Cry, Cry

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Cry, cry for you
Just like you knew I wouldn't do


Nachdem Bob das Telefonat mit Kiara beendet hatte, war es schon fast wieder Abend. Und als ihr Eis schließlich entweder aufgegessen oder weggeschmolzen war, ging Peter mit gemischten Gefühlen nach Hause. Die letzten Tage waren stressig für ihn gewesen, denn die Fake-Beziehung mit Bob machte ihm doch mehr zu schaffen, als er Anfangs dachte.

Klar, hatten sie sich geschworen, sie würden immer Freunde bleiben, egal was passiert, doch Peter hatte das Gefühl, dass sich etwas zwischen ihnen verändert hatte. Auf jeden Fall von seiner Seite aus.

Die Art, auf die er Bob sah, war nicht mehr dieselbe, schon seit einer Weile, es schien ihm aber erst jetzt aufgefallen zu sein. Weit zurück, bevor Bob fast nächtlich bei ihm geschlafen hatte, sehnte Peter sich nach seiner Nähe und seiner Zuneigung.

Als dieser Wunsch in Erfüllung kam war Peter, trotz Bobs kritischen Situation, überglücklich. In den Nächten, die sie zusammen damit verbracht haben sich kitschige Filme anzuschauen und über alles Erdenkliche zu diskutieren, waren Peter so unbeschwert und beseligt vorgekommen.

Auch wenn er sich dafür schämte, hatte er Bobs Sachlage durchaus auch ein wenig genossen und gar keine Zeit damit verschwendet darüber nachzudenken, was er fühlte und was Bobs Nähe in ihm verursachte.

Erst letzte Nacht, hatten sie seit längerer Zeit wieder aneinander gekuschelt im gleichen Bett geschlafen. Das war der Abend nach Bobs 'Date' mit Brenda, als er ihn trösten musste nachdem er (wie Peter anmerken musste: mal wieder) einen Nervenzusammenbruch wegen Liz hatte. Seinen Besten Freund so zu sehen war leider nichts Neues für ihn, aber er mochte das Gefühl, für Bob da sein zu können. Außerdem war es auch der Tag, an dem ihre Fake-Beziehung begann. Krass, dass das erst gestern war, Peter kam es vor, als wäre es nie anders gewesen.

Schon als Bob den Gedanken aussprach, seiner Mutter eine Beziehung vorzuspielen, verspürte Peter ein komisches Ziehen in seinem Magen. Er wusste nicht, woher es kam, oder was es bedeutete und versuchte es sich zu erklären, indem er Sachen tat, wie Bob auf die Stirn zu küssen. Er ging weiter, als nur zu kuscheln, obwohl ihm das schon anders vorkam als sonst.

Halt Dinge, die sonst nur Paare machen würden und jedes Mal auf neue, erfasst ihn ein Gefühl der Übelkeit. Es fühlte sich an, als würde jemand seine Luftröhre zudrücken und natürlich war das Ziehen im Bauch auch da.

Anfangs dachte er, er könnte eventuell homophob sein, doch er hätte eigentlich gar keinen Grund dazu. Noch nie hatte er Hass oder Abneigung gegenüber gleichgeschlechtlichen Paaren verspürt und bei ihm und Bob war es ja sowieso nur gespielt. Sie waren ja gar kein richtiges Paar, warum also sollte er sich angeekelt fühlen?

Er entschied sich dafür, dass er nicht homophob war und dass das seltsame Gefühl eine andere Ursache haben musste.

"Hallo Mom, hi Dad", rief er, als er die Tür zu dem großen Einfamilienhaus öffnete. Ein einstimmiges: "Hallo Peter", kam zurück. "Ich bin in einem Zimmer", verkündete er und vernahm ein Brummen, als er die Treppe hinaufstieg.

In seinem Zimmer angekommen, schmiss er sich stöhnend aufs Bett und ließ den Gedanken seinen Lauf. Schon länger fühlte er sich allein, er hatte noch nie eine ernsthafte Beziehung geführt. Klar, hatte er schon Freundinnen gehabt, eine in der fünften Klasse und eine in der achten, beide Beziehungen hielten ungefähr zwei Wochen. Aber das waren sogenannte Kindergarten-Beziehungen für ihn gewesen, sie hatten sich zwar geküsst aber es war mehr ein Schmatzer auf den Mund, einfach nur die Lippen gequält zusammendrücken, mehr nicht.

Dabei war Peter gar nicht so unattraktiv, im Gegenteil. Er war sportlich, gut gebaut, von der Sonne braungebrannt, hatte strahlend grüne Augen und spielte auch noch in einer Basketballmannschaft.

Schön öfter hatten ihn Mädchen aus dem Cheerleader Team angesprochen, die seine Nummer oder sein Social Media haben wollten, doch Peter hat sie immer freundlich abgewiesen. Er hatte sich, im Gegensatz zu Bob, nie wirklich für Mädchen interessiert.

