✧Epilog✧

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Aber Kira vergisst es nicht.

Das ist auch der Grund, warum ich Raus buchstabieren kann, als sie einige Zeit später lachend in unser Zelt gestürmt kommt.

„Die Aurora! Blobb! Fred! Die Nordlichter sind zu sehen!"

Fred blickt von dem auf, woran auch immer er gerade gebastelt hat, und dreht sich zu ihr um, um sie kurz in die Arme zu schließen. „Lass mich nur kurz –"

Kiras rosa Haare fliegen um ihr Gesicht, als sie eine vollständige Drehung vor Fred macht. „Fred Sandvoss, wir sind auf einem fremden Planeten, mit einem fremden Himmel und fremden Sternbildern. Du wirst nicht auf einige Schrauben starren, wenn draußen die Aurora zu sehen ist!"

Fred seufzt ergeben und legt den Schraubenzieher, mit dem er gerade noch gearbeitet hat, zur Seite. „Ist ja gut."

Ich bin nicht beleidigt, weil Kira mich nicht noch einmal explizit einlädt, sie hat es das erste Mal getan. Außerdem bin ich ja nicht allein. Einige andere Lemminge gesellen mich zu mir, als wir die Werkbank hinunter krabbeln. Wir unterstützen Fred, so gut wir können.

Denn obwohl sich alle liebevoll um die Instandhaltung der Perseus kümmern, gibt es dort einfach nicht mehr so viel zu tun – hauptsächlich deswegen, weil wir nicht mehr im All unterwegs sind, wo kleine Steine zu gefährlichen Geschossen werden.

Also suchen wir uns nach und nach eigene Aufgaben. Die betreffenden Lemminge und ich leuchten allesamt noch immer blau, und es verbindet uns.

Das heißt allerdings nicht, dass ich nicht mit aller Macht versuche, als Erstes draußen zu sein. Ich stolpere fast über meine acht Beinchen, so eilig habe ich es. Bin ich immer noch ein bisschen übereifrig? Ich fürchte ja.

Rückblickend hätte ich mich vielleicht nicht ganz so sehr beeilen sollen, denn so werde ich Zeuge, wie Kira und Fred sich küssen. Zwar kenne ich mittlerweile die Bedeutung dieser Tätigkeit und ich weiß, dass sie – meistens – nicht wirklich ihre Münder benutzen, sondern den fleischigen Teil davor, den sie Lippen nennen, aber die Vorstellung bereitet mir noch immer Schwierigkeiten. Warum sollten sie den Teil eines anderen berühren wollen, mit dem er Essen zu sich nimmt? Mit ihrem eigenen Essensteil?

Ich muss wahrscheinlich nicht alles verstehen, was die Menschen tun.

Denn wir entdecken auch immer wieder Gemeinsamkeiten.

So verharren wir alle draußen, als wir in den Himmel blicken, und wir werden ganz still. Fred legt einen Arm um Kira, wir Lemminge rücken nah zueinander, sodass wir fast so etwas wie ein einziges blau leuchtendes Knäuel bilden.

Und dann sehen wir nach oben in den Himmel.

Bänder aus hellgrünem und rosa Licht wabern über uns durch die Luft. Es ist, als hätte jemand Farbe ausgeschüttet und diese Farbe würde nun im Wind wehen.

Dahinter funkeln uns die Sterne an, versprechen ungeahnte Geheimnisse, Muster, die noch niemand erkannt hat, Dimensionen, die nicht einmal ein künstlicher Verstand begreifen kann. Sie sind noch immer überall, eine stetige Erinnerung daran, woher wir gekommen sind, und wohin wir vielleicht irgendwann wieder gehen werden, wenn uns das Bedürfnis packt, etwas Neues zu sehen.

Doch für den Moment sind wir alle noch damit beschäftigt, das Neue direkt vor unseren Füßen und Beinchen zu untersuchen. Eine Heimat zu finden. Und das ist in Ordnung so.

Wir sind schließlich nicht verloren, wir haben die Sterne über uns.


Die Sterne über unsWhere stories live. Discover now