4

57 7 0
                                    

Ein schmaler Weg führt parallel am Rhein entlang. Unsere Schuhe knirschen leise. Es ist ein herrlicher Abend. Durch die Baumstämme blitzt die untergehende Sonne. Ein Himmel wird in warmen Farben ertränkt. Atemberaubend. In den Hecken zirpen die Heuschrecken und begrüßen die nahende Nacht. Bald ist Sonntag und die Schule beginnt wieder. An den Gedanken muss ich mich noch gewöhnen. Die Wissensanstalt ist kein Knast, natürlich nicht, aber nach sechs Wochen Ferien.
»Habt ihr nächstes Wochenende schon etwas vor?«, durchbricht Katrin die Stille. »Juliette Bay tritt in Frankfurt auf.«
Ich habe von der Sängerin gehört. Sie hat vor zwei Wochen ihr neues Album veröffentlicht. Ihre Texte sind unterhaltsam, aber auch tiefsinnig. Einige Songs habe ich mir schon angehört, also ich habe nichts dagegen. Yvonne hakt nach.
»Wann genau?«
»Am Samstag. Zwanzig Uhr.«
»Ich bin dabei.«
Auch ich bin von der Partie. Nur Klara sagt nichts dazu. Nicht schon wieder. Sie beißt gedankenverloren auf der Unterlippe. Sie braucht sich doch überhaupt keine Sorgen zu machen.
»Kommst du mit?«, fragt Katrin schließlich.
»Ich weiß nicht so recht.«
Sie ist unschlüssig. Nach einigen Sekunden sagt sie schließlich: »In Ordnung, ich komme mit.«

Ihre Stimme klingt aber verhältnismäßig zögerlich.
»Wir passen schon auf dich auf und deine Eltern haben bestimmt nichts dagegen«, versichere ich ihr.
»Danke.«

***

Brennende Kerzen stehen auf dem Geländer und vertreiben teilweise die Dunkelheit. Fackeln um uns herum, helfen ihnen dabei. Warmes Licht sorgt für heimelige Stimmung. Wir sitzen um den Tisch, in dessen Mitte die Kuchenform steht.
»Du hast dich mal wider selbst übertroffen«, schwärmt Yvonne. »Der Kuchen ist nicht von dieser Welt.«

Sie nimmt sich das dritte Stück.
»Wie machst du das?«
Meine Frage wird mit Schulterzucken quittiert.
»Ich weiß auch nicht, ich halte mich einfach an das Rezept.«
Kopfschüttelnd erkläre ich: »Bei mir brennt sogar Wasser an.«
Kein Scherz. In der Küche bin ich nicht zu gebrauchen. Ich nehme mir das zweite Stück.
»Wo habt ihr den Urlaub verbracht?«, frage ich. Katrin beginnt zu erzählen: »Ich war für eine Woche in Florida bei Tante Ulrike.«
Sie nippt an der Tasse.
»Wir haben Sehenswürdigkeiten angesehen, die Miami Heat angefeuert und die Seele baumeln lassen.«

Yvonne schaltet sich ein.
»Du kennst doch meine Eltern. Wie jedes Jahr ging es nach Bayern in die Berge.«
Ich weiß, wie sehr es sie anödet. Sie winkt ab und sieht Klara an, die gerade kaut.
»Wir sind nicht weggefahren.«
Ihre Eltern fahren nicht oft in die Erholung. An Geld fehlt es keinesfalls, sie gehen gutbezahlten Berufen nach.
»Dafür ist Brian vorbeigekommen.«
Ihr Bruder lebt in North Carolina, bei entfernter Verwandtschaft. Die genauen Hintergründe sind mir jedoch nicht bekannt. Ich hake da nicht nach.
»Danke für den schönen Abend«, sagt Klara nach einigen Minuten. Sie lächelt leicht und kaut erneut.
»Sehr gerne, du bist immer willkommen., aber du muss an deinem Selbstvertrauen arbeiten.«
»Ich weiß«, meint sie. »Es fällt mir nur so schwer.«
Das Thema schneiden wir nicht zum ersten Mal an.
»Keine Sorge, wir bekommen das schon in den Griff.«
Ich stelle den Teller auf den Tisch.
»Wenn das so weiter geht, bin ich bald eine Tonne.«
Katrin erwidert: »Ich habe dich nicht dazu gezwungen.«
»Es schmeckt aber so gut.«
Meine Freundinnen stimmen mir zu.
»Habt ihr noch Lust auf einen Film?
Ich habe den Beamer mitgebracht.«
Wieso auch nicht, Yvonne und Klara nicken zustimmend. Kurz darauf haben wir es uns auf dem Sofa gemütlich gemacht und schauen gebannt auf die Leinwand. Der Protagonist hat seine Strafe abgesessen und versucht, ein ehrliches Leben zu führen, doch die Vergangenheit holt ihn ein. In den ersten Minuten heizt er durch die Straßen von Chicago, verfolgt von Bösewichten, die ihm ans Leder wollen.
Sie ignorieren rote Ampeln und driften in die Kurven. Es ist ein typischer Actionstreifen. Wenig Handlung, aber dafür umso mehr Explosionen. Es darf auch mal so ein Film sein. Was ihn rettet, ist der Hauptcharakter, er ist echt sympathisch und die Sprüche sind auf den Punkt. Am Ende rettet er natürlich den Tag.

Blue change | [girlxgirl]Where stories live. Discover now