Kapitel 5

4K 130 45
                                    

„ Happy Birthday!", schrie mein Bruder, der auf meinem Bett hüpfte, mir entgegen. Ich lächelte ihn an: „ Morgen." Er ließ sich fallen und umarmte mich. „ Mum und Dad wollten, dass ich euch beide wecke. Sie haben unten schon Frühstück vorbereitet. Sam schläft auch noch. Kommst du sie mit aufwecken?" Manchmal fragte ich mich echt, wie man so früh morgens in den Ferien schon wach sein konnte. Am liebsten wäre ich liegen geblieben, doch in dem Moment, in dem mir einfiel, was uns heute noch bevor stand, war ich Feuer und Flamme. „ Ja, warte, ich will mir nur noch schnell eine dünne Stoffjacke anziehen. Es dauert auch nicht lange." Kurz darauf schlichen wir beide leise in Sam's Zimmer. Sie lag tatsächlich in ihrem Bett, obwohl ich gestern Abend nicht bemerkt hatte, dass sie Heim gekommen war.

Ryan schlug lauter Ideen vor, wie man Sam wecken könnte und einige grenzten schon fast an Foltermethoden- zumindest für Morgenmuffel. Nur schwer konnte ich ihn davon überzeugen, nicht fies zu sein. „Ihr habt ja Geburtstag", hatte er, nach langem Überlegen, in einem nachdenklichen Ton gemurmelt.

Jetzt standen wir in ihrem Zimmer und mein Bruder tänzelte wie ein Affe um und über Sams Bett, was meine Schwester allerdings nicht im Geringsten zu stören schien. Seelenruhig schlief sie weiter und schnarchte leise vor sich hin. „Können wir jetzt zu anderen Methoden greifen", mein Bruder lächelte verschmitzt, „ wie wäre es mit Decke wegziehen?" Ich brauchte nicht lange zu überlegen, schließlich war es Sams Schuld, wenn sie erst spät schlafen ging. Mit einem heftigen Ruck zog er am dünnen Stück Stoff und wäre dabei fast selber hingefallen. Trotzdem wachte Sam nicht auf. Wie konnte man bitte einen so tiefen Schlaf haben, fragte ich mich. Dann kletterte mein Bruder auf ihr Bett und hüpfte darauf rum, wie er es vorhin bei mir getan hatte. Natürlich vorsichtig, nicht heftig. Blitzartig schlug meine Schwester ihre Augen auf. Genau im gleichen Moment wünschten wir uns gegenseitig "Alles Gute" und ich ließ mich danach auf Sam's Bett fallen. Ryan quetschte sich zwischen uns. „ Ihr seid jetzt schon siebzehn, dass ist mega alt!", bemerkte er nebenbei. Lachend warf ich meinem Bruder einen empörten Blick zu. „ Sag mal, was ist denn bitte für dich alt? Wenn Sam und ich alt wären, was wären Mum und Dad? Steinzeitmenschen?" Darauf wuschelte ich meinem Bruder durch seine braunen Haare, die unordentlich auf seinem Kopf lagen.

Einen Moment wurde ich nachdenklich. Eigentlich erschreckend, wie schnell man älter wurde. Wenn ich überlegte, dass wir vor sieben Jahren hier weggezogen waren, wenn ich mir vor Augen hielt, dass mein Bruder im Dezember 10 Jahre alt werden würde. Dabei kann ich mich noch daran erinnern, wie ich ihn im Krankenhaus das erste Mal auf dem Arm gehalten hatte. Aber es gab auch Dinge, die sich nicht veränderten. Ich war eine stolze große Schwester gewesen und das bin ich auch jetzt noch. Noch ein Jahr High School dann hätte ich die Schule geschafft. Ein Jahr. Eine kurze Zeit. Trotzdem könnte in dieser Zeit noch so viel passieren. Anstatt mal wieder mit meinen Gedanken abzudriften, keine Ahnung warum mir das so oft passierte, mischte ich mich in Sam's und Ryan's Gespräch über L.A. ein. Eine halbe Stunde später gingen wir dann runter in die Küche.

Auch unsere Eltern gratulierten uns und umarmten mich und Sam. Während des Frühstücks rief Ryan immer wieder aufgeregt, wir sollten unbedingt unsere Geschenke aufmachen, aber ich aß erst zu Ende. Dann wartete ich noch auf Sam und wir beide gingen erst mal hoch um uns anzuziehen. Mein Vater hatte es so gewollt, da wir bald losfahren wollten und er genau wusste, dass wir lange brauchen würden. Nachdem ich lange vor meinem Kleiderschrank gestanden hatte, hatte ich endlich ein passendes Outfit gefunden. Nach dem Duschen schlüpfte ich in meine hellblauen, gerippten Lieblingshotpants. Dazu streifte ich ein weißes T-Shirt, welches mit einem Totenkopf im Blumenmuster bedruckt war, über. Als letztes riss ich dann schnell noch einen dunkelgrauen Strickcardigan vom Bügel, den ich überzog, als ich in die Küche lief.

New York Love StoryWhere stories live. Discover now