🧑🏻‍🦳 Kapitel 29💍

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Als ich aus dem Bad trat, zuckte Akane zusammen. Meine Meisterin blickte mich unschuldig an, während ihre plötzliche Nervosität das mir unbekannte Verbrechen preisgab. Verwirrt setzte ich mich neben sie. Der Tee, den ich zuvor gemacht hatte, hatte gut gezogen und schmeckte hervorragend. Geniesserisch liess ich mir den Geschmack auf der Zunge vergehen.
"Wir sollten vielleicht auf unseren Spaziergang verzichten bei diesem Wetter", wandte ich ein. Was wir gerade am wenigsten gebrauchen konnten, war dass sie sich eine Erkältung einfing. Jetzt, wo ich sie endlich aus dem Bett gekriegt hatte.
"Ich fand es nicht so schlimm..." Die Augen meiner Meisterin zeigten, dass sie nicht ganz bei der Sache war. Woran denkt sie denn?
"Jetzt noch, aber sagt das dann, wenn Ihr krank seid-" Vibrierend meldete sich das Telefon, das sich am anderen Ende des Tisches befand. Ich griff danach und überflog die Mitteilungen, die eingegangen war.
'Ruf mich an, wenn du etwas brauchst' Akane war zuvor online gewesen. Hisoka war es noch immer. Ich wollte meinen Meister zwar vor allem beschützen, dass sie in einer Weise zurückwerfen könnte. Dennoch, wenn sie sich selbst dazu entschied, ihm zu antworten, dann sollte sie das tun. Also schob ich es ihr zu.
"Tut mir leid"
"Warum denn? Wenn Ihr denkt, Ihr seid bereit dafür..." Ein zaghaftes Lächeln bildete sich auf ihren Lippen.
"Wollt Ihr ihn anrufen?" Zwiegespalten verneinte sie meine Frage. Schliesslich nickte sie trotzdem.
"Sicher?" Ein Kopfschütteln. Gedankenverloren starrte sie das Gerät an. Als es zu Klingeln begann, erschrak sie so heftig, dass sie einen Teil ihres Tees ausleerte. Auf der Stelle holte ich einen Lappen aus der Küche. Sie wollte ihn mir wegnehmen, doch ich hatte andere Pläne. So schob ich Akane mit dem Telefon in der Hand ins Schlafzimmer, damit sie sich darum kümmern konnte, ob sie telefonieren wollte oder nicht.

