Kapitel 4

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Der Wecker klingelte früh. Ich entsperrte mein Handy, um ihn abzustellen. Mir leuchtete die Uhrzeitenanzeige entgegen: Saturday 7:15AM. Ich gähnte einmal und schlug dann meine Decke zurück und meine Beine über die Bettkante. Mit viel weniger Elan als sonst öffnete ich meinen Kleiderschrank und begann meine Sportsachen zu suchen. Wenig später hatte ich sie dann an und saß auf der Treppe zur Terrasse, wo ich meine Sportschuhe zuband.

7 Kilometer war ich gelaufen, aber trotzdem noch nicht ausgepowert, was eigentlich eher selten vorkam. Nach kurzem Überlegen holte ich also eine Yogamatte aus dem Schrank im Wohnzimmer. Wenig später stand ich wieder auf der Terrasse und schaute mir verschiedene Workouts an. Zuerst eines für ein Sixpack, dann eines für Bauch, Beine, Po. Am Ende entschied ich mich dann für das ‚Sixpack-Training' da ich etwas unzufrieden mit meinem Bauch war. Auch meine Armmuskeln waren ein großes Problem, denn irgendwie hatte ich keine. So kam es mir zumindest vor, da ich nicht einen Liegestütz schaffte. Wenn ich es doch mal versuchte, endete es darin, dass ich den Boden küsste.

Völlig durchgeschwitzt sehnte ich mich jetzt nach einer Dusche. Das hieß: hoch in mein Zimmer, Klamotten aus dem Schrank herausziehen und ab unter die stark ersehnte Dusche. Frischgeduscht und angezogen ging ich hinunter ins Esszimmer, wo meine Eltern und Sam schon warteten. Ryan kam kurz nach mir durch die Tür. Meine Eltern erklärten, dass sie noch ein paar Besorgungen für Samanthas und meinen Geburtstag machen wollten, Ryan hatte später noch ein Fußballspiel, er wollte aber schon vorher zu einem Freund und Samantha hatte sich mit Freunden in der Mall verabredet, allerdings erst später. Zu viele Informationen so früh am Morgen, es hätte mir auch gereicht, wenn man mir einfach gesagt hätte, dass ich später alleine zu Hause bin.

Obwohl Sam mich schon mehrmals gefragt hatte, war meine Lust mit in die Mall zukommen, nicht besonders groß. So was machte ich lieber mit Emily. Auch wenn sie erst nicht locker ließ, sondern meinte, ich solle mir bis heute Nachmittag überlegen, ob ich nicht doch mitkommen wolle, war ich mir ziemlich sicher, wie meine Antwort lauten würde: nein. Es war zwar süß, dass sie mich mit einbeziehen wollte und sich vielleicht auch ein bisschen Sorgen machte, aber da ich ihre Freunde nicht wirklich mochte und sie mich nicht, hielt ich mich dann doch eher zurück.

Das Haus war ziemlich leise, alle bis auf meine Schwester waren weg, doch Sam hatte in diesem Moment nichts Besseres zu tun, als gut gelaunt in mein Zimmer zu stürmen. „Hey Schwesterherz, hast du nicht Lust, mit mir einen Film oder eine Serie zu gucken? Biiittteee!" Sie legte diese Stimme an den Tag, mit denen wir früher unsere Eltern immer überredet hatten, wenn wir irgendetwas unbedingt haben wollten. Da ich sowieso nichts anderes zu tun hatte und immer wieder gerne etwas mit Sam machte, stimmte ich einfach zu und wir beide gingen runter in unser ‚Heimkino' es war ein kleiner Raum im Keller, sah aus wie in einem echten Kino, vorne eine große Leinwand, hinten ein Beamer und vier Sitzreihen mit jeweils 8 Sitzen. Sam und ich standen vor dem Laptop, der am Beamer angeschlossen war und scrollten die Film- und Serienliste durch. „Was wäre mit Gossip Girl?" fragte Sam mich. „ Habe ich schon gesehen, willst du wissen, wer es ist?" Sam schüttelte schnell dem Kopf und scrollten weiter. „Was ist mit The Fault in out Stars?" „Zu traurig! Margos Spuren?" „ Hab ich mal mit Ryan gesehen." So ging es lange weiter, bis wir uns dann endlich auf ‚Twisted' geeinigt hatten. Wir kannten die Serien schon vorher und hatten daher 15 Folgen bereits gesehen. Jetzt fehlten die letzten vier Folgen.

Das Ende der letzten Folge machte mich verrückt! In den letzten 7 Minuten, kamen noch so viele neue Fragen und Dinge auf, dass es sich gerade jetzt lohnte, weiter zu gucken, allerdings gab es bei unserem Anbieter keine weiteren Folgen mehr. Sam googelte dann auf ihrem Handy, ob und wann es eine zweite Staffel gab. „Mitte August 2014 gab ABC Family die Einstellung der Serie bekannt." las Sam vor. „ Na super, wie kommt man auf so eine Idee? Das ist doch absurd. Wetten die Serie war Mega beliebt? Es ist doch total spannend!" Wir beide regten uns ziemlich auf und fielen danach lachend zurück in die Sitze. Auf dem Weg nach oben ging ich an der Küche vorbei und holte mir einen Apfel. Sam zog sich kurz um und verabschiedete sich danach zum Shoppen.

