5. Kapitel

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"Ich kann es nicht fassen!", schimpfte Rost und trat gegen einen Stock, der gegen eine Eiche, die fast schon kahl war, krachte und abprallte.
Hätte ich meinen Bruder nicht zur Seite geschubst, wäre der Ast gegen seinen Kopf gestoßen und hätte eine Beule hinter lassen.

Statt sich zu bedanken, fluchte Rost weiter vor sich hin.
"Er hat wenigstens nicht verboten, dass wir uns mit unseren Freunden unterhalten dürfen, um auf dem neusten Stand zu bleiben.", sagte ich aufmunternd.
"Was für Freunde?", kam es trocken zurück und ich verdrehte die Augen. "Nur weil du keine Freunde hast, heißt das nicht, dass ich keine habe!", erwiederte ich.

"Jaja. Wer bewacht den jetzt Galaxie?", fragte Rost gespielt bedauernd. "Wir haben gerade andere Probleme, als einen unschuldigen Wolf!", protestierte ich. "Kannst du ihn wenigstens für die nächsten zwei Tage vergessen? Bitte.", flehte ich.

"Na gut.", stimmte Rost zum Glück zu. Da er sich vorhin auch nicht bedankt hatte, schwieg nun ich und lauschte, ob ich Beute hören konnte.
Vergebens.
Vielleicht war ich auch einfach überfordert von dieser Situation. Welcher Vater setzte seine Söhne einfach im Wald aus, wegen einer kleinen Rauferei, bei der wir uns nicht einmal wirklich verletzt hatten?

"Unser Alpha hat ungerecht gehandelt!", stellte ich wütend fest. Ich hatte das Gefühl, dass Strudel sich für uns schämte und wir für ihn nicht gut genug waren.
Er war ein Held, seine Schwester war eine Heldin und auch unser Opa war ein Retter. Ich hatte das Gefühl, dass wir das gleiche leisten mussten.

So als würde der Wald meine Stimmung verstehen, begann es leicht zu regnen.
"Darf ich fluchen?", fragte Rost mit einem gespielten höflichen Ton.
"Nein! Das hilft auch nicht.", erwiederte ich und überlegte fieberhaft, wo es in unserem Territorium einen Unterschlupf gab. "Vielleicht holt uns V... unser Alpha zurück.", versuchte Rost positiv zu denken.

Alleine, dass wir beide das Wort Vater nicht mehr verwendeten, zeigte unsere Stimmung.
"Hör auf so optimistisch zu sein! Er wird uns nicht holen. Lieber würde er uns sterben lassen, als die Strafe zu mildern oder gar weg zu lassen!", knurrte ich.
Rost seufzte. "Kennst du noch das Baumdreieck?"
Ich nickte. "Es liegt aber nicht in unserem Territorium. Außerdem ist der Sturm wahrscheinlich weg, bevor wir uns auf den Steinberg bei dem Wetter hochgekämpft haben.", erwiederte ich.

"Hör mir zu Marder! Du darfst ein Realist sein, aber kein Pessimist. Jetzt komm. Wenn wir das sind, haben wir wenigstens für die nächsten Tage ein Zuhause.", sagte Rost aufmuntern und lief los.
Vielleicht auch für immer, schoss es mir durch den Kopf und wortlos folgte ich meinen Bruder. Wir machten einen großen Bogen um das Lager des Mond Rudels und kämpften uns stumm durch den Sturm, der sich nun über unseren Köpfen aufgebaut hatte.

Da es nun schon dunkel war, konnte ich nur die Umrisse meines Bruder sehen, während mir der Regen vom Wind in die Augen geblasen wurde.
Ich hätte mich am liebsten einfach hingelegt, meine Augen geschlossen und darauf gewartet, dass ich erfroren wäre, doch ich konnte Rost nicht einfach im Stich lassen. Also folgte ich ihm, auch als wir den kleinen, rutschigen Steinberg sahen. So klein war er eigentlich nicht, aber im Vergleich zu anderen Bergen, wirkte er wie eine Maus.

Alleine der Anfang des Aufstiegs motivierte zum Aufgeben. Zwar gab es einen Art kleinen Weg, den man noch oben entlang gehen konnte, doch um den Pfad zu erreichen, musste man einen gewaltigen Sprung nach oben bewältigen.

"Ich wette, ich brauche weniger Anläufe, als du.", sagte Rost. Ich wollte mich gerade beschweren, dass es der falsche Zeitpunkt war, um zu wetteifern, als ich seinen warmen Blick bemerkte. Es war keine normale Wette, wie sonst. Er wollte mich dazu bringen, nicht aufzugeben.
"Bereit zu verlieren?", fragte ich, nahm Anlauf und sprang ab. Ich versuchte mich an die glitschige Wand zu krallen, jedoch rutschte ich ab und fiel zu Boden.

"Eins", zählte Rost und versuchte selbst sein bestes.

Die Tat der SonneWhere stories live. Discover now