✧Kapitel 14✧

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Mercators Raum hat ein Fenster.

Einen winzigen Teil davon kann ich in meiner aktuellen Position sehen, und es ist genug, um zu wissen, dass ich von dort aus die Sterne sehen könnte. Mühsam sträube ich mich gegen das Seil, das mich an Kira bindet. Nicht, dass ich mich losreißen möchte, aber ich habe das Gefühl, dass ich mehr von dem sehen muss, was sich vor diesem Fenster abspielt.

„Was ist los, Blobb?" Ihre Stimme klingt wieder enger, und ich habe mittlerweile gelernt, diesen Klang mit negativen Emotionen zu verbinden oder zumindest damit, dass negative Emotionen aufziehen könnten.

„Was ist?" Fred dagegen betont zu wenig, als hätte er nur die Hälfte der Rechenkapazitäten in seinem Kopf für die Konversation erübrigen können.

„Ich weiß nicht – Blobb, was – oh."

„Kann es mir gefährlich werden?" Dieses Mal liegt eindeutig mehr Aufmerksamkeit in Freds Stimme.

„Nein", murmelt Kira. „Ich glaube ... ich glaube, Blobb will ans Fenster."

Wahrscheinlich hat sie gesehen, in welche Richtung ich meine Kameras ausgerichtet habe.

„Du brauchst mich gerade nicht, oder, Fred?"

„Je weiter weg ich im Moment von Blobbs Schneidewerkzeugen bin, desto besser."

Es dauert kurz, bis Kira sich in Bewegung setzt, deswegen gehe ich davon aus, dass sie Fred nonverbal noch etwas mitgeteilt hat, aber dann bringt sie mich an die Stelle, wohin ich unbedingt will: zu den Sternen.

Der Eindruck ist genauso überwältigend wie beim ersten Mal, das Weltall scheint in Farben zu glühen, von denen ich nicht einmal wusste, dass sie existieren. Und die anwesenden Körper drehen sich in Mustern umeinander, die zu entschlüsseln mich Jahre kosten würde.

Aber als ich jetzt hinaussehe, glaube ich, etwas erkennen zu können, das genau dieses Bild, diese harmonischen Muster, stört. Als hätte sich ein Fremdkörper zwischen mich und die Sterne geschoben, der aber vor meinen Kameraaugen verborgen ist.

„Irgendwo dort draußen", sagt Kira mit einem Seufzen. „Irgendwo werden wir eine neue Heimat finden. Nur weiß niemand, wann."

Ich weiß es auch nicht und für einen Moment verliere ich mich in der Frage, was wohl aus mir wird, sobald die Perseus eine neue Heimat gefunden hat.

„Und ..." Kira wartet einen Augenblick, bevor sie weiterspricht. „Die Aufgabe ist nicht leichter geworden, seit die Scanner kaputtgegangen sind. Wir fliegen blind."

Ich habe das Gefühl, als würde sie sich gar nicht mehr mit mir unterhalten, sondern als würde sie die Worte einfach auf gut Glück in den Raum um uns senden. „Wahrscheinlich ist jetzt unsere beste Chance, ein neues Zuhause zu finden, wenn wir darauf abstürzen."

Sie klingt ein bisschen, als würde sie lachen wollen, aber als wäre das Geräusch irgendwo in ihrem Hals stecken geblieben, sodass ihre Stimme stattdessen rau wird.

Dann waren die Scanner, die Fred reparieren sollte, bevor ich ihn angegriffen habe, also ein Mittel der Menschheit, um ihre neue Heimat zu finden. Und ich habe diese Reparatur aufgehalten. Was ich allerdings nicht verstehe, ist etwas anderes.

Sollte ein so großes Schiff wie die Perseus nicht unzählige Scanner haben? Wie können sie alle gleichzeitig kaputtgehen? Wie kann es sein, dass es keinen Ersatz gibt?

Aber dieses eine Mal beantwortet Kira meine unausgesprochene Frage nicht. Vielleicht ist es einfach nicht das Gebiet, in dem wir auf die gleiche Art und Weise denken. Ich frage mich, woran sie gerade denkt, denn als ich meine Kameras nach oben richte, starrt sie so in die Sterne wie ich noch einige Augenblicke zuvor.

Die Sterne über unsWhere stories live. Discover now