Kapitel 12

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Der nächste Tag war ein Sonntag. Den Vormittag verbrachte ich bei Tim. Gegen Mittag musste ich allerdings wieder los, da um 15 Uhr ein Tanzturnier mit den Queen Dancern auf dem Programm stand. In den letzten Wochen war ich nun vollständig hier in Hamburg angekommen und fühlte mich pudelwohl. Die Mädels aus der Tanzgruppe waren mir wirklich sehr ans Herz gewachsen und Sofie, Carna und Josie konnte ich mir ebenfalls nicht mehr aus meinem Leben wegdenken. Wir vier waren ein eingeschworenes Team und machten fast alles zusammen. Lediglich für Tim ließ ich die drei im Stich. Diese hatten allerdings Verständnis dafür. Ich wusste, dass ich immer auf die drei zählen konnte, was mich unfassbar erleichterte. Sofie sah ich von allen am meisten, da sie mit Basti zusammen war und dementsprechend oft bei uns Zuhause. Sie waren kurz nach unserem Geburtstag zusammengekommen und in meinen Augen das süßeste Paar, das auf diesem Planeten wandelte. Aber so direkt würde ich ihnen das nie sagen.

Ich verabschiedete mich mit einem Kuss von Tim und wünschte ihm einen schönen Nachmittag. Dann huschte ich in Windeseile nach Hause und kramte mein Turnieroutfit raus. Kaum hatte ich es in meine Sporttasche gestopft und meine Haarbürste inklusive Zopfgummi hinterher geschmissen, klingelte es auch schon an der Tür. Robin bellte sich die Seele aus dem Leib und ich konnte, während ich die Treppe runterhechtete, sehen, dass Basti die Tür geöffnet hatte. Er hatte Robin auf seinen Platz geschickt und holte nun Luft, um nach mir zu rufen. „Du brauchst nicht rufen, ich bin schon da" unterbrach ich seinen Atemzug. „Ich wollte gar nicht nach dir rufen, wie kommst du denn darauf?" fragte er scheinheilig und gab mir einen kurzen Kuss auf die Wange. „Viel Glück" wünschte er mir und war kurz darauf verschwunden. Nun begrüßte ich das Mädchen, das grinsend im Türrahmen stand, mit einer Umarmung. „Hey Julia. Und, aufgeregt?" Sie schüttelte den Kopf, was ihre dunklen Locken lustig hüpfen ließ. „Nö, das Turnier ist ja nicht groß und eine wichtige Qualifikation ist es auch nicht, wieso sollte ich also aufgeregt sein?" fragte sie grinsend. Ich erwiderte das Grinsen und schlüpfte in meine Schuhe. „Ich habe keine Ahnung. Hätte aber ja sein können. Danke übrigens, dass ihr mich mitnehmt." „Kein Problem."

Ich folgte ihr zum Auto und ließ mich neben sie auf die Rückbank plumpsen. Freundlich begrüßte ich ihren Vater und quatschte dann den ganzen Weg über, bis wir schließlich in Kaltenkirchen an der Turnierhalle angekommen waren.

In der uns zugeteilten Umkleidekabine trafen wir den Rest unserer Gruppe. Da ich schon umgezogen war, musste ich mir nur noch unsere einheitliche Frisur machen. Diese bestand aus einem geflochtenen Dutt, den ich zum Glück alleine hinbekam. Da wir bereits als zweites dran waren, stellten wir uns zu Beginn des Turniers an den Halleneingang. Wir schauten der ersten Gruppe gespannt zu. Sie tanzten nicht schlecht, aber ihre Choreographie war zu einfach und sah deswegen etwas langweilig aus. Ich lächelte. Wenn die anderen Gruppen auch so wären, dann hätten wir gute Chancen. Schließlich waren wir dran und mussten auf die Tanzfläche. Anita wünschte uns ganz viel Glück und blieb aufgeregt in der Tür zurück. Sie war immer die einzige, die vor Aufregung rumzappelte und Energie versprühte wie kein Zweiter, dabei war sie nur unsere Trainerin und musste nicht mal mittanzen. Ich schüttelte grinsend den Kopf und stellte mich auf meinen Platz neben Julia. Wir lächelten uns noch mal kurz an, bevor wir in unserer Startposition verharrten und auf die Musik warteten. Ich blendete alles um mich herum aus und spürte, wie ich ganz ruhig wurde. Dann drangen die ersten Töne an mein Ohr und schon schoss mein Puls in die Höhe, während ich mich gab der Musik hingab. Als die letzten Töne schließlich verklangen sah ich auf. Mein Blick traf den von Julia, welche über das ganze Gesicht strahlte. Ich erwiderte ihren Blick mit einem glücklichen Lächeln. Auf dem Weg zur Umkleidefläche vernahm ich eine leise Stimme von links. Das war in der Regel nichts ungewöhnliches, schließlich gab es eine gute Anzahl an Zuschauern. Was aber meine Aufmerksamkeit erregte, waren die Stimme an sich und die Wörter, welche sie sprach. „Amy, guck nach links" rief mir die Stimme zu, deren Besitzer mir unglaublich wichtig war. Mein Kopf schoss nach links. Wahrhaftig, da saß Tim auf einem der Zuschauersitze und strahlte mich an. Er trug eine Perücke, die seinen echten Haaren zum verwechseln ähnlich sah. Meine Augen fingen an zu leuchten, ehe ich mich entschloss zu ihm zu gehen. Ich kletterte unter der Umzäunung durch und bahnte mir meinen Weg bis zu seinem Sitz. „Was machst du hier?" fragte ich mit leuchtenden Augen, nachdem ich ihm einen Begrüßungskuss gegeben hatte. „Ich wollte meine krankenhausfreie Zeit nutzen, um dich mal tanzen zu sehen. Ich muss sagen, das hat sich echt gelohnt. Du tanzt richtig schön" antwortete er mir lächelnd und zog mich auf seinen Schoß. Ich lehnte mich gegen seinen Oberkörper und sog den vertrauten Geruch ein. „Danke Tim. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie viel mir das bedeutet." „Doch ich denke schon" flüsterte er mir ins Ohr. Zu meinem Bedauern wurde unsere Zweisamkeit gestört, als Julia sich zu uns durchzwängte. „Amy du musst mit in die Kabine kommen, Anita wollte noch was mit uns besprechen." Ich sah enttäuscht zu Tim. „Tut mir Leid, dass ich schon wieder weg muss. Ich komme so schnell wie möglich wieder." Er lächelte mich kopfschüttelnd an. „Mach dir keinen Stress. Ich guck mir die anderen in der Zeit an und sehe dich ja spätestens bei der Siegerehrung." Ich grinste. „Verlieb dich bloß nicht" meinte ich augenzwinkernd, bevor ich Julia zur Kabine folgte.

Nothing is impossibleWhere stories live. Discover now