☑️ Kapitel 22♚

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Jess (Bild)

~Lieber gestanden am sterben, als reich leben auf Knien.~


Was mach er denn hier?
Sucht er mich etwa?

Mit einem alarmierenden Ton in meinen Kopf versuche ich mich hinter den Baum zu verstecken, doch mein Körper ist mittlerweile zu unfähig um sich zu bewegen. Meine Füße brennen wie Feuer.

An dem Baum knapp neben mir schiebe ich mich mit meinen Händen hoch, was mir dann auch nach kurzer Zeit gelingt. Mein Atem geht schnell und ich bin völlig ratlos, was ich jetzt machen soll. Mein erster Impuls ist es, mich aufmerksam zu machen, doch etwas in mir hält mich zurück. Wie soll ich erklären, was mit mir passiert ist?

Ich halte meinen Atmen an und höre angestrengt in die Luft. Doch alles ist ruhig, fast so, als wäre Jason nie da gewesen.
Mein Blick gleitet noch einmal prüfend über all die Bäume hinweg. Ist er weg?

Meine Hände die immer noch an den Baum gekrallt und schmerzen. Meine Beine fühlen sich schwach an. Hätte ich doch Jason auf mich aufmerksam machen sollen?

Mit gemischten Gefühlen lasse ich den Baum los und stemme mich hoch. Dann bewege ich meine Beine voran. Mit jeden angestrengten Schritt werden meine Füße schwerer. Schon nach wenigen Sekunden lasse ich mich wieder erschöpft an einen Baum fallen und sehe abermals in den Himmel. Ich kann alles noch gut erkennen, da die Sonne noch nicht ganz untergegenagen ist.

Ich lausche noch einmal. Niemand.
Eine Möglichkeit gibt es noch, um weiter zu kommen.
Mit Mühe und sehr viel Willenskraft dränge ich meinen Wolf an die Oberfläche. Langsam wechsle ich meine Gestalt und meine Augen sehen nur, wie aus meinen Armen weißes Fell hervorkommt und alles sich komische verformt. Mein Blick wird kurz unscharf.
Dabei verspüre ich keinen Schmerz.
Es fühlt sich wie etwas gewöhnliches an.
Die ersten Verwandlungen waren schmerzhaft, so, als ob meine Knochen brechen und ein schmerzhafter Krampf über meinen ganzen Körper zieht. Doch mittlerweile spüre ich nur eine wohlige Wärme.

Meine Sicht wird schärfer und ich kann jedes knacken, jedes Tier, ja sogar das flattern von Vögelflügeln hören. Der Schmerz lässt etwas nach, doch trotzdem sehe ich an manchen stellen Blutverschmiert aus. Ich schüttle mich aus.

So liege ich da. Meine Augen fallen fast zu, doch augenblicklich reiße ich sie wieder auf, als ich einen erfrischenden Duft riechen kann. Seinen Duft.
Er ist wieder in meiner Nähe.

Blitzschnell hebe ich meinen Kopf. Dieser schießt in alle Richtungen und bleibt an etwas hängen.

Eine Gestalt zwischen den ganzen Bäumen. Erschrocken und mit Mühe Rappel ich mich schnell auf und winsle kurz ungewollt, da meine Füße immer noch Schmerzen.

Als die Menschengestalt näher kommt, tretet sie gleichzeitig ins schwache Abendlicht. Nach wenigen Sekunden schärfen sich meine Wolfsaugen. Kurz will ich schon wegrennen, doch meine Pfoten bewegen sich kein Stück. Stattdessen starre ich ihn nur an. Dieser Duft..

Mein gesunder Menschenverstand geht schon nach einigen Millisekunden flöten. Ich weiß nicht, wieso ich erleichtert bin, dass er es ist.
Doch das ist besser, als irgendein fremder den ich hätte Töten müsste. Bei ihm kann ich mir sicher sein. Ihn kann ich vertrauen.

Erschöpft lasse ich mich aus unerklärlichen Gründen also wieder auf dem Waldboden fallen. Ich hören, dass seine Schritte näher kommen und er sich neben mich hockt. Mit jeden Schritt, den Jason macht, werde ich benebelter und zufriedener.

Aus meinen blau-weißen Augen sehe ich ihn von der Seite aus an. Sein schwarzes Haar ist ein wenig verwuschelt und man kann kleine Augenringe unter seinen wundervollen Augen erkennen.
Er sieht erschöpft und auch ein wenig verzweifelt aus. Ist es wegen mir? Hat er mich so lange gesucht, dass er sogar schon Augenringe hat? Nein, das kann doch nicht sein. Ich meine, er ärgert mich andauernd und wir haben nicht einmal so viel miteinander geredet, dass er sich Sorgen machen müsste. Einfach unmöglich.

Ich schnaube und rappele mich auf. Ich setze mich neben ihn.
Und blicke genau wie er in die Ferne.

Ich, der Mondwolf, vertraue einen Menschen der anscheinend keine Angst vor mich hat. Ich frage mich, wie sich die Lage nur so schnell hatte ändern können.

Ich spüre, wie er mich von der Seite aus anschaut.
Das versuche ich zu ignorieren, auch wenn es sich komisch anfühlt in dieser Gestalt gesehen zu werden. Jedoch bin ich für ihn nur eins; der Mondwolf.
Und kein halber Mensch.
Und kein Wolf würde zurückstarren.
Doch dann tue ich es doch.

Sanft lächelt er mich an. So ungewohnt und doch so schön.
Langsam hebt er seine Hand. Ich zucke kurz zusammen, als diese mein Fell berührt und sanft streichelt.
Darauf bedacht, keine meiner Kratzer zu berühren.

"White.. so heißt du jetzt", raunt Jason's Stimme neben meinem Ohr.

White.. innerlich kichere ich, doch äußerlich kommt nur ein schnauben. Fast klingt es wie eine Antwort, die man erahnen kann.
In seinen Augen sehe ich Faszination und Neugier. Doch nicht nur er sieht mich so an, auch ich. Ich fühle mich wie in Trance, doch ich kann mich nicht wehren, obwohl ich ganz genau weiß, dass das alles nicht gut ausgehen wird. Kann es garnicht.

Es fasziniert mich, dass er keine Angst hat und mich schützt.

Doch wir beide schrecken plötzlich auf, als eine helle Stimme die Stille durchbricht und mich aus meiner Traumwelt mit Musik und seinen Augen herausholt.

"Sky?"






Na?

Irgendwelche ideen oder Meinungen? Freut euch schon mal auf Kapi 24! Da habe ich mir voll mühe gegeben.

♥♥

M.

Wolfsmond - Wolf der LegendeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt