Chapter 14

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Vielleicht war es Wunschdenken.

Wunschdenken oder gar Hoffnung, dass die Kapuzengestalt noch erscheinen würde. Sich endlich eingestehen würde, wie gut sie als Geist sein könnte.

Er lächelte.

Heimlich hatte sich dieses Bild in seinen Kopf geschlichen. Das Bild von ihnen beiden zusammen über Karten Nightbrook's gelehnt, eifrig Pläne am schmieden, um Adrien Huston ein für alle mal zu besiegen.

Sie beide als Team.

Castiel blinzelte.
Raufte sich die Haare und richtete sich auf. Götter, wie sehr er die Hoffnung hasste! Längst vergrabene Ängste krochen bei seinen Gedanken wieder hoch.

Gefürchtet hatte er die Hoffnung schon immer, denn mit ihr kam auch die Enttäuschung.

Hoffnung ist hoffnungslos.

War es nicht viel einfacher, keine Erwartungen zu haben, als sie zu haben und schließlich enttäuscht zu werden?

Vielleicht war es auch sein Verstand, der versuchte ihn vor dem Schmerz zu schützen, der mit der Hoffnung Hand in Hand ging.

Doch war es nicht gerade die Hoffnung, die ihn zum Lächeln gebracht hatte?

Er wusste selbst, zu welchem Widerspruch seine Worte zu seinem Körper standen und dafür hasste er sich. Diese Frau brachte ihn dazu jedes kleinste Detail zu hinterfragen und dafür hasste er sie.

Verzweifelt lehnte er sich an die Tischkante vor sich. Seine Gedanken spielten verrückt, dabei sollte er sich gerade im Klaren sein was er tat, immerhin stand ihm gleich das erste Meeting mit seiner neuen Elite-Gruppe bevor.

Und da hörte er sie schon.

Einer nach dem anderen traten sie durch die Tür. Mit geschlossenen Augen konnte er sie an ihren Schritten unterscheiden. Er drehte sich um, und da standen sie.

Die Besten der Besten.

Terzia.
Seine Schwester.

Ihre Erscheinung war von einer fast schon übernatürlichen Schönheit geprägt, die jeden Blick auf sich zog. Ihr langes, seidiges Haar fiel in sanften Wellen über ihre Schultern und schimmerte in einem tiefen Dunkelblau, das an den Nachthimmel erinnerte.

Die Blicke zwischen Terzia und den anderen Anwesenden waren wie unsichtbare Fäden, die ein Netz des Misstrauens und der Intrigen spannten. Jeder versuchte, ihre wahren Absichten zu ergründen, während sie selbst ihre Karten eng an der Brust hielt.

Terzia war eine Enigma, eine geheimnisvolle Figur in diesem Spiel der Macht und des Verrats. Und während die Spannung im Raum weiter anstieg, verlieh ihre natürlichen Eleganz ihr einen beinahe überirdischen Charme. Die Atmosphäre schien sich zu verändern.

Die Luft wurde schwerer und elektrischer zugleich, denn ein gewisser Metamorph zog die Aufmerksamkeit seiner Schwester auf sich. Der Gestaltenwandler betrat den Raum.

Riven Fox mit seiner selbstbewussten und anmutigen Haltung. Sein Körper war großgewachsen und zugleich zierlich, was ihm eine gewisse Eleganz verlieh. Seine braune warme Haut schien von einem geheimnisvollen Glühen durchzogen zu sein, das eine faszinierende Wärme ausstrahlte.

Verwuschelte braune Haare umrahmten sein Gesicht. Seine Augen, von einem tiefen Haselnussbraun, funkelten vor Intelligenz und Schalkhaftigkeit. Sie glitten neugierig über die Anwesenden im Raum.

Riven hatte eine Ausstrahlung, die es schwer machte, sich seiner Präsenz zu entziehen. So wurde der begnadeter Meister der Manipulation, von Terzia nicht mehr aus den Augen gelassen.

Und Shadow wusste, dass Fox ihr zu Füßen liegen würde, wenn sie nur mit den kleinen Finger winkte. Seine Schwester war ein intelligentes, kleines Biest, was ihre Schönheit als Werkzeug einsetzte. Und Götter, er wusste nur zu gut, es gab wirklich nichts Gefährlicheres als eine Frau, die sich ihres Wertes bewusst war.