Auch wenn ich nicht wirklich wusste, was ich mit mir anfangen sollte, setzte, naja viel eher legte, ich mich in mein Zimmer auf mein Bett. Ich las eine Weile lang in meinem Buch, bis es klingelte. „Hey!" er hielt sich ein Taschentuch an die blutige Nase. „ Was ist passiert?" Ich ging einen Schritt beiseite damit Ryan reinkommen konnte und umarmte ihn kurz. Dann hielt ich ihm ein neues Taschentuch hin. „ Habe einen Ball abbekommen und Johns Mutter hat mich nach Hause gefahren." „Ist denn alles okay?" fragte ich. Mein Bruder nickte und ich war wirklich froh, dass es ihm so weit gut ging. „ Alexis, mein Trikot ist voll Blut, glaubst du, es geht wieder raus?" Ich ließ mir, nachdem er sich umgezogen hatte, sein Trikot geben und steckte es direkt in die Waschmaschine. Meine Eltern kamen nach Hause und sahen natürlich erst mal nach Ryan, nachdem ich ihnen erzählt hatte, was passiert war. Samantha war selbst zum Abendessen noch nicht wieder da und auch danach kam sie nicht. Nun könnten wir gar nicht unser "Ritual" abhalten.

Es war jedes Jahr so gewesen, dass wir Chips, Schokolade und Gummibärchen in unserem Zimmer bunkerten. Meist fingen wir eine Woche vor unserem Geburtstag an. In der Nacht auf unseren großen Tag, blieben wir immer lange wach und gingen erst um kurz vor Mitternacht schlafen, manchmal auch später. Als wir kleiner gewesen waren, hatten wir immer irgendwelchen Quatsch gemacht oder waren auf die Suche nach unseren Geschenken gegangen. Inzwischen beschränkte sich das Ganze auf Serien gucken und über Leute aus der Schule reden.

Trotzdem, meine Schwester und ich waren ein Herz und eine Seele, uns verband einfach ein magischer Bund, das Gefühl hatten wahrscheinlich alle Zwillinge. Früher hatten Sam und ich uns immer eingeredet, wir waren etwas ganz besonderes, inzwischen wussten wir allerdings, dass es nicht ganz stimmte. Um zehn Uhr ging ich schlafen, Sam war immer noch nicht aufgetaucht und ich hatte die Hoffnung inzwischen aufgegeben. Also hatte ich alleine ein paar Folgen von 'The Originals' geguckt.

Sam und ich liebten The Vampire Diaries, aber da wir die komplette siebte Staffel bereits geguckt hatten, mussten wir uns eine andere Beschäftigung suchen. Als wir dann herausgefunden hatten, dass es eine Serie über Klaus, Rebekka und Co. gab, hatten wir natürlich sofort angefangen, die erste Staffel zu gucken.

Ich stand auf einem Surfbrett, die Wellen waren hoch, wie lange nicht, aber es machte mir nichts aus. Ich liebte surfen über alles. Erst jetzt registrierte ich, dass neben mir im Wasser ein weiteres Surfbrett schwamm. Wenig später tauchte ein Junge aus dem Wasser auf. Irgendwie kam mir dieser Junge ziemlich bekannt vor, doch in diesem Moment fiel mir einfach nicht ein, warum. Eins musste ich gestehen. Er sah ziemlich heiß aus. Sein Oberkörper war durchtrainiert und man konnte die Ansätze eines Sixpacks erahnen. Auch Armmuskeln hatte er und man erkannte, dass er nicht Pumpen ging, die Muskeln kamen von etwas anderem.

Er hatte mittelbraunes Haar und rehbraune Augen.

Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als er mit einer angenehmen, warmen Stimme rief:„ Lex, die nächste Welle gehört uns!" Dann lächelte er mich kurz an. Kurz darauf fingen wir beide an, mit den Armen zu paddeln. Erst dann wurde mir bewusst, dass er mich Lex genannt hatte. Noch nie hatte mich jemand Lex genannt!

War es eine Abkürzung für meinen Namen? Ein Kosename? Wenn ich mit Spitznamen angesprochen wurde dann entweder mit Alex oder Lexi. Aber irgendwie gefiel es mir Lex genannt zu werden. Das war mal was anderes.

Wir erwischten die Welle ziemlich gut und surften unter dem aufgewühlten Wasser hindurch, als ich urplötzlich mein Gleichgewicht verlor. Erst schwankte ich auf dem Brett und es fuhr unruhig, dann fiel ich seitlich ins Wasser. Ich fand keinen Ausgang und zappelte wild herum, das Wasser wurde unruhig und gerade dachte ich, dass mein letztes Stündchen geschlagen hatte. Doch dann sah ich ihn. Meine Surfbegleitung. Er tauchte zu mir und zog mich mit sich hoch. Als ich endlich wieder Luft bekam, strich er mir sanft eine meiner nassen Strähnen aus dem Gesicht. Dann trafen seine Lippen auf meine. Im ersten Moment wusste ich nicht, wie mir geschah, doch im nächsten erwiderte ich den Kuss und schlang meine Beine um seine Hüfte. Dabei spürte ich auch, wie er seine Beine bewegte, um uns beide über Wasser zu halten. Erst wollte ich wieder von seinem Arm runter, doch als ich es versuchte, spürte ich, wie er seinen Griff um meine Taille verstärkte, Also versank ich im Kuss.

Kurz darauf schlug ich meine Augen auf und machte mir lange Gedanken darüber, wer der Junge in meinem Traum gewesen sein könnte, bevor ich dann wieder einschlief.

New York Love StoryDonde viven las historias. Descúbrelo ahora