Chapter 3

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Castiel könnte zwar behaupten, dass er nicht überrascht war, doch verneinen, dass sich etwas in seinem Inneren regte, als er sah, wozu diese Frau fähig war, konnte er nicht.

Sie war nicht das, was er erwartet hatte. Sie war nicht das Mäuschen, dass er retten musste. Sie war die Raubkatze, die jeden der ihr zu nah kam zerfetzte.

Und das gefiel Castiel. Fast wie in Zeitlupe ging er auf sie zu. Seine Schritte waren im stillen Club nicht zu überhören. Sie hatte sich umgedreht, wollte verschwinden. Doch das ließ er nicht zu.
Fast wie von selbst stellte sich einer seiner Wachposten vor die Eichentür.

Er überragte sie um mehrere Köpfe. Schüchterte sie ein. Versuchte sie einzuschüchtern. Denn die mysteriöse Frau drehte sich lachend zu ihm. Wirklich eingeschüchtert hatte sie der Mann also nicht.

Castiel ließ sich seine Verwirrung nicht ansehen. Verkniff sich das Hochziehen einer Augenbraue.
Er sah bloß dabei zu, wie sie sich mit Tränen an dem Wachmann vor sich stützte. Sich vor Lachen nicht mehr auf den Beinen halten konnte.

In seiner Ratlosigkeit lächelte auch der Wachposten nervös, so bemerkte er zu spät, dass etwas nicht stimmte. Die behandschuhte Hand schoss wie von selbst nach oben.

Im Nu lag ein Klappmesser in ihrer Hand. Alt sah es aus, aus roter Bronze gehämmert, blattförmig. Verziert mit unzähligen Symbolen, mit alten Schriftzeichen, so vermutete Blanz, die sich, stetig zu verändern schienen. Die scharf geschliffene Klinge bedeckt mit dem Blut Unzähliger.

Einen kurzen Moment war er vom Anblick der Waffe überwältigt. Wagte es nicht, etwas zu unternehmen, um das Messer wieder verschwinden zu lassen. Zu sehr leuchtete es weinrot, erinnerte ihn an als das Blut, das an seinen Händen klebte.

Castiel war sich nicht sicher, was die Kaputzengestalt damit erreichen wollte. Es machte ihn nichts aus, das Leben dieses Mannes in ihre Hände zu legen, er war bloß einer von vielen, jederzeit ersetzbar.
Anders als sie.

Irgendein kleines dummes Stimmchen in seinem Unterbewusstsein flüsterte ihm zu, sie wäre die richtige für den Auftrag.
"Bleibt weg.", erst die wohlklingende Stimme der Unbekannten, die überraschend ruhig klang angesichts ihrer jetzigen Situation, holte ihn zurück in die Realität. Einige der Umstehenden hatten versucht, sich ihr zu nähern.

Castiel verkniff sich ein Schmunzeln, auch wenn er seine Mundwinkel dafür krampfhaft verziehen musste. Denn er wusste, sie würden es nicht einmal wagen, die Frau anzurühren. Zu oft, glitt der Blick der Besucher zu dem verblutendem Mann am Boden. Sie fürchteten sie und das kam ihm zugute.

Wissend, dass nun doch keine Zeit für seinen Drink blieb, ließ er seine Gläser auf einen Beistelltisch stehen. Er gönnte sich noch ein paar Sekunden um dem Getränk traurig hinterherzuschauen, als der Bartender es an sich nahm.

Mit einem Grinsen führte er das Glas an seine Lippen, um keine Sekunde später mit seinem Arbeitgeber und Freund anzustoßen.

Castiel schenkte dem Rotschopf daraufhin bloß ein Augenverdrehen, mehr konnte er sich nicht leisten. Noch immer beobachteten ihn Leute, seine Maske musste er beibehalten.

Auch wenn er in diesem Moment nichts lieber tun würde, als mit seinem Kameraden zu trinken. Doch dafür hatte er später noch Zeit. Jetzt musste er sich erst einmal der Wichtigkeit vor sich stellen.

Gerade wollte er sich auf sie zu gehen, doch eine Bewegung in den Schatten ließ ihn verdutzt an Ort und Stelle bleiben.

Augen, in der Farbe eines Goldstückes blitzten ihm entgehen. Selbst in der Dunkelheit erkannte Castiel das verschmitzte Lächeln seines Bruders. Die zerzauste maisblonde Haarpracht war das komplette Gegenteil zu seinem rabenschwarzem Haar.

Und auch sonst zeigten die beiden Brüder keine Ähnlichkeiten. Von Grund auf verschieden. Sie würden einander lieber umbringen, als sich einzugestehen für den anderen etwas zu fühlen, geschweige denn zu lieben.

Und so war es auch keine Überraschung als sein jüngere Bruder aus der Menge trat und seine Pistole auf ihren Kopf richtete. Die Menge schwieg und es kam Shadow so vor, als würde selbst die Zeit stehen bleiben, als er bedrohlich langsam sprach: "Lass die Waffe fallen, Lucian.", Lucian liebte es seinen Bruder zu provozieren. Selbst bei den kleinsten Neckereien, wie dieser hier.

"Hast du etwa ein neues Spielzeug gefunden?", der jüngere konnte nicht sagen, was ihm mehr gefiel, den empörten Gesichtsausdruck der Frau oder das beleidigte schnauben seines Bruders.

"Du reichst mir schon.", ein kleines Lächeln stahl sich in das Gesicht des Älteren, als er sah, wie Lucian finster die Augenbrauen zusammen zog. Es war zu einfach, die Wut seines Bruders zu wecken.

So impulsiv wie er war, handelte er zu leichtsinnig, wie auch jetzt, als er ohne nachzudenken abschoss.
Castiel verkniff sich einen Aufschrei. Sein Bruder hatte also einen seiner schlechten Tage.

Er musste sich zusammen reißen, ihn nicht vor den versammelten Menschen in Grund und Boden zu brüllen, immerhin hatten sie beide einen Ruf zu verlieren.

Wie von selbst fiel sein Blick blitzschnell auf das Opfer, der Launen seines Bruders. Erwartet hatte er einen Blutlache, kreischende Menschen und einen beschmutzten Boden. Doch dort war keine Leiche.

Bloß eine offenstehende Tür und ein Schatten, der hinter einer Hauswand verschwand. Scheint so, als hätte er sie unterschätzt.

𝐒𝐡𝐚𝐝𝐨𝐰حيث تعيش القصص. اكتشف الآن