Part 78

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Vor der Türe bin ich leicht nervös, während ich anklopfe und auf seine Stimme warte.
Da nach weiterem dreimaligen klopfen immer noch keine Reaktion kommt, geh ich einfach unaufgefordert in das Zimmer.
Stephand schläft und ich schleiche mich desshalb auf Zehenspitzen an sein Bett.

Mein Gott Stephan, du bist weiß wie eine Wand.

Seine lädierte Hand ist dick mit einem weißen Verband eingebunden und ruht auf seinem Bauch.
Die andere liegt direkt neben seinem Körper auf der Matratze.
Da ich ihn schlafen lassen möchte, hole ich leise einen Stuhl vom Tisch, der gegenüber an der Wand steht und setze mich neben sein Bett.
Ich kralle mir seine unversehrte Hand, halte sie mit meinen beiden Händen fest und lege meinen Kopf sanft auf seinen Rippen ab.
"Ich hoffe du kannst bald wieder nach Hause kommen. Warum musste das auch passieren? Weist du, Markus war heute total bescheuert. Keine Ahnung was mit ihm los war..." ich spiele während meiner Erzählung an seinen Fingern rum, da mich das irgendwie beruhigt "Ja, der ist immer bescheuert, ich weiß..  aber heute hat er sich selbst übertroffen. Er war mit mir bei dem EEG, hat aber kein einzigstes Wort mit mir gesprochen. Und weißt du was die Höhe ist? Das hat mich wirklich verletzt... Ich meine... Ich denke nicht das er das mit jemand abgesprochen hat und ich will auch gar nicht wissen was er dem Arzt erzählt hat...Keine Ahnung ob der das einfach so veranlassen darf...aber er hat einen Drogentest angeordnet" ich seufze schwer auf, da ich für einen kurzen Augenblick den Glauben an die Menschheit verliere.
"Er hat WAS?" Stephans Stimme ist noch etwas schwach, trotzdem überrascht es mich das er antwortet, da ich dachte das er fest schläft.
"Hey, du bist wach! Wie geht's dir? Hast du starke Schmerzen?"
"Stopp, stopp... Was hat Markus bitte gemacht?" Stephan ist mehr als entsetzt und als sich unsere Blicke treffen, schüttelt er ungläubig mit dem Kopf.
"Reg dich nicht auf. Das ist doch jetzt egal! Ich dachte du schläfst..." ich setze mich wieder aufrecht auf den Stuhl, lasse seine Hand aber trotzdem nicht los:
"Jetzt sag schon, wie geht's dir?"
Stephan rutscht so weit wie möglich auf die Seite und klopft neben sich aufs Bett:
"Komm schon her. Na los!"
Das lass ich mir garantiert nicht zweimal sagen, ziehe meine Schuhe aus und kuschel mich direkt an ihn dran.
"Jetzt wieder viel besser!" sein leichtes Brummen lässt seine Brust vibrieren, was mich auch sofort wieder friedlich stimmt.
"Danke Zoey!"
"Für was denn?" leicht verwirrt schaue ich ihm ins Gesicht, um herauszufinden, wofür er sich bedanken will.
"Dafür das du mich so super versorgt hast. Es tut mir leid, ich hätte besser aufpassen müssen. Das wollte ich dir wirklich nicht zumuten!" er legt seinen Arm fest um mich und lehnt seinen Kopf gegen meinen.
"Dafür musst du dich weder bedanken, noch entschuldigen. Du hast das nicht mit Absicht gemacht. Ich bin einfach nur froh das es dir soweit gut geht und deine Finger zu retten waren. Wie geht's denn jetzt weiter?"
"Ich muss ca. eine Woche hier bleiben. Nach drei Wochen sollte die Wunde verheilt sein und erfahrungsgemäß ist in drei Monaten die Funktion wieder hergestellt. Aber das ist ja auch wieder bei jedem unterschiedlich. Das wird schon werden! Wie war denn deine Untersuchung?"
"Der Arzt war ganz nett. Es war anstrengend, da er versucht hat Anfälle zu provozieren. Ich hatte so angst davor... es ist aber zum Glück nichts passiert. Die Ergebnisse bekommen bestimmt Alex, Phil oder Oli" während dem erzählen, fange ich schon wieder an zu Gähnen und merke jetzt erst so richtig, wie fertig ich eigentlich bin.
"Das hört sich soweit doch schonmal gut an. Jetzt ruhen wir beide uns erst mal aus, mh? Du bist total fertig und ich kann auch noch keine Bäume ausreisen"
Meine Augen schließen sich ganz von alleine weil ich mich bei Stephan einfach wieder total wohl fühle.
Immer wieder döse ich leicht weg, schlafe aber nie richtig und bekomme fast alles um mich herum mit.

