Kapitel 3

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Auch die anderen sind schon fertig und wir gehen runter zum Strand, wo wir unsere Handtücher ausbreiten und ich mich hinsetze. "Kommst du nicht ins Wasser?" fragt Alex erstaunt. "Jetzt schon? Ich habe mich doch gerade erst hingesetzt." jammere ich und ziehe einen Schmollmund. "Komm schon." meint er und hält mir seine Hand hin, die ich dann ergreife und mich auf mein Bein ziehen lasse. Schnell ziehe ich mein Kleid aus und humple dann durch den feinen Sand. "Schön kühl." sage ich, als das Wasser meine Beine umspült und meine Schwellung kühlt. "Dann komm ganz rein." ruft Alex und ohne Vorwarnung spritzt er mich nass. "Nein! Lass es!" kreische ich, da es doch bisschen zu kalt auf einmal war. Belustigt lacht er auf, perfekter Augenblick für Rache. Überrascht japst er nach Luft und diesmal lache ich. "Hey, wir sind quitt." mahne ich ihn, als er langsam auf mich zukommt und plötzlich meine Füße unter mir wegzieht. Laut klatsche ich ins Wasser und strample wild mit den Füßen. Prustend tauche ich wieder auf und schlage Alex gespielt beleidigt auf die Brust, die zugegeben recht muskulös ist. Er sieht mich mit einer hochgezogenen Augenbraue an, unschuldig lächel ich und schwimme dann schnell weg. Sofort höre ich seine Schwimmzüge hinter mir und ich beeile mich noch mehr, aber da schwimmt er schon neben mir her und grinst mich an. "Ich bin Schwimmer, schon vergessen?" entsetzt, dass ich das vergessen habe, schaue ich ihn an. Ich tauche unter, damit er mein erhitztes Gesicht nicht sieht, aber er greift sich sogleich meine Beine und ich tauche schnell wieder auf, damit ich mich eventuell wehren kann. "Hey." protestiere ich und rudere wild mit meinen Armen, um mich über Wasser zu halten. "Tja, da musst du schon vorher überlegen ob du mich schlägst." meint er und zuckt seine Schultern. Dann fängt er an wieder raus zu schwimmen, weswegen ich viel Wasser schlucke, da er meine Beine immer noch festhält. "Alex!" krächze ich und sofort lässt er los. "Salzwasser. Nicht gut." erkläre ich und huste unaufhörlich, da der Nachgeschmack vom Salzwasser nicht nachlässt und immer wieder kleine Tropfen meinen Rachen runterrinnen. "Sorry." meint er und lächelt mich entschuldigend an. Wir schwimmen raus und ich setze mich auf mein Handtuch, ich schaue mich am Strand um, überall sind Mädchen in knalligen Bikinis und perfekter Figur. Im Gegensatz zu ihnen fühle ich mich hässlich in meinem bereits abgenutztem grünen Bikini, auf dem einst weiße Punkte waren. Obwohl ich 20 Jahre alt bin, fühle ich mich grad wie ein Kind, das nur darauf hofft, endlich erwachsen zu werden. Ich brauche einen neuen Bikini, schießt es mir sofort durch den Kopf und gedankenverloren schaue ich mich um, um ein wenig Inspiration zu sammeln. Schnell merke ich aber, dass mich das im Augenblick runterzieht, weil ich anfange, mich mit anderen Frauen zu vergleichen. Was sollte jemand auch nur jemals an mir finden, wenn ich so ausschaue wie ich ausschaue, es gibt doch so viele andere, viel schönere Frauen als mich. „Wer will morgen shoppen gehen?" frage ich deshalb in die Runde, um die negativen Gedanken von mir abzuschütteln und setze ein breites Lächeln auf. Ein neuer Bikini wird mich wahrscheinlich trotzdem besser fühlen lassen.

Wieder im Haus machen wir Abendessen und setzen uns dann hin. "Nächste Woche machen wir eine Radtour." verkündet mein Vater glücklich. "Was? Nein, ohne mich!" protestiere ich sofort und lege meine Gabel beiseite. "Wieso?" grinst er. "Das weißt du ganz genau." sage ich so genervt und schaue ihn wütend an. "Weil du faul bist?" schlägt er vor und lacht. In diesem Moment schweigt jeder, einige schauen mich an, andere wiederum schauen komisch auf ihre Teller. "Wahrscheinlich." antworte ich, stehe schnell auf und verschwinde in mein Zimmer. Wieso macht er das vor jedem? Tränen schießen in meine Augen und ich habe das starke Bedürfnis zu weinen. Ich hasse es, dass mein Vater mich so einfach bloßstellen kann und ich nicht in der Lage bin, irgendetwas zu meiner Verteidigung zu sagen. Mein Gehirn friert einfach ein.

