Chapter 5

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Ihre Chance hatte sie genutzt. War so schnell verschwunden, wie sie gekommen war.

Als sie aus dem Club huschte, sah sie sich nach dem schnellst möglichen Fluchtweg um. Es war mitten in der Nacht, dunkle Wolken verbargen den Mond und die sonst so funkelnden Sterne wurden von der Finsternis verschlungen.

Die junge Frau fühlte sich beobachtet und die kleinen Härchen an ihren Armen stellten sich auf. Mit der linken Hand tastete sie nach ihrem Dolch.

Der Griff der Waffe schmiegt sich perfekt in ihre Handfläche und sie ließ ihn einige Male um ihre Finger kreisen. Das gewohnte, schwere Gewicht der Sicherheit ließ sie vor Erleichterung aufseufzen.

Normalerweise bevorzugte die Frau leichtere Waffen. Um schnell und gekonnt zuzustechen. Doch dieser Dolch war ein Geschenk gewesen. Würde sie ihn verlieren, wäre sie bereit über Leichen zu gehen, um ihn zurückzuholen.

Gemurmel holte die junge Frau aus ihren Gedanken. Sie hatte recht behalten. Man hatte ihr nachgestellt. Wollte sie finden.

Wie vom selbst beschleunigte sich ihr Tempo, ihre Schritte noch immer lautlos. Die glänzenden Stiefel gaben keinen einzigen Laut von sich, selbst als sie durch Schlamm und Pfützen rannte.

Die Kapuzengestalt bog in eine Gasse ab. Sie hatte den Stadtplan vor Augen. Kurz vor ihrer Ankunft hatte sie ihn genaustens studiert. Sich jedes ach so kleine Detail Nightbrook's eingeprägt.

Nach kurzer Bedenkzeit, entschied sie sich für eine dunkle Gasse, abseits des Zentrums. Sie war verlassen und einsam. Keine einzige Seele ließ sich blicken. Kein einziges Geräusch drang zu ihr hindurch.

Beinahe beängstigend. Ein Blick über die Schulter ließ sie wissen, dass sie alleine war. Die Verfolger hatten sie verloren - oder aufgegeben.

Angestrengt lehnte sie sich an eine Hauswand. Das Haus war alt und bewachsen von Araliengewächse. Sie ließ sich hinuntergleiten, bis sie auf dem kühlen Boden Platz nehmen konnte.

Die Pflanzen umspielte ihr Gesicht und ließen sie für einen kurzen Moment die Augen schließen. Wie gerne sie jetzt ins Land der Träume hinübergehen wollte, dies war nicht der richtige Ort dafür.

Sie erhob sich. Kurz musste sie sich orientieren, sie war müde, unkonzentriert. Doch folgte den lallenden Stimmen, die zu ihr drangen. Laute Gesänge ertönten, so schief, dass sie glaubte, Gläser brechen zu hören. Fackeln und Laternen tauchten die nächste Lichtung in ein angenehmes Licht.

Die gepflasterten Straßen verwandelten sich in ausgetretene Wege, die zu einem kleinen Platz führten. Es war ihre einzige Lösung. Hier würde keiner mit ihr rechnen. Um nicht sofort gesehen zu werden, rannte sie von den Dächern der Häuser aus weiter.

Sie hatte einen perfekten Überblick über die sonst so ruhige Stadt, welche im Licht des Mondes glänzte. Auch konnte sie von hier aus die Stadtverwaltung sehen, welche vor wenigen Tagen bis zu den Grundmauern niedergebrannt war, wie man ihr erzählt hatte.

Scheinbar hatte man protestiert, was nur in einem Blutbad geendet hatte. Sie verwarf schnell ihre Gedanken an die Toten und eilte weiter. Die kühle Nachtluft wirbelte ihre rotbraunen Haare umher.

Der geflochtene Zopf wippte bei jedem ihre Schritte. Beiläufig ließ sie die Kapuze wieder in ihr Gesicht fallen. Niemand sollte sie an ihrer Haaren erkennen.

Ganz in ihren Gedanken versunken, achtete sie nicht auf den Weg vor sich. Einzig und alleine ein kalter, kräftiger Windzug, hielt sie davon ab über die Kante eines Daches zu fallen. Sie stoppte. Ruckartig und schwer atmend. Ihre Muskeln spannten sich an und sie war einen kurzen Moment verärgert über ihre Unachtsamkeit.

Langsam schüttelte sie den Kopf, als würde sie versuchte, den Schock zu vertreiben. Zögernd lehnte sie sich nach vorne. Die 22 Meter bis zum Grund ließen sie schlucken.

Es war einfach zu springen, als sie in Ungewissheit war. Sie presste die Lippen zusammen, zwang sich zur Vernunft.

Ein Schritt zurück und sie konnte wieder atmen. Zwei Schritte und sie war wieder bei Verstand. Drei Schritte und ihr Mut kam zurück. Vier und sie wusste, sie müsste springen.

"Lass es mich nun auch schaffen.", dachte sie während sie Anlauf nahm. "Lass es mich nur noch einmal schaffen. ", flehte sie, als sie sprang.

𝐒𝐡𝐚𝐝𝐨𝐰Où les histoires vivent. Découvrez maintenant