Warum man die erste Stunde nicht schwänzen sollte

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Tee und eine Mütze Schlaf halfen einen Scheiß. Ich hatte mich auf vielleicht zwei Tage Uni-Frei im Bett und ein verlängertes Wochenende außerhalb des Bettes gefreut, aber nein, nicht mit meinem Immunsystem. Wäre ja auch langweilig, wenn ich mal bekam, was ich wollte.

Jedenfalls war das Resultat des Ganzen schließlich, dass ich mich am Montag genauso beschissen fühlte wie nach dem Aspirin-Fiasko. Aber mit mäßigem Husten und keinem Schnupfen war es allem Anschein nach voll in Ordnung, mich wieder zur Uni zu schicken. Weil keiner meine Mutter schief ansah, wenn ich nicht mehr offensichtlich krank war.

Ehrlich, ich liebte diese Frau wirklich abgöttisch. Vor allem, wenn sie Doktor spielte und meinte, meine ständigen Infektionen kämen davon, dass ich nicht auf mich aufpasste. Und an meinen ständigen Darmentzündungen und dem Zottenschwund war bestimmt schuld, dass ich nicht genug Getreide zu mir nahm.

Am Arsch.

Ich lockerte meine Krawatte und atmete tief durch die Nase ein. Wenigstens das funktionierte wieder einwandfrei. Ein Hoch auf leere Nebenhöhlen – und auf volle Flure. Ich hatte nichts lieber, als mich Schulter an Schulter an meine beiden Schließfachnachbarinnen zu schmiegen, um an meine Sachen zu kommen. Und weil genau das ätzend war, blieb ich in einiger Entfernung wie ein Trottel mitten auf dem Gang stehen und starrte geradeaus. Da Gedankenkontrolle aber leider nicht funktionierte, sorgten meine zusammengekniffenen Augen nicht dafür, dass die zwei Mädchen in die Pötte kamen. Was mich allerdings auch nicht daran hinderte, meinen bösen Blick noch zu verbösern.

Zumindest, bis jemand Bestimmtes sich dazu entschied, mich zu belästigen.

Ein viel zu freundliches Erholsame Tage gehabt? ließ mich zucken – nur nicht, wie normale Menschen es taten. Wenn einem jemand von hinten etwas ins Ohr flüsterte, würde man ja eigentlich nach vorne springen oder auf der Stelle verharren. Meine Beine hielten es jedoch für ausgesprochen schlau, mich stattdessen einen Schritt in die entgegengesetzte Richtung zu befördern. Zielsicher gegen die Person hinter mir. Oder genauer: gegen diese eine Vorderseite, von der ich nachts ständig ohne Kleidung träumte.

„So gut mir diese Position auch gefällt, ich schätze, sie ist eher was fürs Schlafzimmer, Jonah."

Ich schloss die Augen. Wegrennen wäre eine super Option, aber mein zweites Gehirn war zu beschäftigt damit, sich vorzustellen, wogegen ich mich da gerade presste.

Ob es wohl irgendwie möglich wäre, meinen Hintern so zu bewegen, dass mein Gürtel sich im Knopf seiner Hose verfing und sie ihm herunterriss?

Ich verdrängte die Vorstellung. Zu viel Nachdenken in diese Richtung tat meinen Fortpflanzungsorganen nicht gut. Ich durfte nicht bei jedem Kontakt direkt einen Ständer kriegen. Ich musste mich einfach entspannt und desinteressiert geben. Als wäre er mir völlig egal.

Ich nickte mir selbst zu – Du kannst das! –, holte tief Luft und: „Bilde dir ja nichts darauf ein. Dein Schwanz interessiert mich in etwa so viel wie die Brüste meiner achtzigjährigen Großmutter."

„Ach?" Entgegen seinen Worten schien Alexander aber auch nicht unbedingt vorzuhaben, von mir abzurücken. Es wirkte eher, als wäre er plötzlich noch näher an mich herangerückt. Ich konnte seinen Atem spüren, wie er meine Wange streifte. „Dafür hast du ihm letzte Woche auf der Toilette aber erstaunlich viel Aufmerksamkeit gewidmet."

Ich schauderte. Da war Gänsehaut auf meinem gesamten Rücken. Vom Steißbein bis hoch zum Haaransatz. „Ja, weil ich einfach nicht glauben konnte, dass er ernsthaft so winzig ist. Was waren das bitte? Drei Zentimeter im ausgefahrenen Zustand?"

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