Sie las ihn und er hatte keinen blassen Schimmer.

Wühlte in seinen Gedanken herum und Castiel hoffte, sie fand was sie suchte.

Denn er für seinen Teil, begann die anderen Anwesenden unter die Lupe zu nehmen.

Eros Prescott.
Er war etwas kleiner als sein Vorgänger, doch seine gelockte goldene Mähne erhellte den Raum förmlich. Obwohl er kein Selbstbewusstsein ausstrahlte und eher in sich eingezogen in den Schatten stand, sorgten seine scharfen, markanten Züge, die etwas Aristokratisches an sich hatten für Ehrfurcht bei den Anderen.

Mit der Ablenkung seines athletischen Körpers, den breiten Schulten und dem hochwertigen Stoff seines Anzuges, (Eros trug stets elegante Anzüge, die seine raffinierte Art unterstrichen) achtete niemand auf diese giftgrünen Augen, die alles beobachten.

Er taxierte die anderen, hielt alles fest, was nicht ins Bild passte. Von Terzias extremer Konzentration, als sie Riven betrachtete, bis hin zu Castiels ständigen Blicken Richtung Tür.

Jede von Eros Bewegungen wirkte berechnend und präzise, als ob er jeden Schritt sorgfältig geplant hätte. Er strahlte eine Aura der Macht und Kontrolle aus, die es schwer machte, sich seiner Präsenz zu entziehen.

So verharrte Castiels Blick eine Weile auf ihn. Doch das Blickduelle der beiden Männer wurde vom vierte Gast unterbrochen.

Castiel kniff die Augen zusammen, in der Hoffnung die rotbraunen Wellen schon in der Dunkelheit zu erkennen. Die große Gestalt kam immer weiter aus den Schatten des Einganges hervor.

Tapp, Tapp,

hörte er die Schritte.

Und da kam sie, die Enttäuschung.

Denn es war nicht die Kapuzengestalt, die sich ihm näherte.

Es war sein geliebter Bruder.

Lucien Blanz.

Ein schlanker Körperbau und maisblonde Haare verliehen ihm eine fast schon unscheinbare Präsenz. Doch es war das gefährliche Messer in seiner Hand, das die Aufmerksamkeit aller auf sich zog.

Er spielte mit dem Messer, als ob es ein Teil von ihm wäre. Die Klinge glitzerte im fahlen Licht des Raumes und spiegelte die finsteren Gedanken wider, die in seinem Inneren lauerten. Jeder Schnitt und jede Drehung des Messers zeugten von einer geschickten Beherrschung und einer unheilvollen Faszination für die Waffe.

Messerklinge, war das einzige, was Castiel einfiel. Seine Augen verfolgten jede Bewegung des Messers, als ob er versuchte, hinter die Fassade zu blicken und die dunklen Absichten seines Führers zu ergründen. Oh Brüderchen, wieso bist du wohl hier? Konnte er sich bloß in Gedanken fragen. Was hat dich bloß umgestimmt?

Jede Geste, jeder Blick, jedes Lächeln enthüllte ein Stückchen der Geheimnisse, die diese mysteriöse Zusammenkunft umgaben. Und so versuchte Castiel sich zu beherrschen. Er hatte immerhin mit der Enttäuschung gerechnet, nicht wahr? Er sollte sich von ihr nicht so überwältigen. Sie würde nicht mehr auftauchen, dass war ihm nun klar.

Und er sollten den anderen nicht die Gelegenheit geben, ihn so schnell zu durchschauen. Terzia war die einzige, die von seiner Suche nach der Kapuzengestalt wusste und so sollte das für den Moment auch bleiben. Er blickte jeden der Anwesenden einzelt noch einmal an. Er konnte noch nicht einschätzen, wer ihm ein Messer in den Rücken rammen würde.

Wer von ihnen ein Verräter war.

Und bis er das wusste, war die oberste Regel:

Vertraue niemanden, nicht mal deinem Schatten.

𝐒𝐡𝐚𝐝𝐨𝐰Where stories live. Discover now