Es dauerte lange, deswegen entschied ich mich kurzerhand dazu, ihr einen Geburtstagskuchen zu backen. Naja, eigentlich hatte ich das vorher schon im Sinn, aber konnte ich ja nicht, wenn ich ihr Gesellschaft leistete, was ich überaus gerne tat. Für den Kuchen hatte ich mich extra in eine spezifische Bäckerei eingeschlichen und das Rezept für die Erdbeertorte kopiert. So gab ich mir grösste Mühe, die Schritte der Anleitung zu folgen, damit er auch gleich schmeckte. Ich hatte keinerlei Ahnung, ob das so aussehen sollte, wie es tat, denn ich hatte noch nie einen Kuchen gebacken. Immerhin war Akane strikt dagegen, dass ich süsses ass und auch sie achtete sehr auf ihre Ernährung. Den Backofen geöffnet und die Masse in einer Kuchenform gefüllt, wollte ich sie gerade hinein schieben, als die Türe zu Akanes Schlafzimmer lautstark aufflog. Besorgt stellte ich das Backblech ab. Akane warf mir im Vorbeigehen ihr Handy an. Gleich darauf rastete das Schloss im Badezimmer mit einem Knarzen ein. Das bekannte Geräusch des Erbrechens drang aus dem Raum.
"Alles in Ordnung? AKANE?", rief Hisoka aus dem Lautsprecher. Sie hatte seinen Anruf wohl tatsächlich angenommen. Ich räusperte mich, während ich meinen Weg zurück in die Küche machte.
"Ja, alles in Ordnung." Das Smartphone zwischen Ohr und Schulter eingeklemmt, schob ich den Kuchen in den vorgeheizten Ofen.
"Kichiro! Endlich meldet sich mal jemand. Das klang aber nicht so, als ob alles gut wäre. Kann ich bitte mit Akane sprechen-"
"Akane übergibt sich gerade." Meine Augen wanderten zu der dunklen Badezimmertüre. Von dahinter drangen noch immer die altbekannten Würgegeräusche. Seufzend stellte ich ein Glas Wasser bereit und holte das Putzmittel aus dem Schrank.
"Was? Wo seid ihr?! Ich komme so schnell ich kann!"
"Brauchst du nicht. Ich kümmere mich um sie."
"Kichiro, das war keine Frage! Ich werde kommen! Wo wohnt-"
"Wolltest du dich nicht von uns fernhalten!?", unterbrach ich ihn hart. Sofort verstummte der Magier. Am Backofen stellte ich den Timer für den Teig. Er antwortete nicht mehr, was ich als Bejahung registrierte.
"Also tu es auch!", forderte ich.
"Okay", hauchte der Rothaarige zerrüttet.
"Ich möchte ihr trotzdem etwas zum Geburtstag schenken. Wenn schon nicht bei euch Zuhause, können wir uns irgendwo anders treffen." In dem anderen Raum war es gefährlich still geworden. Also trennte ich mein Bewusstsein aus dem Ring. Akane lag bewusstlos auf dem Boden. Ihre Position hatte sie jedoch so angepasst, dass sie das locker überstand. Einen Teil von mir überwachte sie, aber nur ein winziger. Den anderen brauchte ich vielleicht dort, wo ich hingehen wollte. Somit zog ich mit dem Körper Schuhe und Jacke an.
"Technikmarkt Altstadt..." Einen kurzen Blick warf ich auf die Uhrzeit. Der Tortenboden hatte eine Stunde Backzeit.
"In einer halben Stunde. Ich habe genau fünf Minuten."

"Danke, dass du kommen konntest...", begrüsste mich der Rothaarige. Das Grinsen fehlte auf seinem Gesicht. Ansonsten war er derselbe wie zuvor. Die auffällige Kleidung, die Zeichnungen auf den Wangen, die aufgeweckten gelben Augen.
"Hi", begrüsste ich ihn knapp. Als er nicht weitersprach, blickte ich auf die grosse moderne Uhr über dem Technikmarkt.
"Noch vier Minuten!" Meine Augen wanderten von den Zeigern zu seinen hinunter, ohne dass ich den Kopf bewegte. Sofort kramte er in seiner Hosentasche herum und überreichte mir ein sauber eingepacktes, kleines Geschenk.
"Wie geht es ihr sonst, wenn sie sich nicht gerade übergibt?"
"Was denkst du denn!?", fragte ich sarkastisch. Der Magier kratzte sich unsicher am Kopf.
"Wenn du das so sagst, nicht gut..." Wieder sah ich auf die Uhr.
"Richtest du ihr bitte aus, dass-"
"Nein", warf ich ein. Meine Augen fixierten ihn entschieden.
"Sie wollte, dass du aus ihrem Leben verschwindest und du hast zugestimmt. Ich werde ihr dein Geschenk überreichen. Aber danach werde ich dich in keinster Weise mehr erwähnen!" Hisoka seufzte.
"Ruf mich trotzdem an, wenn etwas sein sollte. Nur weil sie mich nicht mehr sehen will, heisst das nicht gleich auch das umgekehrte." Ich schnaubte. Seit wann benahm er sich so?
"Magst du sie?"
"Mehr als jeden anderen Menschen!"
"Dann ein kleiner Tipp für deine Zukunft. Wenn du jemanden magst, dann zeig das auch. Ansonsten wird es genau gleich laufen, wie mit Akane." Damit drehte ich mich um und nahm verschlungene Wege zurück nach Hause, sodass ich den Zauberer abschütteln konnte. Aber als das alles nicht half, trennte ich mein Bewusstsein ein weiteres Mal auf. Die körperlose Form platzierte sich zwei Strassen weiter und zog mit einem explosiv einsetzenden Hatsu eine enorme Menge Aura frei. Und so wie Hisoka nun mal war, nahm das seine Aufmerksamkeit vollständig ein, wodurch ich endlich verschwinden konnte.

