Kapitel 3

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Eigentlich hatte ich gedacht, dass die Schule kompliziert werden würde, doch bis jetzt war es ganz gut gelaufen. Die ersten drei Wochen hatte ich überstanden, mich wieder komplett an Amerika und das Englisch sprechen gewöhnt und viel Spaß gehabt. Der einzige Nachteil war, dass Cat nicht hier war. Ich vermisste sie wirklich sehr, doch solange ich beschäftigt war, dachte ich weniger darüber nach.

Da wir jetzt Herbstferien hatten, konnte ich die freie Zeit mit meinen Freunden am Strand genießen und wenn sie mal keine Zeit hatten, dann lief ich in der Stadt herum und fotografierte alles was mir unter die Linse kam. Ich liebte es meine Zeit in der Natur zu verbringen und die unterschiedlichsten Dinge festzuhalten. Mein Vater hatte mir die Kamera geschenkt, kurz bevor wir nach Afrika gezogen waren und ich muss zugeben, sie war ein grandioses Geschenk. In Afrika konnte man einfach so viele schöne Fotos machen und nachdem ich ein bisschen geübt hatte, wurden sie auch richtig gut. In Deutschland hatte ich leider weniger Zeit und Lust gehabt, weshalb ich nur ein paar Bilder von mir und Cat geschossen hatte. Hier in Amerika fotografierte ich einfach alles was mir in den Weg kam, egal ob man dann auf dem Foto einfach nur eine Menschenmenge sah, Autos die am Times Square standen oder einen Sonnenuntergang am Meer. Das führte aber dann auch dazu, dass ich abends ziemlich spät nach Hause kam. Mein Vater hatte nichts dagegen. Zumindest jetzt noch nicht. Es war Freitag und somit schon fast eine Woche der Ferien vergangen, leider.

Als ich jetzt auf die Uhr sah, wurde mir bewusst, dass ich mich beeilen sollte, nach Hause zu kommen, denn mein Vater hatte für heute Abend einen Tisch in einem Restaurant reserviert und er hasste es, wenn wir zu spät kamen. Also machte ich mich auf den Rückweg und ließ mich eine Viertelstunde später auf mein Bett fallen, da ich ziemlich kaputt war. Nur leider hatte ich nicht viel Zeit zum Entspannen und wenig später musste ich mich wieder von meinem Bett hochkämpfen, damit ich duschen konnte.

Stolz zog ich das Kleid an, das ich nach einem dreistündigen Shoppingtrip mit Emily entdeckt hatte. Nachdem ich mich noch ganz sanft geschminkt hatte, betrachtete ich mich zufrieden im Spiegel. Das weiße langärmlige Oberteil, das komplett aus Spitze war und bis zu den Schultern weißen Stoff drunter genäht hatte, passte ziemlich gut zu dem blauen hochtaillierten Rock der darunter in dünnem Stoff viel. Der dunkle Gürtel überdeckte perfekt den Übergang. Mein Lächeln rundete das ganze ab.

Dieses Lächeln hielt auch noch an, als ich runter in dem Flur kam, wo meine Eltern und Ryan schon warteten. Während wir noch fast zwanzig Minuten auf Sam warteten, blickte ich immer wieder zu einem Apfel, der in der Küche ganz oben auf der Obstschale lag. Er sah ziemlich knackig und besonders rot aus. Okay, vielleicht kam mir das auch nur so vor, da ich heute Mittag nur einen Salat gegessen hatte, danach nichts mehr. Das obwohl ich ja gewusst hatte, dass wir erst um halb neun im Restaurant waren.

Mein Bruder spielte, als wir auf Sam warteten, die ganze Zeit am Tablet, was meiner Mutter so gar nicht gefiel. „ Lad es doch bitte noch ein bisschen auf, damit nicht nachher im Restaurant der Akku leer ist", hatte sie immer wieder gesagt. Während mein Bruder, da er ja noch etwas jünger war, das Tablet ins Restaurant mitnehmen und dort benutzen durfte, mussten Sam und ich unsere Handys generell zu Hause lassen.

Ryan links neben mir, mit dem Tablet spielend. Rechts von mir Sam, das Handy halb unter der Tischdecke versteckt, damit Mum und Dad es bloß nicht sahen.

Ich in der Mitte zwischen den Beiden. Im Zwang mich mit meinen Eltern zu unterhalten, die uns gegenüber saßen. Auch wenn es für mich normalerweise keine Qual war mit ihnen zu reden, heute schon, denn heute waren die Fragen wirklich unangenehm. Mum fragte mich über Leute aus der Schule aus, fragte ob es denn nicht irgendwo einen süßen Jungen geben würde- diese Frage beantwortete ich natürlich sofort mit Nein, auch wenn es vielleicht nicht ganz stimmte- dazu kamen noch Fragen, wie es denn mit mir und Samantha war, ob wir uns noch gut verstanden und so. Ich muss zugeben, wir machten lange nicht mehr so viel wie früher, aber es ist nicht schlimm für mich. Wir werden halt älter und damit müssen wir leben können. Wäre ja schrecklich wenn Sam und ich mit 35 Jahren in einer kleinen Zweizimmerwohnung zusammen mit zwölf Katzen (und natürlich beide ohne Freund) wohnen würden. Echt schräg!

Irgendwann schaltete ich komplett ab und nahm erst wieder alles richtig wahr, als uns die Hauptspeise serviert wurde. Zur Vorspeise hatte es Carpaccio gegeben, das sind dünn geschnittene Scheiben von rohem Fleisch oder so ähnlich. Hört sich seltsam an, ist aber ganz lecker. Nur leider nicht sehr nahrhaft. Dagegen war die Hauptspeise wirklich das Gegenteil. Ein dickes Steak mit Sauce Hollandaise und dazu, wahlweise, Bratkartoffeln oder Pommes. Ein richtiger Leckerbissen, wenn ihr versteht, was ich meine. Als Nachtisch gab es dann eine Crema di Fragola, schwer zu beschreiben, aber umso leckerer. Eine Creme in einer kleinen Schüssel, sie schmeckt einfach wunderbar, darauf sind dann noch dünn gestreuter Kakao und Erdbeeren. Man muss es probiert haben, um zu verstehen, wie es schmeckt. Ich sage euch eine Geschmacksexplosion, die alle Sinne betäubt. Vor allem in der Kombination als Drei-Gänge-Menü.

Zu Hause fiel ich todmüde und, verständlicher Weise, pappsatt in mein Bett. Fast hätte ich vergessen, mein Kleid auszuziehen, auch die High-Heels hatte ich noch an. Wiederwillig stand ich also auf, streifte schnell die Schuhe ab und zog mir mein Kleid über den Kopf. Aus meinem Schrank holte ich einen Hoodie, den mir mal Henry geschenkt hatte. Er war in Deutschland lange mein bester Freund gewesen. War! Wir beide hatten uns vier Wochen bevor wir nach Amerika geflogen waren zerstritten und nicht wieder vertragen. Ich hatte den Pulli mal irgendwann aus seinem Schrank gezogen, weil er mir so gut gefiel und seit dem gehörte er mir. Er ist zwar groß, aber zurzeit trägt man schließlich auf Boyfriend-Size. Der Pulli war weiß, hatte keine Kapuze, vorne stand in schwarzer Schrift 'Monster' und darunter die Zahl '93'. An den Oberarmen waren auf beiden Seiten zwei schwarze Streifen mit einem weißen dazwischen. Hinten war der Pulli, bis auf den Schriftzug 'Brooklyn' am oberen Rücken, also von Schulter zu Schulter, ziemlich schlicht. Ich liebte diesen Pulli, aber im Moment machte er mich ein wenig traurig. Trotzdem zog ich ihn an und suchte noch eine Hotpants aus dem Schrank. Jetzt, nachdem ich den Pulli in der Hand gehalten hatte, war all die Müdigkeit wie weggeblasen und ich wurde nachdenklich. Erst setzte ich mich auf mein Bett und zupfte am Pulliärmel herum, etwas später holte ich mir meine Kopfhörer aus der Schreibtischschublade und setzte mich dann mit meinem Handy auf die Couchfensterbank. Meine Playlist lief durch, dann lief sie nochmal durch. Um halb sechs legte ich mich hin, ließ dann aber nochmal den Tag repassieren, bevor ich einschlief.

*Flashback Anfang*

Nach der Hauptspeise stand mein Vater auf und um unsere Aufmerksamkeit zu bekommen, nein eigentlich nur um beeindruckend und cool zu wirken, klopfte er mit einer Gabel gegen sein Sektglas. So nett wie wir Kinder waren, brauchten wir ein bisschen mehr als fünf Minuten, um endlich zuhören zu können. Dabei lag es am meisten an meinem Bruder, da er irgendein Spiel auf dem Tablet zu Ende spielen wollte. „ Also", begann mein Vater, wie so oft, seine Rede, „ ihr Mädels habt ja nächste Woche Mittwoch Geburtstag und eure Mum und ich hatten die Idee, dass wir eventuell dann in die Paramount Pictures Studios fahren, um das zu feiern. Ihr wart da ja bisher noch nicht. Wenn ihr wollt könnt ihr auch Emily und James fragen, oder du Sam deine Freunde, ob sie eventuell mitkommen wollen." Ryan meckerte sofort los:„ Und warum musste ich mit ins Restaurant? Das geht mich doch nichts an, oder?" „ Doch denn Mum und ich haben nichts dagegen, wenn du auch einen Freund mitbringst. Für euch Mädels gilt übrigens auch, dass ihr höchstens zwei Freunde mitnehmt, sonst wird es zu viel. Jetzt wollten eure Mum und ich nur noch fragen, ob es okay für euch wäre." Sam flippte sofort aus und rief:„ Oh, wie cool ist das denn? Ich bin mega einverstanden, das wird bestimmt super, oder Alexis?" Ich nickte abwesend mit dem Kopf, da ich gerade etwas ganz anderes betrachtete, als ich realisierte, was meine Familie gerade gesagt hatte. „ Natürlich freue ich mich! Es wird bestimmt mega cool! Mum, Dad, ihr habt doch sicher nichts dagegen, wenn ich Emily und James mitnehme, oder?" Sie schüttelten den Kopf. Kurz nachdem wir fertig mit dem Unterhalten waren, wurde dann das Dessert gebracht.

*Flashback Ende*

New York Love StoryWhere stories live. Discover now