Prolog

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Mit drei Jahren war ich  das erste Mal umgezogen. Von Spanien, meinem Geburtsort, nach Amerika, wo ich einen Großteil meiner Kindheit verbracht hatte. Bis es dann, als ich gerade mal zehn Jahre alt war, hieß, wir würden nach Kapstadt ziehen. Passend zum Wechsel von Grundschule auf weiterführende Schule. Das Ganze dann aber nur für vier Jahre, denn dann wurde mein Vater befördert und somit hieß es: auf nach Deutschland. Seit zwei Jahren lebten meine Familie und ich jetzt in einem der Top Volkswirtschaftlichen Länder der Welt und ich hatte mich ziemlich an das Leben hier gewöhnt. Es hieß immer, wir würden bleiben, bis meine Zwillingsschwester und ich Abi gemacht hätten. Tja, diese Hoffnung wurde uns leider Gottes zu Nichte gemacht.

„ Lilian Alexis Marie, wenn du nicht sofort wieder ins Wohnzimmer kommst, kannst du die Geburtstagsfeier heute Abend vergessen. Und für dich gilt das gleiche Samantha Carrie Lucia.", rief meine Mutter, die ziemlich in Vornamen vernarrt war, wie man unschwer erkennen konnte. Lilian Alexis Marie, das war ich, Samantha Carrie Lucia meine Zwillingsschwester und der Dritte im Bunde mein kleiner Bruder Ryan Anthony Scott. Ebenfalls drei Vornamen. Wer hätte es gedacht. Um die Situation aufzuklären. Wir sollten umziehen. Schon wieder. Direkt nachdem unsere Eltern uns das verkündet hatten, waren wir auf unser Zimmer geflüchtet. Sam und ich teilten uns eins, was keinem von uns etwas ausmachte, da wir so gut wie unzertrennlich waren. Deshalb beeilten wir beide uns jetzt auch, wieder nach unten zu laufen, denn wenn meine Mutter sauer war, sprach aus ihr reines spanisches Temperament. Als wir uns wieder auf die Couch setzten, redete meine Mutter direkt weiter auf uns ein. Man merkte schnell, wer bei uns zu Hause der Chef war und zwar nicht mein Vater. „ Ich weiß, dass ihr nicht begeistert davon seid, aber die Arbeit eures Vaters hat im Moment einen Engpass. Außerdem wisst ihr überhaupt noch nicht, wo es hingeht", damit hatte meine Mutter natürlich Recht, „ wir werden zurück nach Amerika gehen und zwar in unser altes Haus. Denn anders als gedacht hat die Firma eures Vaters dieses Haus nicht verkauft. Es dürfte noch genauso aussehen, wie vor sechs Jahren. Dazu kommt noch, dass wir das Haus hier in Deutschland behalten werden, dann könnten wir mal in den Ferien hier her fliegen und eure Freunde besuchen. Wir brauchen eigentlich keine Möbel von hier mitnehmen, da es viel zu aufwändig wäre und das Haus in Amerika immer noch eingerichtet ist. Falls ihr irgendwelche Deko oder Erinnerungen behalten wollt, müsst ihr sie in Umzugskartons packen und die am besten direkt beschriften. Was die Klamotten angeht, solltet ihr noch einmal alles gründlich durchgehen und Sachen, die zu klein sind oder euch gar nicht mehr gefallen aussortieren. Jetzt kommt es zu dem deutlich unangenehmeren Teil", was sollte bitte noch kommen? Ich sollte zurück nach Amerika und praktisch das Leben, was wir uns hier aufgebaut hatten wieder wegschmeißen, „ wir fliegen in genau einer Woche." Also nächsten Samstag. Entgeistert schauten wir meine Eltern an und auch diese wirkten nicht stolz uns diese Nachricht überbringen zu müssen.

Alles sollte sich ändern. Natürlich hatte ich mich auf Amerika gefreut, das Haus, in dem ich sieben Jahre gelebt hatte und die Freude war nicht kleiner geworden, nur mischte sich jetzt auch Trauer und Wut hinzu. Ich musste meinen Lehrern, meinen Trainern und vor allem meinen Freunden irgendwie erklären, dass ich in einer Woche umziehen würde. Auf einen komplett anderen Kontinent. Ich musste das Schwimmteam, das Basketballteam und meine Tanzgruppe verlassen! In dem Moment brach für mich ein kleiner Teil meiner Welt zusammen. Sam, die ebenfalls mit mir in einer Tanzgruppe war und zusätzlich zwei Mal die Woche Reitunterricht bekam, da sie ja auch ein eigenes Pferd hatte, schien es genau wie mir zu gingen.

Das Erste was ich tat, nachdem ich in mein Zimmer kam? Ich wählte die Nummer meiner besten Freundin Cat. Schon nach dem ersten Klingeln nahm sie ab und ich überbrachte ihr die schlechte Nachricht. Eine viertel Stunde später hatte es an unserer Haustür geklingelt und nun sortierten wir, mit Cat zusammen, eifrig meine und Sam's Klamotten. Meine beste Freundin wusste eben einfach, wie man mich am besten aufmuntern konnte. Sie hatte auch eine perfekte Begründung auf Lager gehabt. Wie immer. „ Wenn du umziehst, dann will ich wenigstens mitentscheiden, wie du in Amerika rumläufst.", hatte sie gesagt und war danach direkt auf ihr Fahrrad gestiegen und zu mir gekommen. Zufrieden sahen wir die drei Haufen an. Einer mit Sachen, die weder Sam noch ich mehr anzogen, für die Altkleidersammlung und jeweils einer für mich und meine Schwester. Wir entschieden uns noch, zu Starbucks zu gehen, bevor ich mich von meiner besten Freundin verabschiedete.

Zu meinem Leidwesen verging diese letzte Woche in Deutschland dann auch noch besonders schnell. Ehe ich mich versah, war Freitag. Vorhin hatte meine letzte Schulstunde aufgehört. Jetzt war ich auf dem Weg zum Basketball. Die letzten zwei Basketballstunden in meinem Team. Danach fuhr ich schnell nach Hause, duschte und zog mich um. Sam und ich wollten heute noch ein letztes Mal bei Cat übernachten. Bevor wir dann morgen fliegen würden. Schon bei dem Gedanken musste ich stark schlucken. Ein bisschen später als geplant standen meine Zwillingsschwester und ich dann vor der Tür meiner besten Freundin. Zum letzten Mal.

Gerade als ich klingeln wollte, riss eine hyperaktive Cat, okay eigentlich war Cat immer hyperaktiv, die Tür auf und führte uns beide, ohne ein Wort, in das stockdunkle Wohnzimmer. Als Cat das Licht anschaltete, erschreckte ich mich. Es gingen nicht, wie sonst die einzelnen Glühbirnen des Kronenleuchters an, sondern eine Discokugel, die ihn ersetzte und in den unterschiedlichsten Farben leuchtete. Von überall sprangen Leute auf und schrien laut 'Überraschung'. Fast unsere komplette Stufe stand in dem Wohnzimmer meiner besten Freundin. Sam war baff, ich nicht weniger, aber wir beide freuten uns wie Kleinkinder. Erst mal umarmte uns jeder, dann stellte ich mich zu Cat, von der die Idee höchstwahrscheinlich gekommen war und umarmte sie fest. Ich war ihr wirklich dankbar und flüsterte ihr ins Ohr, dass wir für immer beste Freunde blieben. Danach genoss ich die ausgelassene Stimmung und wir feierten bis weit nach Mitternacht. Um genau zu sein, waren wir um viertel nach vier wieder bei uns zu Hause. Es würde sich nicht lohnen, noch zu schlafen, denn in einer halben Stunde mussten wir zum Flughafen. Mein Vater wollte so früh wie möglich in Amerika sein, damit wir genug Zeit hatten, und einzuleben und die Zimmer einzurichten, bevor die Schule Montag anfing.

Wir saßen im Privatjet der Firma, für die mein Vater arbeitete. Während Sam und meine Eltern schliefen, schaute ich erst mal den zweiten Teil von High School Musical. Danach erbarmte ich mich, mit meinem kleinen Bruder, der genau so wenig schlief wie ich, Spiele zu spielen. Von Memory über Schach bis zu Mensch-ärgere-dich-nicht war alles dabei. Eine halbe Stunde bevor das Flugzeug landete, weckte mein Bruder den Rest der Familie auf. Wir schauten aus dem Fenster, um genießend die Landung zu beobachten und ehe dass ich mich versah, stand ich mit meinen Koffern und zwei Umzugskartons am JFK Flughafen. Zurück in New York.

Ein Kollege von meinem Dad, er kannte mich und Sam seit wir klein waren, holte uns am Flughafen ab, auch wenn er zu spät war, um uns dann nach Hause zu fahren.

New York Love StoryWhere stories live. Discover now