Es klopft leise an der Türe, worauf irgendjemand in das Zimmer kommt.
Stephan hat anscheinend auch nicht so fest geschlafen, da er sich unter mir leicht bewegt.
"Sorry Stephan, wollte dich nicht wecken!" Phil scheint hinter meinem Rücken zu stehen und flüstert ganz leise.
"Alles gut, ich hab eh schon viel zu viel geschlafen."
"Alles gut bei dir? Hast du Schmerzen?"
"Ne, soweit ist alles gut. Ich bin einfach nur froh das meine Finger wieder dran sind! Hab schon mit dem schlimmsten gerechnet" er gähnt nonstopp vor sich hin und verstärkt seinen Griff um mich herum wieder ein bisschen.
"Hat bei Zoey alles geklappt? Ich hab sie vor der Untersuchung auf dem Gang getroffen. Sie war so nervös und Markus total abweisend. Das hat mir so leid getan..." er seufzt schwer auf und streicht mir über den Rücken.
"Als sie zu mir gekommen ist, dachte sie das ich schlafe, aber ich war nicht mehr im Tiefschlaf. Sie hat mir ein bisschen was erzählt. Anscheinend war er total abweisend und hat kein Wort mit ihr gesprochen! Was ist denn mit ihm los? Der sollte eigentlich als Stütze für Zoey fungieren und ihr nicht noch ein schlechtes Gefühl vermitteln. Aber weist du was die Höhe ist? Er hat einen Drogentest veranlasst! Wusstest du davon?" Stephan steigert sich von Sekunde zu Sekunde mehr rein und wird wirklich mächtig sauer.
"Er hat was? Nein, davon weiß bestimmt niemand. Wieso sollten wir auch einem Drogentest veranlassen? Wir hatten nur beauftragt, das man nach dem Eisenwert schauen lässt, sonst nichts weiter. Ich glaub es ja nicht.." Phil ist jetzt auch wütend, was mich allerdings irgendwie freut weil ich somit weiß, das die Männer mir wirklich vertrauen.
Kopfschüttelnd bestätigt Stephan Phils Ärger und die beiden sind sich einig, Markus in nächster Zeit von mir fern zu halten.
"Ich werd nachher mit Dr. Fischer reden und informiere dann unsere restliche Bande. Tom macht ihn sicherlich einen Kopf kürzer. Markus sollte ihn über die Untersuchung informieren, weil er nach Dienstschluss zu Rebekka geht. Bin gespannt was er da alles rauslässt!"
"Du wirst ja nicht glauben das er erzählt, das er kein Wort mit Zoey gesprochen und einen Drogentest veranlasst hat?!" Stephan spannt sich merklich unter mir an, was die ganze Lage hier wirklich ungemütlich macht.
"Nein. Bestimmt nicht!"
Ich öffne meine Augen und richte meinen Blick auf Stephan:
"Der wird Tom bestimmt sagen, das ich ihn angemotzt habe und einfach abgehauen bin!"
Phil legt eine Hand auf meinen Rücken, worauf ich mich so gut wie möglich zu ihm drehe.
"Wir regeln das schon! Du hast bei Oli Bescheid gegeben, der hat uns alle informiert und deine Reaktion ist nachvollziehbar. Du brauchst dir keinen Kopf zu machen, okay?"
"Okay...Danke!" ich grinse ihm leicht entgegen und platzieren meinen Kopf dann wieder auf Stephan.
Ein erneutes klopfen, kündigt neuen Besuch an und Alex kommt mit Franco im Schlepptau ins Zimmer.
"Also kleine, ich verkrümel mich jetzt mal wieder. Stephan ich komm später nochmal vorbei, ruh dich aus" Phil erhebt sich vom Stuhl, wuschelt mir durch die Haare und zieht Alex mit Franco gleich wieder mit aus dem Zimmer raus:
"Kommt ihr kurz mit?"
Die drei verlassen zusammen den Raum und Stephan zieht wieder meine Aufmerksamkeit auf sich:
"Jetzt müsst ihr morgen doch eine Jungle-Party feiern!"
"Das ist vollkommen egal! Den Rasenmäher fasst keiner mehr an!" mein böser Blick trifft auf Zustimmung und wir kuscheln noch so lange, bis Alex und Franco wieder das Zimmer betreten.

