8 | Spielplatzabende

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Es war ein paar Wochen später, als ich auf dem Heimweg vom Training war. Die Tage wurden langsam wieder länger und so kratzte die untergehende Sonne an den Plattenbauten, während die kühle Märzluft in meine Lungen zog. Gelächter klang vom Spielplatz her und ich entdeckte eine Gruppe Jugendlicher, die dort zusammensaß. Deutschrap aus einem Ghettoblaster, Wodka in den Händen von einem Mädel mit schwarzen Locken. Geruch nach Gras und Kippen, auch der süßliche einer E-Shisha. Hatte sich nichts dazu geändert, zu den Zeiten, als wir jene gewesen waren, die ihre Abende dort totschlugen. Ein Typ war auf den oberen Balken der Schaukel geklettert und ließ die Beine baumeln, zwischen seinen Fingern brannte eine Kippe.

Ich wollte gerade weitergehen, da erkannte ich das Bandana, das unter dem Pulliärmel hervorblitzte. Leonardo. Ich verlangsamte meine Schritte und baute Blickkontakt auf, nickte ihm zu.

„Ey, wie cool! Jay!", rief er mir zu, als er mich einen Moment später ausmachte. Er rutschte auf dem Balken vor und ich kniff meine Augenbrauen zusammen. Der wollte doch nicht ernsthaft darunter springen, oder? Doch. Wollte er. Er stieß sich ab und landete vor der Schaukel. Verzog das Gesicht, auch wenn er sich alle Mühe gab, einen auf cool zu machen.

Einen Augenblick später stand er vor mir und klopfte sich die Holzspäne von der abgenutzten Jeans.

„Was geht, Bruder?" Wir begrüßten einander mit Handschlag, ehe ich meinen Blick über die anderen gleiten ließ. Abcheckte, wen von ihnen ich kannte.

„Saufen, dies das, bei dir?"

„Training." Ich nickte in Richtung meiner Sporttasche.

Leonardo lachte und machte eine Geste, die die hiesige Saufveranstaltung einschloss. „Bei mirs das auch Training."

Kurz blieb mein Blick an der mit den dunkelbraunen Locken und der prolligen Goldkette um den Hals hängen. „Die kleine Fotze kenn ich noch. Hab die vor paar Jahren immer zum Klauen gezwungen", machte ich mich lustig, laut genug, dass sie mich hören konnte, ehe ich auf den Boden rotzte. Es war ein vergleichsweise lauer Abend, sodass ich lediglich meinen Pulli trug und doch nicht fror.

Leonardo lachte. „Ach, komm, Kat is korrekt." Er nahm einen tiefen Zug seiner Zigarette und ich roch den Geruch von Bier, den ihn umgab.

In diesem Moment spürte ich einen Lufthauch und Kat stand dicht bei mir. Sie reichte mir mittlerweile bis zur Nasenspitze, groß für ne Frau, und war stämmig gebaut. Niemand, der sich leicht umboxen lassen würde.

„Ey, du kleiner Bastard, willse das spüren?", zischte sie. Eine schnelle Bewegung in die Tasche ihrer Jogginghose und ich sah ein Butterfly vor meinen Augen aufspringen. Süß.

Ein Johlen ging durch die Gruppe und zwei Typen mit Boxerschnitt und Pusherbag kamen zu uns rüber, um ja nichts zu verpassen. Aber da musste ich sie enttäuschen, ich war heute nicht in der Stimmung für ne Show. So ignorierte ich Kats Messer und wandte mich Leonardo zu. Völlig unbeirrt, was juckte mich der Anblick einer Klinge schon.

„Ey, hasse mal was zu saufen?"

„Klar." Er schmiss seinen Kippenstummel weg und schlenderte zu dem Sandkasten, wo neben dem Ghettoblaster eine aufgerissene Palette Dosenbier lag. 5,0 natürlich, was sonst.

In Kats Gesicht tauchte Irritation auf und sie wusste offensichtlich nicht, wie sie reagieren sollte. Mir weiter die Klinge in die Fresse drücken, aber klar, brachte augenscheinlich nichts. Zustechen würde sie eh nicht, das war von Anfang an klar gewesen, und so tat sie das einzige, was ihr übrig blieb: Das Messer zurückziehen und in ihrer Hosentasche versenken. Begleitet von ein paar Flüchen taxierte sie mich mit einem giftigen Blick, ehe sie zu einem blassen Typen trat und sich die Wodkaflasche zurückholte.

Die Verlierer - Herz aus BetonWhere stories live. Discover now