15. Kapitel

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"Ihr seht echt fertig aus.", stellte Gänseblümchen fest, was ihm vier wütende Blicke einbrachte, da auch Rinde und Fliegenpilz wach geworden waren, wie ich erfuhr, als Rinde "Fertig?", fragte und bitter lachte.

Sonnenblume und Gänseblümchen zuckten erschrocken zusammen. Irgentwie taten sie mir leid. Schließlich konnten sie nicht wissen, was wir in den letzten Tagen durch machen mussten.
Andererseits war es auch erstaunlich, dass die Beiden noch nicht abgehauen waren, wie ich es vermutlich getan hätte, wenn ich eine Gruppe von wütenden, dreckigen und vermutlich gequält drein schauenden Wölfen begegnet wäre.

"Sie ähnelt ein bisschen Düster.", stellte Sonnenblume leise an seinem Freund gerichtet fest.
"Wer ist Düster?", fragte ich und merkte, dass ich es mehr keifte, als höflich erfragte. Doch sie ließen sich von meiner Unhöflichkeit nicht beirren.

"Düster lebt dort hinten.", Gänseblümchen zeigte in eine Richtung, doch ich hatte keine Ahnung, was dort war, da mir die Sicht vom Weizen genommen wurde, "Er ist dunkelgrau und immer mies drauf."

"Klingt ja super.", sagte Rinde ironisch. "Stimmt. Lass ihn besuchen.", schlug ich vor, um ihn zu ärgern. "Vielleicht kann er uns ja helfen!", sagte Fliegenpilz freudig. Manchmal fragte ich mich auch, gegen wie viele Steine sie gerannt war, dass sie so dachte.
Viel zu positiv. Ihre Welt war ein bunter Haufen, geschmückt mit Lichtern der Hoffnung.

Lichter der Hoffnung.... So hatte Sturm immer die Sterne genannt. Sie liebte die Nacht, liebte, wie sich die Dunkelheit um einen legte, als würde sie einen beschützen, liebte es dem Mond zu folgen, stehen zu bleiben, wenn er hinter einer Wolke verschwand und weiter zu rennen, wenn sie ihn wieder sah. Am meisten mochte sie es aber, den Sternen Namen zu geben.

Den hellsten Stern, der der immer als erstes zu sehen war, hatte sie Held genannt, weil er immer vorging und schaute, ob die anderen Sterne sicher rauskommen können.
Manchmal hatte sie auch Sterne zu Bildern verbunden. So hatte sie einen Bären, einen Fisch, eine Katze, einen Baum und einen Regentropfen entdeckt, doch immer wenn sie mir einer ihrer Entdeckungen zeigen wollte, konnte ich nur hunderte von Sterne sehen, die in einer zufälligen Reihenfolge am Himmel hingen.

Ich sah in den blauen Schleier, der wie eine Schneedecke über uns lag und versuchte Sterne zu erkennen. Natürlich entdeckte ich keine, schließlich war Tag. Doch ich wusste, dass sie da waren. Sie gingen nicht, sondern versteckten sich nur, warteten darauf, sich zu zeigen. Am Tag wären sie nutzlos, doch in der Nacht sind sie einer der wichtigsten Lichtquellen, da der Mond von Wolken bedeckt werden konnte, doch niemals alle Sterne.

Dafür waren sie viel zu viele. "Ich werde erst aufgeben, wenn du es geschafft hast, alle Sterne zu zählen.", hatte Sturm immer gesagt und mich breit angelächelt.
Und jedes einzelne mal habe ich angefangen zu zählen. Jedes einzelne mal musste ich feststellen, dass dies eine unmögliche Aufgabe war. Sie war wirklich schlau.

Ein Pfotenschlag mitten auf meine Schnauze, riss mich schmerzhaft aus meinen Gedanken. Rost!, war mein erster Gedanke, da er das ganze schonmal getan hatte. Blut tropfte aus den kleinen, brennenden Kratzern und ich blickte wütend auf.

"Hör mir gefälligst zu, wenn ich mit dir rede!", beschwerte sich Rinde. Ich hätte ihn am liebsten angegriffen und eins ausgewischt, doch ich wusste etwas, was ihn mehr frustrierte.
"Als ob ich dir zuhören würde.", sagte ich so ruhig, wie es mit einem vor Wut bebenden Körper ging und sah ihm herausfordernd an.

Rindes Augen verengten sich zu hasserfüllten Schlitzen. Nur die rohe Vernunft schien ihn davon abzuhalten, sofort mit mir zu kämpfen. Vielleicht aber auch der Gedanke an seine Tochter.

"Spiel dich hier nicht so auf, als wärst du der Anführer!", knurrte Rinde mich an. "Wieso? Ich bin doch der Anführer.", sagte ich, auch wenn ich nicht das Gefühl hatte, dass diese Aussage stimmte. Anders gesagt, wollte ich gar kein Anführer sein. Zu viel Druck.

"Na dann. Wo gehen wir hin?", fragte Rinde mit einem abfälligen Blick. Er fühlte sich so überlegen, dass ich es nicht wert war, mit ihm zu diskutieren. Vermutlich hätte ich meine Begleiter einfach weiter geführt, doch dieser Ausdruck in seinen Augen ließ mich einen anderen Entschluss fassen.
"Wir besuchen Düster."

Die Tat der SonneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt