Kapitel 7

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Sie wurde wach, als sie spürte, wie jemand seine Arme unter ihre Beine und Arme schob und sie hochhob. War Hobi zurück? Doch es war nicht sein Geruch, der sie umgab. Blinzelnd öffnete sie die Augen und sah, wie Yoongi sie aus dem Auto hob.

„Ich kann laufen" nuschelte sie verschlafen und wollte sich von ihm lösen, doch er verstärkte seinen Griff um sie.

„Barfuß unpraktisch" erwiderte dieser und lief los. Prüfend sah sie sich um. Es war stockfinster, nur der Mond spendete etwas Licht. Sie erkannte nur Bäume. Waren sie in einem Wald? Was wollte er hier mit ihr? Wo war das Auto? Wo waren die anderen? Misstrauisch sah sie ihn an. „Ich werde dir nichts tun. Es sind etwa 200m bis zur Hütte. Habe nur das Auto versteckt" erklärte er und schien den Weg zu kennen. Seufzend legte sie ihre Arme um seinen Hals, damit er sie besser tragen konnte. Sie erkannte, dass er den gleichen Duft trug, wie die Klamotten, die er ihr früher gab. Waren es seine? Zielstrebig suchte er sich den Weg zwischen Bäumen und Büschen hindurch, bis er die Umrisse der Hütte erkannte. Umständlich schloss er auf und setzte sie im Wohnzimmer auf der Couch ab.

„Danke... Kommt Hobi bald?" erkundigte sie sich vorsichtig und sah sich um. Auf den ersten Blick wirkte sie klein, fast alles war aus Holz. Es gab einen großen Kamin und es roch nach Staub und Dreck. Als ob lange keiner mehr hier war.

„Sie haben noch zu tun!" erklärte er, ging in die Küche und setzte Wasser auf. Anschließend verschwand er in eines der Zimmer und kam kurz darauf in bequemen Sachen wieder heraus. Er schmiss ihr ein paar Socken zu und verschwand wieder in der Küche. Sie wollte die Socken anziehen, als sie bemerkte, dass sie neue Blasen hatte und alte aufgegangen waren. Das Adrenalin hatte ihren Körper in der Zwischenzeit verlassen und sie spürte die Schmerzen. Ob es hier einen Erste Hilfe Kasten gab? Er kam wieder und stellte zwei Tassen auf den Tisch.

„Darf ich das Bad benutzen?" fragte sie vorsichtig. Nickend deutete er auf eine der Türen, dann tippte er auf seinem Handy herum. Sie nahm die Socken und verschwand ins Bad.

Er machte sich Sorgen um seine Jungs. Sie hatten sich noch nicht gemeldet. Doch er konnte nicht anrufen, falls sie in einer schwierigen Situation waren. Er wollte sie weder ablenken noch in größere Schwierigkeiten bringen. Was hatte Hobi ihnen da nur eingebrockt. Seufzend nippte er an seinem Kaffee und rieb sich müde durchs Gesicht. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass es nach 01:00Uhr nachts war. Yujun und Shiwoo waren sicher stinksauer und hatten alles, was sich bewegen konnte, mobilisiert. Waren sie der Sache gewachsen? Er bezweifelte es plötzlich.

Ihm fiel auf, dass sie ziemlich lange im Bad war. Er lauschte, doch es waren keine Geräusche zu hören. Sie versuchte doch nicht etwa zu fliehen? Er sprang auf und stürmte ins Bad. Erschrocken schrie sie leise auf, während ihre Hände in ihren Haaren verfangen waren. Er sah, dass der erste Hilfe Kasten benutzt wurde. Auch fiel ihm auf, dass sie die Socken trug und das sie sich abgeschminkt hatte. Ihre natürliche Schönheit, zusammen mit den großen Augen, die ihn aufmerksam beobachteten, warf ihn für einen kurzen Augenblick aus der Bahn.

„Was dauert hier so lange?" knurrte er tief und sah sie ausdruckslos an.

„Ich...ähm Fingernägel...Haarnadeln...schwierig" murmelte sie leise und senkte den Blick. Hatte sie Angst vor ihm?

„Typisch für Weiber" kopfschüttelnd war er dabei, dass Bad zu verlassen.