Eine halbe Stunde später klopft es an meiner Tür und Alice kommt rein. "Stör ich?" "Nein, setz dich doch." biete ich ihr an und mache Platz auf meinem Bett. "Ist alles okay?" fragt sie zögernd und schaut mich unsicher an. "Klar." lächel ich sie verkrampft an, wie sollte es mir denn schon gehen, wenn mein Vater mich vor jedem beleidigt und mich jeder für faul und dumm hält. "Okay." antwortet sie und lächelt mich gezwungen an. "Dann gehe ich mal." Sie steht auf und verlässt mein Zimmer, aber schaut mich noch einmal an. "Übrigens gibt es insgesamt bloß fünf Fahrräder.". "Bitte was?" frage ich nach, ob ich mich vielleicht doch verhört habe. "Fünf, es gibt fünf Fahrräder." Sie zeigt auch noch fünf Finger und jetzt bin ich echt genervt, wütend und entgeistert. Das macht er mit Absicht. Hastig stehe ich auf und eile die Treppen runter auf die Terrasse zu den Erwachsenen. "Genug beleidigte Leberwurst gespielt?" spottet mein Vater. "Nein, noch nicht. Du hättest doch auch einfach sagen können, dass nur ihr die Tour macht!" blicke ich ihn wütend an. "Du weißt es schon?" gespielt überrascht schaut er mich an. "Stell dir vor." nuschel ich leise. "Die Erwachsenen werden auf jeden Fall fahren, da bleibt noch ein Fahrrad übrig, nur für dich." grinst er. "Lustig." erwidere ich trocken und wende mich ab um zu gehen. "Am Montag stehen wir um sechs auf, um noch vor der großen Hitze fahren zu können." informiert er mich und ich bleibe sofort stehen. "Toll. Viel Spaß dann." Ich gehe weg, als er mir noch nach ruft, ob ich Hunger hätte. "Nein!" schreie ich und beeile mich in mein Zimmer zu kommen. Und ob ich Hunger habe, wegen ihm konnte ich ja nicht essen.

Ich lasse meine Tür laut ins Schloss fallen und lehne mich dann wütend gegen die Tür. Er schafft es immer wieder mich zur Weißglut zu bringen. Leise klopft es an meiner Tür, genervt öffne ich sie und blicke in zwei strahlend blaue Augen. "Hunger?" Alex hält einen Teller mit einem Brötchen und Belag hoch und grinst mich an. "Ja, danke." Ich lasse ihn rein und nehme ihm den Teller ab, setze mich auf mein Bett und beiße herzhaft in mein Essen. "Willst du stehen bleiben und mir beim Essen zuschauen, was ehrlich gesagt nervt, oder willst du dich hinsetzen und irgendetwas lesen oder so?" frage ich ihn, weil er mitten im Zimmer steht wie bestellt und nicht abgeholt. "Darf ich dein Buch lesen?" will er wissen. Früher habe ich Geschichten für mich geschrieben, sogar ziemlich viele und ich bin echt überrascht, dass er sich noch daran erinnert."Was? Wieso das?" frage ich erstaunt. "Du hast doch mal gesagt, dass ich es lesen kann." erinnert er mich. "Richtig. Wenn du willst." Ich reiche ihm mein Handy und öffne die Seite wo ich immer schreibe. "Such dir eins aus." sage ich noch und als er beschäftigt ist, fange ich an zu essen, aber beeile mich. Er soll ja nicht zu viel von meinem Buch lesen, gewisser Maßen ist es mir doch peinlich. Als ich fertig bin, schnappe ich mir mein Handy und lege es beiseite. "Hey." protestiert Alex und will sich mein Handy wieder schnappen, aber ich schmeiße es in meine Tasche und da nimmt er es sich nicht. "Gewonnen." meint er. "Aber ich werde es schon noch lesen." "Bestimmt." antworte ich sarkastisch und lache. "Naja, danke fürs Essen." bedanke ich mich nochmal und breche somit die entstandene Stille zwischen uns. "Kein Ding, ich kann ja nicht zulassen dass du uns hier verhungerst und komplett abmagerst." zwinkert er und gezwungen lächel ich zurück. Autsch, das tat weh. "Wie geht es eigentlich deinem Fuß?" fängt er ein neues Thema an. "Ganz gut, ist am heilen." antworte ich und bewege ihn, um das ganze zu unterstreichen. "Hört man gerne." erwidert er und schon wieder entsteht eine peinliche Stille. "Hör zu Alex, ich will nicht dass ihr euch alle bemüht mich nicht für völlig verrückt zu halten." "Machen wir nicht." antwortet er ruhig und aufrichtig. "Okay." wieder eine peinliche Stille. "Na dann, gute Nacht schonmal." meint er und lächelt mich schief an. Wieder bildet sich ein Kloß in meinem Hals und meine Augen werden glasig und auch noch während ich Alex anschaue. Ich bin auf einmal so überfordert mit meinen Emotionen, sie brechen einfach so aus mir heraus und ich kann sie nicht mehr aufhalten. "Hey. Nicht weinen." meint er und legt seine Hand etwas unsicher auf meine Schulter. "Ich verstehe nicht wieso mein Vater das immer macht." flüstere ich mit erstickter Stimme und wische schnell eine Träne aus meinem Auge. "Bestimmt nur aus Spaß." versucht er mich zu beruhigen. "Haha, ist ja sehr lustig." erwidere ich trocken und unterdrücke meine Tränen. "Morgen fahren sie eh weg und dann ist er erst mal nicht da." meint er und ich nicke. "Gott sei Dank." wispere ich und erschrecke dabei selbst. Ich bin froh wenn mein eigener Vater nicht da ist. Das ist traurig. "Gute Nacht." sage ich dann lauter, als ich mich wieder unter Kontrolle habe. Verdutzt schaut Alex mich an, aber geht dann aus meinem Zimmer.

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