Dieser war das komplette Gegenteil von Peter. Er ging ihm mit seinen 1.70 nur knapp bis unters Kinn. Seine Meeresblauen Augen wirkten oft wie Wassertropfen die drohten, jeden Moment aus seinem Kopf zu fallen. Er war eher schmächtig gebaut, wobei Peter fand, dass es genau das war, was ihn so attraktiv machte. Seine bleiche Haut, die Brille, die er immer öfter durch Kontaktlinsen ersetze und nicht zuletzt seine Locken, waren fast zu perfekt.

Vielleicht war er auch ein bisschen eifersüchtig auf Bob. Nicht nur wegen seines Aussehens, denn da müsste es laut so ziemlich jeder Romace-Novel genau andersrum sein, sondern auch da dieser in dem Gebiet 'Liebe' nun schon viel mehr Erfahrung gesammelt hatte.

Ab und zu fühlte Peter sich in Bobs Anwesenheit unreif und unbewandert. Er wusste dass es auf keinen Fall Bobs Absicht war, ihn so fühlen zu lassen, doch trotzdem passierte es, wenn auch nur selten.

Peter hatte noch nie mit jemandem rumgemacht, geschweige denn Sex gehabt, aber bei Bob war es wohl ziemlich offensichtlich, dass er seine Jungfräulichkeit schon längst verloren hatte. Bei seinen One-Night-Stands hatten sie wohl kaum Tee zusammen getrunken.

Peter wollte das ebenfalls erleben, aber keine One-Night-Stands, er wollte Liebe spüren. Wissen wie es ist, wenn man sich mit jemandem verbunden fühlt, das war das Gefühl, was er momentan bei Bob verspürte, nur halt bei jemand anderem. Jemanden, der er wirklich lieben konnte.

Jetzt musste er sich nur noch die richtige Person suchen, denn obwohl Peter wie er beschlossen hatte ja nicht homophob war, war er genau so wenig schwul und Bob war ja schließlich ein Mann.

Da viel ihm ein, es gab da doch ein Mädchen aus seinem Jahrgang die ihm auf Justus und Bobs Aussagen hin, schöne Augen machte. Sie war ebenfalls im Cheerleader Team der Schule und wirkte so wie er sie bis jetzt einschätzen konnte, ganz sympathisch.

Bis jetzt hatte Peter die dummen Kommentare von seinen Detektiv Kollegen ignoriert. Das sie ihn anscheinend verträumt anstarrte und ihn bei jeder Gelegenheit anhimmelte. Letzteres stimmte allerdings, er konnte sich nach seinen Basketballspielen schon einige lobende Kommentar von ihr anhören.

Peter ballte seine Faust und starrte an seine Zimmerdecke als er beschloss, sie morgen anzusprechen. Wenn es stimmte, was Justus und Bob sagen, würde sie einfach fragen, ob sie Lust hätte, mal etwas essen zu gehen. Nur falls der Moment sich ergibt und er sich auch traute natürlich.

Peter stand von seinem Bett auf und bewegte sich zu seinem Schreibtisch. Er versuchte sich schon einige Sachen aufzuschreiben, die er sie Morgen fragen könnte. Er hatte sich ein Blatt und ein Stift zur Hand genommen, doch seine verkrampfte Hand schien sich nicht bewegen zu wollen, zwei Worte hatte er bis jetzt auf das Papier gebracht.

Er grübelte noch eine Weile, musste dann aber mit einem genervten Grummeln einsehen, dass er einfach keine Ahnung hatte, wie man ein Mädchen anspricht. Er entschied sich dazu, Bob morgen im Unterricht zu fragen. Stöhnend rappelte er sich auf, lief zu seinem Bett und schmiss sich hinein. Er machte sich nicht die Mühe sich umzuziehen, sondern strampelte sich seine Jeans vom Leibe und zog sich mit einer geschickten Bewegung das T-Shirt über den Kopf, bevor er sich zudeckte.

Mit halb geschlossenen Augen musterte Peter den Schreibtisch auf dem das Blatt lag, welches bis jetzt die einfallsreichen Worte 'Liebe Kelly' trug. Das war vor allem daher unsinnig, weil es ja eine Konversation sein sollte und wer startet bitte eine Konversation mit 'Liebe Kelly'? Er würde ja morgen auch nicht zu Bob gehen und einfach 'Lieber Bob' sagen.

Er schüttelte den Kopf. Nun war es sowieso egal, er würde Bob morgen, seinen Plan mitteilen und dieser wird ihm sicherlich helfen.

Innerlich hoffte Peter natürlich auch, dass es ihm selber bei seinen undefinierbaren Gefühlen für Bob helfen würde. Vielleicht würde Bob ihm nicht mehr wir ein Gott vorkommen, wenn sie gemeinsam über ihre Beziehungen reden konnten. Vielleicht, wenn er auch endlich mal daran war, sich bei Bob wegen Liebeskummer auszuheulen, wenn er auch endlich Erfahrung gesammelt hatte.

Dann vielleicht.

Light My Love (Shandrews)Where stories live. Discover now