Warum man Geburtstagsgeschenke nicht annehmen sollte

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Nach unserem Nicht-Wildunfall dauerte die Fahrt noch fast weitere zwanzig Minuten. Zwanzig Minuten, in denen mir der Kopf schwirrte. Zwanzig Minuten, in denen ich mir bis zum Abwürgen des Motors nur eine einzige Frage stellen konnte:

„Was hat Sex in der Öffentlichkeit damit zu tun, ob in meinem Schritt genug Platz für deine Finger ist, wenn du meine von dort wegnimmst? Das ergibt keinen Sinn."

Alexander stoppte mitten in der Bewegung, die Tür zu seinem Haus schon zur Hälfte offen. Dann drehte er langsam den Kopf zu mir um, sichtlich erheitert, der Penner. „Das fragst du mich nach was? Einer halben Stunde?"

Ich reckte das Kinn. „Ist ja wohl nicht meine Schuld, wenn du so unsinniges Zeug von dir gibst, dass man da erstmal 'ne Ewigkeit drüber nachdenken muss."

Er nickte, sogar noch langsamer als bei seiner Kopfdrehung eben, bevor er mir aufs Neue seine Zähne zeigte. „Dumm fickt gut, hm?"

Mir klappte der Unterkiefer runter, weil was zum Henker? „Nur zu deiner Info: Ich kann überhaupt nicht dumm sein!"

„Ach?" Er trat einen Schritt zur Seite, um mir in Gentleman-Manier die Tür aufzuhalten. Wobei er sich die sonst wohin stecken konnte, die kaufte ihm doch eh keiner mehr ab, nachdem er sich eben so ekelhaft vulgär ausgedrückt hatte! „Erklärst du mir auch, wieso nicht?"

Ich warf ihm einen bitterbösen Blick aus zusammengekniffenen Augen zu und stampfte an ihm vorbei ins Innere. „Das liegt ja wohl auf der Hand! Ich hatte noch nicht mal meinen ersten Kuss, wie soll ich denn da gut im Bett sein? Und wenn ich nicht gut im Bett bin, kann ich nicht dumm sein. Punkt!"

„Mh." Es klickte, als er hinter uns abschloss. „Ich denke, es liegt an mir, das zu beurteilen, meinst du nicht?"

Ich wollte irgendetwas total Gewieftes antworten, aber mir blieben die Worte im Hals stecken. Nicht unbedingt, weil ich mich bei der Verteidigung meiner Intelligenz ungewollt in anderen Bereichen denunziert hatte, sondern weil da plötzlich eine Brust an meinem Rücken und zehn Finger um meine Oberarme waren, die sehr, sehr gemächlich bis zu meinen Handgelenken nach unten tippelten. Nachdem er angedeutet hatte, meine Kamasutra-Qualitäten beurteilen zu wollen!

„Mir fällt gerade ein, dass ich dir noch gar nicht richtig zum Geburtstag gratuliert habe."

Waren das nur hormonbedingte Hirngespinste meinerseits oder verließen seine Finger gerade meine Arme, um mich dort zu berühren? An meinen Rippen! So etwas gehörte sich nicht!

Ich schauderte. „Dann gib mir halt endlich mein Geschenk, sonst werd' ich bald neunzehn und du schuldest mir zwei."

„So materiell hätte ich dich gar nicht eingeschätzt." Er ließ von mir ab und ich – ich hasste mich mal wieder dafür, daran schuld zu sein.

Ich sollte echt Unterricht im Cockblocking geben.

„Pfft." Schnaubend drehte ich mich zu ihm um. „Gib mir 'nen Hunderter und du siehst, wie materiell ich wirklich bin."

Stille. Wir nutzten sie beide, um ganz in Ruhe zu analysieren, was für einen Scheiß ich da gerade von mir gegeben hatte. Bloß, dass wir zu unterschiedlichen Ergebnissen kamen.

„Dann", ein Fünfhunderteuroschein tauchte direkt vor meiner Nase auf, „zeig mir doch mal, wie materiell du dafür bist."

Also, generell war ich ja ein verdammter Schisser. Zwar gab ich gerne mal Konter, aber eben bloß sprichwörtlich. Hieß, ich hatte eine enorme Klappe und nichts dahinter. Ich glaube, das war auch der Grund, warum ich um einiges entsetzter als Alexander wirkte, als meine flache Hand nicht gerade leicht mit seiner Wange kollidierte.

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