Kapitel 21: Mädchen aus Blut

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Ich überlebe die erste Woche in Tenarc ohne eine weitere Nachricht von Will.

Bis Freitagnachmittag sehe ich ihn immer nur von weitem, und wenn wir dann doch mal zusammen für eine Aufgabe eingeteilt werden, unterhalten wir uns ausschließlich über eben diese Aufgabe.

Es ist zum verrückt werden.

Als ich mit Mary und Christine schließlich zum Abendessen gehe, und wir durch einen der versteckten „Geheimgänge" gehen („Kann man Spinat eigentlich bei der Polizei anzeigen?") legt sich plötzlich eine Hand auf meine Schulter und ich springe erschrocken zur Seite, ziehe das kleine Messer an die Luft, das ich neuerdings immer in meinem Ärmel trage, (weshalb mein linker Unterarm voller oberflächlicher Schnitte ist, was ziemlich wehtut, aber es wurde mir zu unsicher, immer zuerst zu meinem Schuh greifen zu müssen) heraus und halte es meinem Angreifer entgegen.

Also, eigentlich halte ich es ihm nicht nur entgegen, sondern fahre ihm damit über den Oberarm.

Mary schreit auf, Christine stolpert zurück und der Angreifer flucht: „Was soll das denn?!"

Es ist nicht William.

Es ist ... Nathan Leroy? Moment kurz, die Stimme ... der Junge mit dem Messer! Wie konnte ich in der Nacht nur so blind sein?!

Von wegen, ich kenne ihn nicht-

„Ich sagte doch; Codewort: Mädchen aus Blut.", meint William hinter ihm lächelnd. 

Mary und Christine sehen sich verwirrt an.
„Ähm ... können wir schon vorgehen?", fragt Mary bemüht schüchtern, als sie das Messer in meiner Hand sieht.

„Hör auf, immer zu fragen. Gen, wir warten drinnen auf dich.", meint Christine barsch und zieht Mary am Arm mit sich.

„Mädchen aus Blut?", sage ich zu William, als die beiden verschwunden sind. „Ernsthaft?! Wir alle sind Menschen, wir alle bestehen aus Blut!"

„Ja. Aber nicht alle von uns bringen andere dauernd zum bluten!"

„Ich bringe niemandem zum bluten!"

„Ähem!", macht Nathan laut und hebt seinen blutenden Arm. 

„Ja, okay. Einmal!"

William lacht: „Das glaube ich nicht. Du hast den Namen, akzeptiere es, oder -"

„Wir treffen uns heute Nacht. Dort, wo du uns zum letzten Mal auch gesehen hast.", unterbricht Nathan ihn schlecht gelaunt. „Verdammt, weißt du eigentlich, wie sehr das wehtut?!"

„Jepp.", antworte ich ehrlich. „Vielleicht solltest du das jemandem zeigen! Nicht, dass du noch verblutest!"

Nathan sieht erst mich und dann William wütend an, bevor er sich umdreht und in Richtung Krankenraum verschwindet. 

„Dann bis später.", sagt William leise nach ein paar Minuten Stille. Ich nicke: „Bis später. Und danke."

„Wofür?", fragt William.

„Weißt du was? Wenn du das nicht weißt, nehme ich es wieder zurück -"

„Bis später, Genieve.", unterbricht William mich und wir drehen uns fast gleichzeitig um, er in Richtung Hauptreppe, ich in Richtung Speisesaal, obwohl mein Hunger fast weg ist.

Allerdings auch nur fast.

Selbst Christine hat an dem heutigen Abendessen nichts auszusetzten, und wir alle gehen dank der Spinatfreien Lasagne wirklich absolut satt zu Bett. 

Mary schnarcht fast sofort los, ich warte bis kurz vor Mitternacht, um sicher zu sein, dass Christine zumindest so weit weg gedämmert ist, dass sie keine Lust dazu hat, aufzustehen und mir zu folgen.

Girl of Blood - [ONC2024]Where stories live. Discover now