14. KAPITEL

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BURN

Ich hätte erwartet, dass mich der Sturm aus dem Tiefschlaf reißt oder Tinsleys Körper. Mit dem Getuschel, welches mich tatsächlich aus dem Schlaf befördert, habe ich nicht gerechnet. Blinzelnd schlage ich die Augen auf, strecke mich und stelle fest, dass Tinsley nicht neben mir liegt.

Das Kissen liegt an meiner Brust und auch ein Teil ihrer Decke bedeckt meinen Körper, weil ich heute Nacht nicht genügend Nähe bekommen konnte. Gähnend setze ich mich auf und werfe einen Blick durch das Erkerfenster.

Mittlerweile ist es hell geworden, trotzdem scheinen die Regenwolken am Himmel festzuhängen. Auf dem Bücherregal direkt neben unserem Lager sitzt Master Oogway und klettert gerade an den Büchern hinauf. Schmunzelnd beobachte ich ihn, ehe ich mir über das Gesicht reibe. Die Müdigkeit steckt mir in den Knochen und ich fühle mich schwerfällig. Die Nacht war himmlisch, trotzdem hätte etwas mehr Schlaf gutgetan.

Wortfetzen dringen an mein Trommelfell, die mich die Stirn runzeln lassen. Ist das Lexi? Wie spät ist es überhaupt? Mit gefurchter Stirn rutsche ich an den Rand der Matratze, greife nach meinen Klamotten und schlüpfe in mein Shirt.

»Was denkst du dir dabei, Tins?«, zischelt Lexi. Gerade schlüpfe ich in meine Socken, da höre ich ihr Schnaufen.

»Mach kein Drama, okay? Er hat einfach nur hier übernachtet, aufgrund des Unterwetters. Hätte ich ihn auf die Straße setzen sollen?«, erwidert sie zornig.

»Nach einfach nur hier übernachtet, sah euer Gekuschel eben ganz und gar nicht aus. Außerdem hast du diesen Ausdruck im Gesicht«, zieht Lexi sie auf. Wieder stößt Tinsley ein Schnaufen aus. »Da! Jetzt wirst du sogar rot. Ich wusste es. Er hat nicht einfach nur hier übernachtet. Ihr habt mindestens geknutscht, wenn nicht sogar mehr.« Das anschließende Getrippel hört sich an, als würde Lexi einen Freudentanz vollführen.

»Jetzt werd' nicht pedantisch, Lexi. Soweit ich weiß, ist es nach wie vor meine Angelegenheit, mit wem ich knutsche, schlafe oder kuschle«, erwidert Tinsley grunzend. Ich höre das leichte Lachen in ihren Stimmen deutlich.

»Oh mein Gott«, quietscht Lexi aufgeregt. »Du hast mit ihm geschlafen. Erzähl mir alles. Warte. Ich mache uns Kaffee.« Bei Lexis Worten festigt sich ein Schmunzeln auf meinen Lippen. Zusätzlich flackern die Erinnerungen der letzten Nacht durch meinen Kopf. Heiße Küsse in totaler Dunkelheit. Seufzen, während der Donner grollt. Genüssliches Keuchen zwischen den grellen Blitzen des Unwetters.

»Lexi, ich bitte dich. Burn schläft noch«, zischt Tinsley. Umgehend reiße ich mir das Shirt vom Leib, zerre die Socken von meinen Füßen und haste zurück unter die Decke. »Wenn du noch nerviger wirst, wacht er auf. Du kannst gehen. Ich werde den Laden nicht aufmachen. Es wird niemand kommen, weil die Leute mit den Nachwirkungen vom Sturm beschäftigt sind.«

»Ich setze keinen Fuß aus der Tür, bevor du mir nicht die Wahrheit gesagt hast. Hast du mit unserem besten Kunden heute Nacht gevögelt?« Das Klirren von Tassen erklingt.

»Ach, halt deine dumme Klappe, du Tratschweib«, brummt Tinsley.

»Hast du«, lacht Lexi. »Du Luder.« Das Gluckern der Kaffeemaschine erklingt und erinnert mich daran, dass ich dringend einen Blick auf die Uhr werfen sollte.

»Wo hast du denn vor, den Kaffee zu trinken? Immerhin kannst du dich nicht auf die Sessel kuscheln, wie du es gewöhnlich tust.«

»Wieso nicht?« Ich höre Schritte und schließe in schauspielerischer Höchstleistung die Augen. »Och Gottchen, guck ihn dir an. Du hast ihn erschöpft«, flüstert Lexi. Es fällt mir verflucht schwer, das Lächeln zu unterdrücken. »War er schon immer so niedlich?«

Vom Chamäleon in der Skittlestüte | ONC 2024Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt