Kapitel 9

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Make new friends, but don't forget the old ones.

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Der letzte Morgen in LA. Das war mein erster Gedanke, als ich aufwachte. Am liebsten wäre ich einfach hier geblieben.

Trotzdem reizte es mich, in New York Henrys Mutter zu treffen. Aber was mir noch schwerer fiel, war der Gedanke, dass Cat dann wieder nach Deutschland fliegen würde. Am liebsten hätte ich sie in meinen Koffer gepackt und mitgenommen. Okay, das hörte sich echt seltsam an. Das hinderte aber nichts daran, dass ich sie vermissen würde.

Eigentlich war ich ja keine Frühaufsteherin, aber in letzter Zeit brauchte ich irgendwie weniger Schlaf. Deshalb war ich jetzt auch schon wach. Emily und Cat schliefen noch, was mich aber nicht daran hinderte, auf die Idee zu kommen, meinen Koffer zu packen. Dafür müsste ich ihn allerdings erst mal vom Schrank hinunter bekommen. Das klappte natürlich super. Meine Größe wurde mir nicht zum Nachteil und auch meine Armmuskeln stemmten den Hartschalenkoffer ohne Probleme.

Naja, um ehrlich zu sein, es endete darin, dass der Koffer neben mir auf den Boden plumpste und ein ziemlich lautes Geräusch von sich gab. Doch meine beiden besten Freundinnen schliefen seelenruhig weiter. Als es kurz danach an der Tür klopfte, wunderte ich mich. Wer wollte so früh schon was von uns? „ Alles gut bei euch?", James stand in der Tür und hatte eine Sorgenfalte auf der Stirn. „ Ähm ja, mir ist nur der Koffer vom Schrank gefallen, ich wollte eigentlich schon mal anfangen zu packen, deshalb..." Ein bisschen peinlich war mir das ganze schon.

„ Schatz?", hörte man Emilys verschlafene Stimme. Da tapste sie schon barfuß und mit ziemlich verstrubbelten Haaren auf uns zu. „ Was machst du denn hier?", man merkte ihr an, dass sie noch glatt zwei Stunden oder sogar mehr hätte schlafen können. „ Sagen wir so, James ist hier, weil du und Cat wie Schäfchen schlafen.", ich und James lachten beide, „ mir ist vorhin der Koffer vom Schrank gefallen, was ihr ja eigentlich hättet merken sollen und während ihr beide einfach geschlafen habt, hat James reagiert und ist rübergekommen. War ja klar, dass du nicht aufwachst, wenn die Welt neben dir untergeht, aber sobald du die Stimme deines Freundes hörst, bist du plötzlich auf den Füßen" „ Ja kann sein, aber dann ist ja alles okay", sagte Emily und legte sich wieder ins Bett. James verschwand auch wieder in sein Zimmer. Ich war immer noch hellwach, wenn auch etwas eingeschüchtert von meinem Koffer. Wahrscheinlich würde sich bald auch irgendwo ein blauer Fleck bemerkbar machen.

Mein Koffer, der mir vorhin runtergefallen war, lag offen auf dem Boden vor dem Schrank. In der Hoffnung, dass alles okay sein und ich ihn nicht kaputt gemacht hatte, ging ich auf ihn zu. Im Kopf schickte ich ein kleines Stoßgebet Richtung Himmel, hoffend, dass es half.

Er war nicht kaputt! Am liebsten hätte ich eine kleine Party zu Ehren des Koffers gefeiert, aber da ich wusste, dass man mich wahrscheinlich als irre bezeichnen und in die Klapsmühle stecken würde, ließ ich es dann doch sein. Deshalb widmete ich mich meinem eigentlichen Vorhaben. Zuerst holte ich alle Klamotten aus meiner Schrankhälfte und sortierte dann nach Sachen, die zu Hause gewaschen werden mussten und Sachen, die sauber waren. Dabei legte ich mir auch direkt ein Outfit für heute raus. Ich faltete meine Klamotten feinsäuberlich, damit möglichst viel in den Koffer passte, musste allerdings ziemlich schnell feststellen, dass er voll war und das obwohl gerade mal ein bisschen mehr als die Hälfte meiner Klamotten drinnen waren. Also hieß es: Alles wieder raus und von vorne anfangen. So ging es mir ganze dreimal, bis ich auf eine super Idee kam. Ich hatte meine große Michael Kors Handtasche dabei, übrigens eine Fake, die ich mir beim Osterurlaub in Barcelona letztes Jahr gekauft hatte. Auf jeden Fall sollte da mein Handgepäck für den Flug rein und kurz darauf landeten neben den geplanten Sachen wie einem Buch, meinem Tablet, Stiften und Papier, einem portablen Akku und Kopfhörern auch Kuschelsocken, eine Jogginghose und Henry's Pulli darin. So hatte ich immerhin schon drei Sachen weniger in meinem Koffer. Meine Schuhe wurden in eine Ecke gequetscht und Socken füllten die Lücken. Im Unterwäschenetz brachte ich alles unter, was nicht so schnell kaputt ging, also T-Shirts und so. Den Rest faltete ich noch kleiner als vorher und quetschte alles so eng aneinander, wie es eben ging. Siehe da, der Koffer war gepackt und es war noch Platz übrig. Natürlich hatte ich auch daran gedacht, dass mein Kulturbeutel später noch hinein musste, aber den würde ich locker unterkriegen. Also konnte ich wirklich stolz auf mich sein, was ich übrigens auch war. Wer hätte es gedacht? Jedes Mal stolz auf sich selbst sein, wenn es sich gerade anbietet. Super Motto!

New York Love StoryWhere stories live. Discover now