Clara Hidalgo
The black heart
Als Clara nach Madrid zieht, um ihrem alten Leben zu entfliehen, ahnte sie nicht, dass sie schon schnell mit neuen Problemen konfrontiert wird.
Direkt am Eröffnungstag ihres Cafés, begegnet Clara dem gefürchteten und gutaussehenden Ivan Varona. Dass dieser jedoch in der Nacht zu Madrids gefährlichsten Mafiaboss wird, ahnt sie zu dem Zeitpunkt noch nicht.
Ihre erste Begegnung ist kurz, aber schon bald treffen die beiden immer wieder aufeinander. Wenn auch nicht ganz ungewollt. Doch die junge Spanierin muss sich bald eingestehen, mehr für Ivan zu empfinden, als sie eigentlich sollte.
Und eins steht fest: Ivans schwarzes Herz kann selbst sie nicht aus der Dunkelheit ziehen.
Kaum ist das Auto auf einen der freien Parkplätze gefahren, reiße ich die Beifahrertür auf und springe förmlich aus dem Wagen und lande glücklicherweise mit beiden Füßen auf den mit Steinen gepflasterten Boden. Das meine Fahrerin noch nicht einmal richtig eingeparkt hat, ist mir in dem Moment völlig egal. Ich musste einfach so schnell wie möglich aussteigen und frische Luft schnappen, da ich, je näher wir diesen Ort hier kamen, kaum noch atmen konnte. Doch jetzt wo ich endlich draußen bin und ein paar Schritte gehe, muss ich schmerzhaft feststellen, dass es mir nicht wirklich besser geht. Im Gegenteil. Mir geht’s schlechter. Deutlich schlechter. Je länger ich dieses Gebäude anstarre, wächst die Panik in mir. Nicht nur die Panik steigt an, sondern auch die Angst, sowie weitere Emotionen und Gefühl. Aber das ist nicht alles, was bei mir ansteigt. Leider. Denn als wäre es heute nicht schon warm genug, fühl ich mich wie ein verdammter Vulkan, der kurz vor dem Ausbruch steht. Selbst meine Hände schwitzen unnormal doll, was einfach nur ekelhaft ist. Sie immer wieder an meinem Kleid abzuwischen, bringt jedoch auch nicht wirklich etwas.
„Clara?“, höre ich jemanden hinter mir sagen und spüre im selben Moment eine Hand auf meiner rechten Schulter. Ich zucke schreckhaft zusammen, drehe mich blitzschnell mich um und balle meine Hände zu Fäusten, gewappnet, um mich meinen Angreifer in den Weg zu stellen. Aber als ich dann in die geweiteten karamellfarbenen Augen meiner besten Freundin schaue und realisiere, wer da in Wirklichkeit vor mir steht, beruhige ich mich binnen weniger Sekunden wieder. Zumindest so weit, wie es mein Körper zulässt.
Ohne etwas Weiteres zu sagen, macht Sofia einen Schritt auf mich zu und nimmt mich in den Arm. Seufzend lehne mich an meine beste Freundin, vergrabe das Gesicht an ihre Brust und atme den Duft ihres fruchtigen Shampoos ein. Mango. „Ich bin da, Clara“, flüstert sie mir versichernd zu und streicht immer wieder über meinen Rücken, der mit ziemlicher Sicherheit, mehr als nur ein bisschen angespannt ist. Doch ihre sanften Berührungen sorgen dafür, dass sich die Muskeln in meinen Körper ganz langsam etwas lockern. „Danke“, murmle ich leise und schmiege mich noch etwas mehr an sie. Doch so sehr ich auch versuche, mich in den Armen meiner besten Freundin zu entspannen, kann ich es nicht verhindern, dass die Tränen ihren Weg nach draußen finden und lautlos über meine Wangen laufen. Am liebsten würde ich sie wegwischen und so tun, als wäre nichts. Aber dann würde ich die Rechnung ohne Sofia machen, die jetzt ohnehin schon mitbekommen hat, dass ich weine.
„Clara“, bringt sie meinen Namen über ihre Lippen und könnte das kein bisschen gefühlvoller machen, als gerade. Vorsichtig schiebt sie mich von sich weg und mustert mich mit einem aufmunternden Lächeln. Ihre karamellfarbenen Augen sind mit Sorge gefüllt. Sorge um mich und wegen dem Grund, weshalb wir heute hier sind. Als meine beste Freundin weiß sie von all meinen Problem, weswegen ich auch so unfassbar froh bin, sie dabei zu haben. Naja. Eigentlich war Sofia diejenige, die mich zu diesem Termin überredet hat. Wenn es nach mir ginge, würde ich jetzt im Café stehen und meine Kunden mit Kaffee, Kuchen und anderen Leckereien versorgen. Doch das übernimmt heute Mara, eine meiner Angestellten, wofür ich ihr auch insgeheim dankbar bin, da ich es mir zwar leisten konnte, wenn mein Café einen Tag geschlossen blieb, ich es allerdings dich gern geöffnet haben wollte.
„An wen dachtest du, als ich dich an der Schulter berührt habe?“, möchte Sofia nun wissen, legt mir ihre Hand an meine Wange und streicht mit dem Daumen ganz sanft darüber. Sie fühlt sich kühl an, was ein angenehmer Kontrast zu meiner glühend heißen Haut ist. Das sich meine beste Freundin noch nicht an mir verbrannt hat, grenzt schon förmlich an ein kleines Wunder. „An wen wohl?“, antworte ich mit einer Gegenfrage und schaffe es, mir trotz zitternden Fingern, ein paar meiner dunkelbraunen Haare hinters Ohr zu schieben. Selbst meine Haare, die ich eigentlich über alles liebe und besonders gut pflege, sind vom Schwitzen schon ganz feucht geworden. Wenn ich da gleich reingehen soll, muss ich definitiv noch weiter abkühlen. Allein schon zum Wohl der anderen Patienten.
„An Ivan“, sagt sie schließlich und schenkt mir ein liebevolles Lächeln, welches sogar schafft bei mir anzukommen und mich ebenfalls ein kleines bisschen zum Schmunzeln bringt. „Ja“, flüstere ich, woraufhin das schwache Schmunzeln auf meinen Lippen vollständig verschwindet. Dafür läuft mir ein eiskalter Schauer über den Rücken, gefolgt von einer plötzlichen Gänsehaut, die sich überall auf meiner Haut bildet. Besonders stark ist sie an all den Stellen, die nicht von meinem sommerlichen Kleid bedeckt werden. Das bei solch hohen Temperaturen, schafft auch nur Ivan, mein Verlobter und zukünftiger Ehemann. Aber ob er das auch noch sein will, nachdem er die Wahrheit herausgefunden hat, weiß ich nicht. Ich hoffe es so sehr!
„Weißt du“, setze ich an, seufze erneut leise auf und fahre mir ein weiteres Mal durch mein voluminöses Haar. Es gibt nichts, was ich an mir mehr liebe, wie mein Haar. Dicht gefolgt von meinen grünen Augen, die ich außerdem unfassbar schön und intensiv finde. „Ich hatte noch nie solche Angst vor ihm, wie aktuell. Was wird er tun, wenn er es herausfindet? Wird er mich rauswerfen? Schluss machen? Die Hochzeit nächsten Monat streichen?“ Ich hole tief Luft, um dann das zu sagen, wovor ich von allen Befürchtungen am meisten Angst habe. „Was ist, wenn Ivan will, dass ich…“ Doch weiter komme ich nicht, da ich es nicht über mich bringe, diese Worte auszusprechen und mir meinen Tränen so oder so wieder das Wort abschneiden. Ich schluchze laut auf, schlage mir die Hand vor dem Mund und fange im selbst Moment an zu zittern. Am ganzen Körper. Fast schon so, als würde ich frieren.
„Nein, Clara. Nicht!“, schießt es wie eine Kanonenkugel aus ihr heraus. Ich bin mir sicher, dass alle anderen bei ihrem ernsten Tonfall zusammengezuckt wären. Aber ich nicht. Ich bin nicht zusammengezuckt und werde es auch nicht tun, da ich ganz genau weiß, wie meine beste Freundin das meint. In ihrer Stimme befindet sich kein einziger Vorwurf. Weder für das was ich gesagt habe, noch für das, weswegen wir hier sind. „Denk erst gar nicht daran“, fährt Sofia fort, greift nach meinen Händen und streicht mit ihren Daumen über meinen Handrücken, während ich ihre andere Hand mit meiner festdrücke. Das ist etwas, was wir in unserer kurzen Freundschaft schon oft getan haben und immer wieder hat es sich unbeschreiblich toll angefühlt. Diese sanfte Berührung hat etwas Beruhigendes an sich. Etwas, wovon ich gerade nicht genug bekommen kann.
„Sofia“, murmle ich und senke den Kopf, da ich es nicht über mich bringe, noch länger in diese warmen Augen zu schauen, die wie flüssiges Karamell aussehen. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal so am Boden war, wie gerade. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal so negativ eingestellt war. „Clara“, sagt sie genauso leise, aber mit wesentlich mehr Herzenswärme in der Stimme. Sie nimmt mein Kinn in ihre Hand und drückt es leicht nach oben, sodass ich gezwungen bin, meine beste Freundin anzuschauen. „Noch ist nichts sicher, hörst du?“ Ich nicke automatisch, was ihr ein kleines Lächeln ins Gesicht zaubert. Das Sofia einmal meine beste Freundin hier in Madrid sein wird, hätte ich vor einem halben Jahr nicht dacht. Doch ich bin froh darüber. Ich kann mir niemand besseren vorstellen.
„Egal was bei diesem Termin herauskommt“, fährt sie fort und streicht nun wieder über meine Wange, die sich mittlerweile nicht mehr ganz so heiß anfühlt. „Ich als deine beste Freundin stehe hinter dir und werde dich mit allen Mitteln die mir zur Verfügung stehen, unterstützen.“ Sofias Worte bedeuten mir so unfassbar viel. Dasselbe würde ich anders herum auch tun. „Aber damit wir das herausfinden können.“ Sie schiebt mir eine Strähne hinters Ohr. „Müssen wir da jetzt rein, Clara.“ Ich schlucke den Kloß in meinem Hals hinunter. „Du hast recht“, antworte ich leise und nicke.
Jetzt gibt es kein zurück mehr.
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Kurzgeschichten zu "Nur die Vergangenheit kennt die Wahrheit"
Teen FictionEs ist Herbst. Du sitzt auf dem Fensterbrett, in deinem Zimmer. Das Fenster ist angeklappt und du hörst, wie der starke Regen gegen die Scheibe prasselt. Es tobt ein unheimliches Gewitter und du denkst, die Welt geht gerade unter. In den Händen hält...