Z W E I

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In einem leeren Klassenzimmer wurde ich auf einen Stuhl geschubst und das Wesen namens Liam Wine baute sich vor mich auf.

„Was soll der Scheiß, Vanessa?" Da, da, daaaa, er verschränkte die Arme. Kleines, kleines Baby-Liam, bekamst du nicht das was du willst? Jetzt tatest du mir aber leid. Nicht.

„Welcher Scheiß?" Schön einen auf blöd tun, dann hatte man mehr Spaß.

„Was fällt dir ein zu erzählen, dass wir was miteinander haben? Geht's noch? Als ob ich etwas mit dir anfangen würde."

„Du hast gerade indirekt deinen eigenen Stil beleidigt, denn, um es genau zu nehmen, waren wir längere Zeit zusammen. Wenn du also jetzt sagst, dass du nie etwas mit mir anfangen würdest, beleidigst du dich selber, weil du es bereits getan hast. Sicher dass du dich nicht nochmal auf die Suche nach deinem Gehirn machen willst?" Ich betrachtete interessiert meine Dr Martens.

Waren schon coole Schuhe, musste man sagen.

„Du bist noch komischer als vor einem Jahr."

Witzig. Warum hatte ich fast genau denselben Satz heute schon einmal gehört? „Ich denke eher, ich habe mich weiter entwickelt, während du auf dem Stand eines erbärmlichen, sexorientiertem Arschloch geblieben bist. Applaus, Applaus", sagte ich und klatschte zu meinen sarkastischen Worten ein paar Mal in die Hände.

„Mir war die alte Vanessa irgendwie lieber."

Ich lachte trocken auf. „Ich glaube, das liegt daran dass du sie bumsen und verarschen konntest. Tut mir Leid, dass ich dir den Gefallen nicht tu und nicht wieder so werde. Und nach den Sachen, die ich über dich hier schon gehört habe, hast du auch nicht sehr lange um mich getrauert, sondern hattest deine Zunge gleich im Hals einer Schlampe."

Er setzte sich auf das Lehrerpult und vergrub das Gesicht in seinen Händen. „Vanessa, das mit damals tut mir leid."

Wegen seiner mageren und gefakten Entschuldigung, schnaubte ich auf. „Ich denke dein Gehirn ist noch auf dem Stand, wo es denkt, dass ich dir hinterher trauern würde. Aber so ist es nicht. Wenn du früher von einem Hochhaus hättest springen wollen, hätte ich versucht, dich davon zu überzeugen, es nicht zu tun. Aber jetzt würde ich mir Popcorn und 'ne Cola holen und dir jubelnd zuschauen. Also falls du mich entschuldigen würdest, ich muss jetzt rausgehen und dann entscheiden ob ich in Mathe gehe oder nach Hause. Schwere Entscheidung, was glaubst du? Naja zu Hause müsste ich dich nicht sehen, was heißt, die Entscheidung ist gefallen. Ciao."

Ich stolzierte aus dem Zimmer und hinterließ einen mal wieder wortlosen Liam. Meine Entscheidung war wirklich, nach Hause zu gehen, woraufhin ich mich krank meldete und in mein Auto stieg.

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Am nächsten Morgen saß ich um zwanzig vor acht in meinem alten VW und warf den Schülern, die mich durch die Windschutzscheibe komisch ansahen, Grimassen zu.

Die Beifahrertür öffnete sich und ein mir unbekannter Junge setzte sich in mein Auto.

„Ähm, hi?", fragte ich ihm und startete eine Versuch, eine Augenbraue hochzuziehen. Was ich leider mal wieder nicht schaffte, deswegen mussten jetzt beide herhalten.

Der Junge wandte mir sein Gesicht zu und sah mich aus warmen, braunen Augen.

„Du bist also Vanessa", stellte er fest.

Ich verdrehte die Augen. „Nein, ich bin der Nikolaus. Wer bist du und was willst du?"

„Ryan. Und ich verstecke mich." Er drehte sich zum Fenster, um sich gleich zu ducken, sodass man von draußen nur einen Teil seines Rückens erkennen konnte.

Only her life.Where stories live. Discover now