Nanouks Bestimmung

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Arini1993

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Arini1993

Der Winter in Alaska ist in diesem Jahr noch kälter, härter und erbarmungsloser als in den Jahren zuvor. Die dichte, weiße Schneedecke breitet sich über das gesamte Land aus und legt sich sanft über Häuser, Höhlen und Wälder.

»Avara«, rufe ich nach meiner großen Schwester, die viel weiter vorne ist als ich und nicht den Anschein macht, auf mich warten zu wollen. »Wann sind wird endlich da?«

»Wenn du weiter so hinter mir her schleichst, vermutlich nie!«, entgegnet sie in einem scharfen Ton. »Bis zur Basis ist es noch eine Stunde Fußmarsch, ehe uns der Schneesturm einholt.«

»Noch eine Stunde?! Das schaffe ich nicht! Ich habe nicht so viel Ausdauer wie du und außerdem...«

»Schweig!«, unterbricht sie mich abrupt. »Ich habe dir von Anfang an gesagt, dass du zuhause bleiben sollst! Wieso hast du nicht auf mich gehört, Nanouk?!«

Die Antwort auf ihre Frage ergibt sich wie von selbst – ich bin verdammt stur. Mein Starrsinn hat uns in der Vergangenheit schon des Öfteren in große Schwierigkeiten gebracht, weshalb ihre Reaktion mehr als verständlich ist.

»E-es... tut mir leid...«

»Dafür ist jetzt keine Zeit«, sagt sie trocken und sieht dabei in den Himmel. Sie formt ihre Augen zu Schlitzen und zückt ihr Satellitentelefon. »Verdammt! Max, komm schon! Heb ab!«

»Was ist los?«

»Max hebt nicht ab, das ist los.« Avara sucht mit prüfendem Blick den Waldrand ab. Schnaubend geht sie einige Schritte auf mich zu und als sie vor mir steht, sieht sie mir tief in die Augen. »Hör mir jetzt gut zu, Nanouk«, sie umfasst meine Oberarme mit festem Griff, »ich gebe dir das Satellitentelefon und gehe allein weiter.«

»Was?! Nein, auf keinen Fall!«, protestiere ich.

»Sei still!« Sie schreit mich mit aufgerissenen Augen an und ihr warmer Atem streicht sanft meine Wangen. »Wegen dir sind wir erst in diese beschissene Lage gekommen! Also hör gefälligst auf mich und tu, was ich dir sage!« Ich nicke stumm. »Gut. Du nimmst das Satellitentelefon und gehst weiter nach Norden. Nach zirka zwanzig Minuten kommt ein Aussichtspunkt, dort kletterst du rauf und suchst nach einer Höhle.«

»Aber... was, wenn irgendein gefährliches Tier in der Höhle Winterschlaf hält?!«

»Nanouk, hör zu... du hast gemeinsam mit Sam und Nathan das Überlebenstraining absolviert. Was musst du tun, bevor du eine Höhle betrittst?« Ich starre sie unwissend an, weil ich während des Überlebenstrainings damit beschäftigt gewesen bin, einzelne Haarsträhnen zwischen Daumen und Zeigefinger umher zu zwirbeln und dabei Sam Longcaster anzuschmachten. Während des Praxistrainings haben wir uns im Wald versteckt, um miteinander rumzumachen. »Nanouk! Das hier ist kein Spiel! Wir müssen uns beeilen, ansonsten schafft es keine von uns beiden zur Basis und wir wissen nicht, was mit Max los ist. Vielleicht ist ihm etwas zugestoßen... dass er nicht antwortet, sieht ihm nicht ähnlich.«

Anthologie im WinterWhere stories live. Discover now