wollte würde ich nun vollenden. Sterben durch verhungern und fehlender Regungslosigkeit. Ich würde hierbleiben und mich keinen Millimeter aus dem Raum bewegen, nicht mal aus dem Bett. Melissa würde daran auch nichts ändern können, das versprach ich mir selber. Das Öffnen der Türe unterbrach meine gedankliche Planung. Auch ohne aufzusehen wusste ich, wer mich besuchte.
„Geht es dir besser?" fragte mich Marcus, nahm sich den einzigen Stuhl in diesem Raum und setzte sich vor das Bett. Er überschlug seine Beine und sah mich mitleidig an. Ich drehte mein Gesicht zu der kahlen Wand und versuchte ihm nicht zuzuhören.
„So muss das doch nicht laufen!" diesen Satz kannte ich bereits. „Das was du gestern versucht hast bringt dir doch rein gar nichts! Du kannst mir doch nicht erzählen, dass dir der Tod lieber ist als das Leben?" fing er leise und ruhig an.
„So ist es aber..." hauchte ich und zog die Decke hoch bis zu meinem Gesicht.
„Du verstehst einfach nicht wie gut es dir hier gehen könnte!"
„Es ist nicht anders wie bei Nicholas... naja anders schon, schlimmer..." fing ich lauter an und wurde wieder leiser. Ich zog die Beine an und versteckte mein Gesicht unter der Decke.
„Du verstehst nicht was ich genau mit dir vorhabe oder? Ich will dich bei mir haben aber doch nur für einen begrenzten Zeitraum. In dieser Zeit werde ich dich heilen. Dich von deinen seelischen Schmerzen befreien und dafür sorgen, dass ein Leben in der freien Welt wieder realistisch für dich wird." Ich hörte wie er den Stuhl näher ans Bett rückte.
„Glaubst du wirklich du hättest abhauen können ohne das Nicholas dich findet. Schon alleine durch den Peilsender wäre ihm das Aufspüren deiner Person einfach gefallen!" Diese Aussage ließ mich hellhörig werden. Ich zog die Decke soweit runter, dass meine Augen frei waren und sah über meine Schulter zu dem Mann, der mich bestimmt nur anlog. „Durch das Besteigen meines Wagens war es nicht mehr möglich den Peilsender zu orten, das Entfernen war nur zur Sicherheit. Er kann dich hier nicht finden und das ist das Gute daran. Du kannst voll und ganz heilen." Es war kaum zu glauben aber seine Worte wirkten wie die Wahrheit. Ich drehte mich auf den Rücken und richtete mich auf.
„Wie kann ich dir vertrauen?" 
„Ich bin bereit für einen Deal... wir wäre es mit folgenden Vorschlag, wenn du ab jetzt deine Selbstmordversuche unterlässt und dich einbringst in das hier herrschende System bin ich bereit deine Eltern zu kontaktieren! Wir werden sie gemeinsam anrufen und du bekommst die Chance deine Eltern endlich über alles aufzuklären."

Dieser Deal wirkte surreal. Er lockte mich mit etwas, wovon er wusste das ich dazu nicht nein sagen konnte.

„Wir werden deinen Eltern erzählen was geschehen ist, dass ich dich gefunden und direkt hierher gebracht habe... dass du erst jetzt mit mir gesprochen hast und ich erst seit kurzen in der Lage bin deine Eltern zu kontaktieren! Wir können dein Schweigen auf ein Trauma deiner Wahl schieben!" erklärte er und beugte sich etwas vor.

„Warum sollte ich dir glauben..."

„Bleibt dir etwas Anderes übrig? Ich will, dass es dir gut geht und du dich wohl fühlst!" Konnte ich diesem Kerl wirklich vertrauen? Er wirkte freundlicher als bei unseren ersten Begegnungen. Sein arrogantes und machogleiches Auftreten war einem ehrlichen und aufrichtigen Bild gewichen. Ob gespielt oder nicht ich hatte nach wie vor nichts zu verlieren.

„Wann?" wollte ich wissen.

„In einer Woche!"

„In einer Woche?"

Sein Wort - Mein Gesetz (slow update / In der Überarbeitung)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt