E I N S

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Ohne es richtig glauben zu können, parkte ich mein Auto tatsächlich vor meiner alten High School.

Seit ungefähr einem Jahr hatte ich keinen Fuß mehr auf dieses Gelände gesetzt.

Ich hatte diese Zeit gebraucht, um mich zu verändern. Und ja, ich war eine andere, als die, die vor einem Jahr kopflos zu einem Auslandaufenthalt aufgebrochen war, nachdem sie die mitleidigen und spöttischen Blicke ihrer Mitschüler nicht mehr ausgehalten hatte.

Ich setzte mir meine dunkelbraune Pilotenbrille auf und griff nach meiner Tasche auf der Beifahrerseite, während ich überlegte, ob mich jemand erkennen würde.

Vermutlich nicht.

Okay, der erste Auftritt ist der Wichtigste; also los ins, ähm, Getümmel?

Nachdem ich meine Beine, die in weinroten Hosen steckten, aus meinem schwarzen Auto geschwungen hatte, richtete ich mich auf.

Und nein, es war jetzt nicht wie in einer dieser schlechten High-School Filmen, dass alle zu mir sahen und mich angafften, nein, ich bekam nur ein paar Blicke ab.

Doch im Gegensatz zu früher richtete ich meine Augen nicht auf den Boden, sondern schloss langsam mein Auto ab und ließ meinen Blick über die Schüler schweifen.

Ich schlenderte langsam in die Richtung des Gebäudes und hielt Ausschau nach Liam. Ich wollte sein Gesicht sehen, wenn er mich wieder sah.

Mir pfiff ein Typ hinterher und ich lächelte in mich hinein. Für sie war ich nur eins - Frischfleisch. Erkennen tat mich niemand.

Und dann sah ich ihn. Er stand etwas abseits mit seinen Freunden, umlagert von Schlampen.

Ich bemerkte, wie die Jungs tuschelten und manchmal zu mir sahen, woraufhin ich stehen blieb und in meiner Tasche nach meinem Handy wühlte.

Aus dem Augenwinkel erkannte ich, wie Liam von seinen Freunden wegging, sich nochmal grinsend umsah und dann auf mich zulief.

Als sich ein Schatten auf mich warf, sah ich hoch, in die dunkelblauen Augen des Teufels höchstpersönlich.

„Hi", sagte ich kurz angebunden, auch wenn mein Herz vor Aufregung schneller schlug. Er sah noch genauso aus wie früher. Dunkle Hose, graues Shirt, schwarz glänzende Lederjacke. Brauner Undercut.

„Hey. Wir kennen uns noch gar nicht oder?" Er erkannte mich nicht. Er erkannte mich wirklich nicht!

Bevor ich irgendetwas sagen konnte, meinte er. „Dein Körper ist übrigens wie ein Tempel." Liam zwinkerte mir mit einem dreckigen Grinsen zu und fassungslos schob ich meine Sonnenbrille hoch.

„Leider gibt es für Arschlöcher keine Messen!", entgegnete ich bissig.

Seine Augen weiteten sich geschockt, als er mich erkannte. „Vanessa?"

Ich hob meine Hand. „Ja, hier", erwiderte ich ironisch.

„Was machst du hier?"

„Ähm, lass mich überlegen. Mit einem Wichser reden?"

Ihm blieb der Mund offen stehen.

Kurzerhand drückte ich seinen Kiefer zu. „Würdest du mich jetzt bitte vorbeilassen? Ich habe noch besseres zu tun, als mit dir einen Smalltalk zu führen. Mir die Nase putzen zum Beispiel."

Er trat einen Schritt zurück und musterte mich von oben bis unten. „Vielleicht wird das doch nochmal was mit uns, denn in diesen Sachen hast du wirklich das bestimmte Etwas."

„Und du hast wirklich immer das bestimmte Nichts." Ich ließ sein oscarreifes Gesicht kurz auf mich wirken, machte dann einen Bogen um ihn und ging weiter.

Only her life.Where stories live. Discover now