„Ich trage es nicht freiwillig... Nichts davon" ihre Stimme klang entschuldigend. Fragend sah er sie erneut an. Sie deutete auf ihre künstlichen Fingernägel. „Die wurden mir heute Morgen gemacht. Ich bekomme sie nicht ab... Und mit den Dingern bekomme ich die Haarnadeln nicht raus. Die ich ebenfalls nicht freiwillig trage..." erklärte sie leise und ließ den Kopf hängen. Seufzend rieb er sich durchs Gesicht und wünschte sich, er könnte mit Jimin den Platz tauschen.

„Setz dich!" befahl er und deutete auf den Toilettensitz. Gehorsam kam sie dem nach und er stellte sich hinter sie. Sah sich das Chaos auf ihrem Kopf an. Einige Haarnadeln schien sie schon gelöst zu haben, zumindest hingen wenige Haarsträhnen herunter. Vorsichtig löste er Nadel für Nadel. Er war sich sicher, dass einige davon ziepten und es ihr wehtat, doch sie gab keinen Ton von sich. Strähne für Strähne legte er frei und obwohl sie vom Hochstecken leicht gelockt waren, sah er, dass sie ihr bis zum Hintern gingen.

„Danke" leise, vorsichtig war ihre Stimme, als könnte ihr jederzeit Gefahr drohen. Sanft rieb sie ihre Kopfhaut, dann stand sie auf. „Darf ich mir deine Wunde ansehen und richtig versorgen?" Er hatte keine Lust darauf, wusste aber, dass es notwendig war. Er zog den Hoodie aus, während er sie ununterbrochen im Auge behielt und sie genau beobachtete. Er trug noch immer das blutige Hemd und den Stofffetzen um seinen Arm. Sanft öffnete sie es und schob seinen Ärmel hoch. Weit genug, dass sie seine Muskeln erkennen konnte. Nicht übertrieben, aber deutlich sichtbar. Auf den ersten Blick wirkte er schmächtig, doch das schien zu täuschen. Die Blutung hatte aufgehört, es war nur ein Streifschuss gewesen. Vorsichtig reinigte sie die Wunde. „Das wird jetzt etwas brennen" erklärte sie leise, während sie diese nun desinfizierte. Er kannte die Schmerzen zu genüge, es war nicht seine erste Wunde, die versorgt werden musste. Anschließend nahm sie einen Mullverband und wickelte diesen sorgfältig um seinen Arm. Ohne ein weiteres Wort zog er sein Hemd aus und warf es in den Mülleimer. Unauffällig musterte sie ihn. Er war blass und schlank, doch auch hier zeichneten sich Muskeln ab. Breite Schultern, die vorher ebenfalls nicht aufgefallen sind, umschmeichelten seine Statur. Er schien zu trainieren, wenn auch nicht regelmäßig.

„Gefällt dir, was du siehst?" neugierig beobachtete er sie, während sich seine linke Mundhälfte zu einem minimalen Grinsen verzog.

„Sei vorsichtig mit solchen Fragen. Die Antwort könnte dir missfallen" konterte sie und räumte unbeeindruckt den Müll auf. Perplex blieb sein Mund für den Bruchteil einer Sekunde offen. Für gewöhnlich lagen ihm die Frauen zu Füßen und eine Abfuhr bekam er nie. Nicht er. Gerade von ihr hätte er so eine Antwort nicht erwartet. Kopfschüttelnd zog er seinen Hoodie über und ging zurück ins Wohnzimmer, wo er sich erneut seinem Handy widmete. Sie folgte ihm, setzte sich auf die Couch und trank den nun kalten Kaffee.

„Du solltest schlafen!" murrte er, ohne aufzublicken.

„Ich werde auf Hobi warten..." erwiderte sie leise, sichtlich eingeschüchtert, aus Angst, dass er wütend wird, wenn sie ihm widerspricht. Doch er blieb stumm. Wie kann sie ihm in einer Sekunde selbstbewusst eine Abfuhr erteilen und in der nächsten hatte sie Angst? Er wurde aus ihr nicht schlau.

So far away und doch so nah (Suga/Hobi FF)Where stories live. Discover now