Als ich nach Hause kam, war Akane noch immer bewusstlos. Deshalb kümmerte ich mich weiter um den Kuchen. Konzentriert halbierte ich den Boden in der Mitte, kramte die Crème aus dem Kühlschrank und fügte die frischen Erdbeeren hinzu. Mit den anderen Augen sah ich, wie sie ihre Lider aufschlug. Da die Torte fertig war, setzte ich den Körper an den Tisch, um meinen ganzen Fokus meinem Meister zu widmen.
"Endlich seid Ihr wieder wach." Ich blieb artig sitzen, damit sie sich sammeln konnte und schlüpfte dann wieder in den Körper.
"Würdet Ihr mir den Gefallen tun und etwas schickes anziehen?" Sie sah mich verwirrt an, stimmte aber trotzdem zu.
"Okay." Ungeduldig wartete ich, bis sie wieder aus ihrem Zimmer kam.
"Setzt euch!" Aus dem Kühlschrank schnappte ich die Erdbeertorte, zündete Kerzen an und stellte diese auf den Tisch.
"Happy Birthday" Neben den Kuchen stellte ich die beiden Geschenke: Meines und das von Hisoka. Neben seinem sah meines ziemlich schäbig aus. Aber es kommt ja auf die inneren Werte an...
"Packt zuerst meines aus!", forderte ich aufgeregt. Überrascht quiekte sie auf, als die hineingestopften Banknoten, wie durch eine Feder gespannt, herausspickten.
"Für jeden Schritt, den Ihr mit mir bei unseren Spaziergängen gegangen seid, habe ich 500 Jenny auf die Seite gelegt." Erstaunt schaute sie vom Geld zu mir, zum Geld und zu mir.
"Wann hast du-?" Überrumpelt brachte sie keinen richtigen Satz zustande. Trotzdem verstand ich, was sie meinte.
"Ich habe gearbeitet, wann immer Ihr geschlafen habt. So konnte ich die Zeit in  Ihren Wachphasen mit euch verbringen und die Ruhezeit optimal nutzen", erklärte ich die Sachlage ruhig. Es war mir wichtig, dass sie für ihre Mühen belohnt wurde. Vor allem, nachdem sie sich aus einem solchen Loch ziehen musste.
"Jin du bist... unglaublich", hauchte mein Meister verblüfft. Ich fing ihre Augen mit meinen ein. Dankbarkeit und Anerkennung spiegelte sich in ihnen.
"Für meinen Meister würde ich alles tun." Akane umarmte mich fest. Auch ich legte meine Hände sanft auf ihren Rücken und drückte sie an mich.
"Was würde ich ohne dich tun...", murmelte sie. Grinsend löste ich mich von ihr.
"Ach Ihr hättet das schon im Griff. Dennoch würde ich gerne eine Bitte daran hängen." Darüber hatte ich schon eine Weile nachgedacht. Akane brauchte wieder einen neuen Sinn im Leben, ein Ziel zu verfolgen. Mit einer neuen Aufgabe würde sie auch viel besser auf andere Gedanken kommen.
"Alles Jin."
"Bitte schreibt eine Bucket List. Eine Liste mit Dingen, die ihr in eurem  Leben noch tun wollt. Und dann machen wir uns gemeinsam daran, sie  abzuarbeiten!"
"Das ist eine gute Idee", stimmte mir mein Meister lächelnd zu.
"Vor allem kommt ihr so mal wieder aus dem Haus, ohne dass ich euch zum herumlaufen zwingen muss", scherzte ich. Dann passierte etwas, das ich schon seit Ewigkeiten vermisste. Akane lachte. Die Hand vor dem Mund, lachte sie aus vollem Herzen. Zum ersten Mal konnte ich das Glänzen wieder in ihren Augen sehen. Und das machte auch mich glücklich.

Always him... // Hisoka ff HxHWhere stories live. Discover now