3. Kapitel

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"Und das ist die Höhle von unserer Familie.", beendete ich die Führung durch unser Lager.
Galaxie nickte und blickte wieder nervös zum Ausgang. Das machte er schon seit Beginn unseres Streifzuges.
Das beruhigte Rost nicht wirklich, der extra als letzter ging, da er den schwarzen Wolf im Auge behalten wollte.

Als Galaxie weg war, fragte ich: "Und irgentwas verdächtiges? Hat er jemanden umgebracht? Gefoltert?"
Rost sah mich genervt an, da es sichtlich war, dass ich seine Angst nicht ernst nahm.
"Ich bin eben vorsichtig!", beschwerte er sich und schlug nach mir. Dank meinen miesen Reflexen traf er sein Ziel- mein Gesicht- und ich taumelte zurück.

Rost lachte.
"So. Jetzt haben wir uns beide über den jeweils anderen lustig gemacht.", stellte mein Bruder fest.
"Würden wir immer nach dem Prinzip arbeiten, hätten wir ein Problem.", erwiederte ich Kopf schüttelnd. "Das sehe ich anders.", antwortete mein Bruder und zeigte dadurch wieder, wie verschieden wir waren.
Wobei vermutlich eher ich derjenige war, der sonst immer vorlaute Bemerkungen von mir gab.

Manchmal hatte ich das Gefühl, ich kannte Rost gar nicht wirklich und dieser Gedanke machte mit Angst. Wenn ich selbst die Wölfe nicht wirklich kannte, die mir nahe standen, was wenn ich dann alle anderen Wölfe im Rudel falsch einschätzte?
Kannte ich die Wölfe um mich herum überhaupt? Kannte ich mich überhaupt?

"Marder!" Ein Hieb mitten auf die Schnauze riss mich aus meinen melancholischen Gedanken und ließ mich Blut schmecken.
"Was war das gerade? Wo warst du?", fragte Rost. Seine Ohren waren nach hinten angelegt, sein Kopf gesenkt und sein Schweif wie versteift. Dies übermittelte mir Rosts Angst und Unsicherheit.

"Ich war hier.", erwiederte ich leise. "Du warst komplett in Gedanken. Das ist gruselig, wenn du so vor dich hin starrst und nur durch einen Schlag daraus geholt werden kannst!", sagte mein Bruder mit zitternder Stimme.

Auch wenn er es nie zugeben würde, hatte er Angst um mich und dies brachte mich ungewollt zum Lächeln. "Das ist nicht lustig du mini Fluss!", keifte Rost eingeschnappt.
Die Beleidigung prallte an dem Schutzschild meines Selbstbewusstseins ab. Die Insult stammt aus dem Myth, dass wir Wölfe als Gewässer wiedergeboren werden, wenn wir starben. 
War ein Wolf nett, so wurde er ein See oder, wenn er großes vollbracht hatte, im guten Sinne natürlich, so wurde er ein Meer.

Böse Wölfe, wie Sichel, wurden Rinnsale oder Pfützen, weswegen sich die Verbalinjurien Rinnsalherz, Pfützengroß oder ausgedorrter Geist bildeten.
Dies hielt ich allerdings für eine Legende, um Welpen zu guten Benehmen zu bringen. Schließlich würde dies bedeuten, dass Wölfe der Ursprung alles wären und das Bezweifelte ich stark. Wir waren auch nur Lebewesen.

"Tut mir leid. Wird nicht wieder vorkommen.", sagte ich und Rost beäugte mich abschätztend mit den kritischen, hellblauen Augen unseres Vaters und schüttelte den Kopf.
"Manchmal frage ich mich, wieso ich dich nicht schon in die Schlucht geschubst habe."
"Was soll das heißen?", fragte ich entrüstest. "Du denkst auch, du wärst der Bessere von uns, nur weil du etwas älter bist, als ich."

"Das denke ich nicht nur.", erwiederte mein Bruder und ich verdrehte die Augen. "Ich weiß es.", beendete er seinen Satz.

"Du bist zum kotzen!", knurrte ich und stolzierte mich hoch erhobenen Kopf an ihm vorbei.
Da ich kleiner war als er, musste ich mit meinem Ego für meine "Größe" sorgen.
"Flanier nicht so. Du beschmutz noch den Stolz unseres Vaters.", machte mein Bruder ungeschoren weiter. Obwohl ich nicht wollte, dass es wieder in einem Wortgefecht endete, konnte ich dies nicht auf mir sitzen lassen.

"Seit wann führst du Selbstgepräche?"

Die Tat der SonneWhere stories live. Discover now