Während die Männer sich miteinander unterhalten, kämpfe ich mich in eine aufrechte Position um schnell die Lage meines Aussehens zu überprüfen.
Ich werfe in dem kleinen Badezimmer ein Blick in den Spiegel.
Nachdem ich feststellen muss, das nichts mehr zu retten ist, laufe ich wieder zu den Männern zurück.

Nebenher prüfe ich mein Handy und muss erkennen, das Markus neunmal versucht hat mich anzurufen.
Unbedacht murmel ich vor mich hin, dass das wieder Ärger geben wird.
"Was gibt Ärger?" Franco zieht mich mit Schwung auf seinen Schoß und starrt mich fragend an.
"Markus hat neunmal angerufen. Ich hab ihn einfach stehen lassen und nicht gesagt, wo ich hingehe.."  ich seufze vor mich hin und schaue Franco entschuldigend ins Gesicht.
"Keine Sorge. Der soll ruhig sein! Hätte ich an deiner Stelle nich anders gemacht! Der einzigste, der einen Anschiss bekommt, ist er" Franco zieht mich an sich und mich durchströmt Erleichterung, da anscheinend die ganze Männerschar hinter mir steht.
"Also, dann packen wir es mal!" Alex erhebt sich als erstes, worauf Franco und ich folgen.
Nach der Verabschiedung von Stephan, machen wir uns auf den Weg nach Hause.

Auf dem Heimweg erzähle ich den Beiden von Marku's Aktion zuhause und in der Klinik.
Die beiden Männer sind ziemlich angepisst und entschuldigen sich tausend mal.
"Ist doch nicht eure Schuld! Aber ich weis echt nicht, was mit dem gerade los ist! So krass war der noch nie drauf."
"In Zukunft gehst du nur noch mit einem von uns zu irgendwelchen Terminen. Das kann doch nicht sein das der sich so benimmt.... Halte einfach ein bißchen Abstand zu ihm okay?" Franco dreht sich zu mir um meine Reaktion zu überprüfen.
"Was meinst du was ich die letzten Jahre versuche? Aber der riecht das förmlich, wenn ich irgendwo bin..." ich seufze genervt auf und überlege, ob ich ihnen noch von meinen erneuten lahmen Arm erzähle.

Mitbekommen werden sie es eh, von daher sag ich es doch lieber gleich von mir aus.

"Mein Arm ist heute schon wieder so gefühllos geworden!"
"Schon wieder?" Alex wirft einen kurzen Blick in den Rückspiegel.
"Ja... Dann sind mir meine Klamotten aus der Hand gerutscht und natürlich musste ich dann die Treppe runterfallen. Aber soweit ist nichts passiert. Ich bin nur der Meinung das es immer länger dauert, bis das Gefühl wieder zurückkommt.."

Vielleicht ist es gut, wenn sie die Regelmäßigkeit mitbekommen...
Falls es dann wirklich von diesen Kapseln kommt...
Vielleicht, vielleicht, vielleicht...
Das macht mich ganz Wahnsinnig!

"Wir warten jetzt mal die Ergebnisse des EEG und der Blutuntersuchung ab. Vielleicht sind wir danach etwas schlauer! Aber gut das du das erzählst!" wenigstens ist Alex jetzt einigermaßen zufrieden.

Leben verbocken  -Master Edition-   (ASDS)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt