Kapitel 4

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Er wurde wach, als er das nur allzu vertraute klicken einer Waffe hörte, die entsichert wurde. Unbemerkt taste er nach seiner Waffe, doch diese war nicht mehr da. Misstrauisch und vor Gefahr gewarnt, öffnete er vorsichtig seine Augen und sah sich um. Sora. Sie saß neben ihm im Bett und hielt seine Waffe in den Händen, entsichert und in ihre Richtung zeigend. Sein Herz setzte einen Augenblick aus, während er sich seine nächsten Schritte gut überlegt.

„Sunshine..." leise sprach er, um sie nicht zu erschrecken, während er sich allmählich aufsetzte. Sie blieb stumm, doch hielt in ihrer Bewegung inne.

„Es gibt keinen anderen Ausweg..." hauchte sie und sah ihn an. Ihre sonst leuchtenden Augen blickten ihn ausdruckslos an.

„Sag das nicht! Es gibt immer einen Ausweg. Es gibt eine Lösung für dieses Problem. Doch das ist nicht der Weg, den du jetzt gehen willst. Das darfst du nicht tun. Tu mir das nicht an, bitte!" flehte er sie an, legte seine Hand vorsichtig auf ihre, die die Waffe hielt.

„Ich habe Angst, Hobi! So schreckliche Angst... Ich will ihn nicht heiraten. Lieber sterbe ich..." ihre Stimme stockte, während sich erste Tränen in ihren Weg suchten. Ihr Blick fiel erneut auf die Waffe, die unverändert in ihre Richtung zeigte.

„Sunshine, sieh mich an" bat er sie und legte seine Hand nun auf ihre Wange. Wartete geduldig, bis ihr Blick seinen traf. „Du kennst mich. Du weißt, ich bin nicht wie dein Vater oder die Männer, die für ihn arbeiten. Ich verabscheue, was sie tun. Ich hasse es, für deinen Vater zu arbeiten und doch bin ich nach sechs Jahren immer noch hier und weißt du, warum das so ist?" leicht schüttelte sie den Kopf, während er sie sanft anlächelte. „Wegen dir! Ich habe mir geschworen, dich mit allem, was ich habe, zu beschützen. Und ich habe nicht vor, dieses Versprechen zu brechen. Bitte, du musst mir vertrauen. Ich werde nicht zulassen, dass dir etwas geschieht. Kannst du das für mich tun? Kannst du mir vertrauen, dass ich deine Lösung für dieses Problem bin?" bat er sie inständig und zögerlich nickte sie. „Dann bitte, gib mir die Waffe. Versprich mir, dass du nie wieder auch nur ansatzweise an sowas denkst! Sprich mit mir. Aber geh nicht einfach..." vorsichtig streckte er seine Hand nach der Waffe aus. Ohne Widerstand konnte er sie an sich nehmen. Erleichtert atmete er aus, nicht wissend, dass er die Luft angehalten hatte. Er sicherte seine Waffe und steckte sie wieder weg.

„Es tut mir leid..." wimmerte sie leise und bedeckte ihr hübsches Gesicht mit ihren Händen. Sofort zog er sie in seine Arme, hielt sie fest an sich gedrückt und spürte, wie die Angst, sie allein zu lassen, explosionsartig gestiegen ist.

Am frühen Nachmittag stand er vor ihrer Tür und hielt Wache. Unten war zu viel Trubel, dass er nicht riskieren wollte, in ihrem Zimmer zu sein. Ab und zu spähte er hinein, um nach dem Rechten zu schauen, während sie tapfer laufen übte mit den gefährlichen Schuhen. Zu tief saß die Angst, vor dem Geschehen am Morgen. Flink holte er sein Handy heraus, als es vibrierte.

Yoongi: „Park Shiwon: 53 Jahre alt, Drogengeschäfte, Mord, Zuhälterei, Zwangsprostitution. Mehrere Anzeigen wegen Missbrauch, Vergewaltigung und gewaltsam unter Drogen setzen. Alle Anzeigen wurden fallen gelassen, vermutlich wegen Yujun. Denke, es ist klar, was er mit Sora will" er konnte beim lesen den Würgereiz nicht unterdrücken.

Hobi: „Er darf sie niemals bekommen!!! Wie ist der Plan für morgen? Es gibt doch einen...?"

Yoongi: „Jin, V und JK werden sich als Kellner einschleichen. Ich habe mir eine Einladung besorgt und mische mich unauffällig unter die Gäste. Jimin steht mit dem Fluchtwagen bereit. RM sitzt am Funk und hält sich für den Notfall bereit, zusammen mit ein paar anderen Männern. Sorg dafür, dass sie an deiner Seite ist, wenn ich dir ein Zeichen gebe. Das Zeitfenster ist gering. Wir sind in der Unterzahl, es wird heikel"

Hobi: „Egal, was passiert, ich werde nicht ohne sie gehen! Wenn mir etwas geschieht, beschütze sie! Versprich es mir!" bat er eindringlich. Wissend, dass er niemanden mehr vertraut, als seinen Jungs und sie bei ihnen in Sicherheit ist. Er wusste, er verlangte unmögliches von ihm. Lange blieb sein Handy still, er hatte die Hoffnung schon aufgegeben.

Yoongi: „Versprochen..." erleichtert atmete er aus, wohlwissend, dass ihm dieses Versprechen alles abverlangt hat. Mehrmals las er sich die Nachrichten durch, prägte sich jedes kleinste Detail ein, dann löschte er sie unwiderruflich und steckte sein Handy weg. Er würde niemals zulassen, dass dieser Typ sie bekommt. Egal, was morgen passiert, er würde sie davor mit seinem eigenen Leben beschützen und wenn es das letzte ist, was er tut.

Müde rieb sie sich die Augen, als ihre Tür aufgerissen wurde.

„Beweg deinen Arsch, Schlampe!" knurrte Kihun sie an, während sie schluckend auf den alten Wecker auf ihrem Schreibtisch linste. Es war fünf Uhr am Morgen. Flink stand sie auf und schmerzverzerrt verzog sie ihren Mund. Ihre Füße taten erheblich weh und deutlich spürte sie die Blasen. Kihun verließ ihr Zimmer ohne ein weiteres Wort, stattdessen kamen mehrere junge Frauen und Männer hinein. Alle hatten Taschen und eckige Koffer in ihren Händen. Was war hier los? Gerade als sie fragen wollte, stürmte ein müde aussehender Hobi in seinem Schlafanzug ins Zimmer.

„Was ist hier los?" erkundigte er sich.

„Wir sollen sie, nun, vorzeigbar aussehen lassen. Wird unmöglich, aber wen interessierts" schnippte eine blonde Frau ungefähr in Hobis Alter. Besorgt runzelte er eine Augenbraue. Das konnte nichts gutes bedeuten. Flink begab er sich zurück in sein Zimmer, um sich anzuziehen.

Währenddessen zupften die fremden Menschen an Sora herum. Hier wurden ihre Haare kritisch gemustert, ihre Nägel wurden als unmöglich bezeichnet. Einer der Männer umfasste grob ihr Kinn und starrte sie regelrecht nieder.

„Ist Mr. Lee bewusst, dass hier ein Wunder und kein Stylingteam gebraucht wird?" murmelte er vor sich hin, doch laut genug, dass Sora jedes Wort verstand. Sie war den Tränen nahe, fühlte sich unwohl und ausgeliefert und würde am liebsten fliehen. Der Mann war groß, sicher an die 1,90m, seine Gesichtszüge zeigten deutlich eine arrogante Seite an ihm, genauso wie die anderen. Tapfer schluckte sie die Tränen herunter und ließ alles über sich ergehen. Sie war froh, als Hobi wenige Minuten später, nun in seinem Anzug, ihr Zimmer betrat und keine Anstalten machte, sie mit den unfreundlichen Menschen allein zu lassen.

Stunde um Stunde verging, während ihr per Kaltwachs sämtliche unerwünschten Haare entfernt wurden. Ihre Augenbrauen wurden gezupft und eine kalte Gesichtsmaske wurde ihr aufgelegt. Pediküre und Maniküre durften nicht fehlen, zusätzlich bekam sie künstliche, spitzzulaufende Fingernägel in einem zarten Rosa mit weißem Muster. Jemand verpasste ihren Haaren eine Kur und schnitt die Spitzen. Anschließend wurden sie aufwendig hochgesteckt. Sie wurde ein Hauch übertrieben geschminkt, dabei wurden sämtliche Narben an ihrem Körper ebenfalls mit Make-up bedeckt. Sie gingen höchst ruppig mit ihr um. Hier wurde gezogen, dort wurde gezupft. Man sah sie mehrmals zusammenzucken, Tränen in ihren Augen schimmern, doch sie ertrug alles tapfer. Erst am Nachmittag waren sie fertig mit ihr und verließen schweigend den Raum. Sofort war Hobi an ihrer Seite und zog sie an sich. Hielt sie fest an sich gedrückt, während sie sich deutlich entspannte.

„Vollkommen egal, was sie gesagt haben, du bist ohne den ganzen Scheiß wunderschön und perfekt, Sunshine" flüsterte er ihr ins Ohr. Kaum merklich nickte sie.

„Meine Zeit läuft ab..." wimmerte sie, sanft rieb er beruhigend ihren Rücken.

„Nein! Deine Zeit beginnt erst!" widersprach er eindringlich. „Du musst mir jetzt genau zuhören! Bleib heute an meiner Seite. Geh nirgendwo hin, ohne Bescheid zu sagen. Hörst du? Bleib bei mir!" bat er ausdrücklich. Zögerlich nickte sie. „Ich hole dir jetzt etwas zu Essen und danach machen wir uns fertig, okay?"

„Ich habe keinen Hunger..."

„Du musst etwas Essen. Du hast die letzten Tage nicht viel gegessen, ich habe es bemerkt, aber du musst bei Kräften bleiben. Tue es für mich" sanft zog er sich zurück und lächelte sie an. Seufzend nickte sie.  

So far away und doch so nah (Suga/Hobi FF)Where stories live. Discover now