Z E H N

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„Die Frage ist echt scheiße", maulte Jack, doch ich grinste ihn nur auffordernd an.

„Aw, ich find das ja echt süß, wie du versuchst, dich herauszureden. Aber dein Hundeblick zieht bei mir nicht, du Labrador. Wärst du ein Chihuahua vielleicht, aber du bist zu groß für einen."

„Ich mach das, weil ... Du bist ... ähm ... Ich habe ...", stotterte er und vergrub das Gesicht in den Händen. „Du bist besonders", murmelte er auf einmal.

„Was?" Ich war besonders? Meinte er das Ernst?

„Du hast mich ganz genau verstanden und ich wiederhole mich jetzt nicht!"

Oh ja, ich hatte ihn verstanden. Und seine Antwort stellte mich sehr zufrieden. Aus welchem Grund auch immer.

Wir verbrachten die nächsten Minuten schweigend, jeder in seine eigenen Gedanken versunken, bis mich mein Handy aufschrecken ließ.

Ich sah auf den Bildschirm und ging dran. „Finn?"   

„No Shit, Sherlock. Wo bist du?" Seine Stimme klang wütend und nach einem Hauch von Sorge.

„Äh, bei einem Freund?"

„Bei welchem Freund, Vanessa?"

Ich stöhnte genervt auf. Finn war noch nie so ein Bruder gewesen, der damit drohte, jeden Kerl, der mich auch nur ansah, umzubringen, doch in den letzten Wochen entwickelte er sich stark in diese Richtung.

Und das ging mir echt verdammt auf die Eierstöcke.

„Das geht dich nichts an, Finn! Ist noch was?"

„Du musst nach Hause kommen. Mum und Dad haben mal wieder Lust auf einen Spiele-Abend." Aufgrund der Tonlage seiner Stimme vermutete ich, dass er davon nicht gerade begeistert war.

„Und das interessiert mich jetzt, weil...?"

„Vanessa!", brüllte er schon fast ins Telefon und erschrocken hielt ich es mir vom Ohr weg.

„Gut. Okay. Ich bin bald da." Ich legte auf und drehte mich mit einem entschuldigenden Ausdruck auf meinem Gesicht zu Jack um. „Tut mir leid, aber ich muss nach Hause."

Er lächelte mich an. „Kein Problem."

Wir standen auf und er brachte mich noch zur Haustür.

„Wir sehen uns Montag in der Schule?", fragte er.

„Falls ich die Motivation aufbringe, aufzustehen, mich zu schminken, mich in mein Auto zu setzten und zur Schule zu fahren, ja, dann sehen wir uns Montag."

Jack trat einen Schritt auf mich zu und schloss mich in die Arme. „Ich glaube, nach diesen zwei Wochen werden wir mehr sein, als nur Freunde", murmelte er mir ins Ohr.

Ich versuchte mich aus seinem Klammergriff zu befreien, doch er hielt mich zu fest. „Jaja, klar. Und sie machen in der Wüste ein Skigebiet auf."

„Da will ich dann hin."

Schließlich löste er sich ein Stück von mir, aber auch nur soweit, dass unsere Gesichter sich trotzdem fast berührten.

Es war einer dieser Momente, in dem man das Gefühl hatte, die Luft knistern zu hören. „Jack", flüsterte ich und hielt mich widerwillig davon ab, nonstop auf seine Lippen zu schauen.

„Vanessa", erwiderte er in meinem Tonfall, doch richtete seinen Blick ohne Verlegenheit oder Scheu auf meinen Mund.

„Ich muss gehen."

„Hm." Jack hob seine linke Hand und legte sie an meine Wange und fing an, mit seinem Daumen die Konturen meiner Unterlippe nachzufahren.

Ich schloss kurz die Augen, öffnete sie wieder und trat einen Schritt zurück. „Ciao. Bis Montag."

Only her life.Where stories live. Discover now